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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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Ich ging also lieber, so für mich, auf den
Mail, auf den Grünen-Hof, auf die Lo-
ge *), auf den Keller, oder sonst wohin, wo ich
mehr mein eigner Herr war, auch weniger abstach,
und wo ich mich unschenirt zerstreuen konnte, so nach
meiner Art. Eine Kompagnie von Schustern,
Schneidern, Bäckern, Soldaten und Solchen un-
terhält meinen Geist, nach seiner einmal genom-
menen Richtung, wirklich oft mehr, als manche
andere, wo es vornehm hergeht. Ueberhaupt ist
es -- in meinen Augen -- ein schnurriges Ding um
Reputation und Extraktion. Doch -- ein Schnur-
riger findet freilich alles schnurrig! --

Diese Erholungsörter hatten aber damals
für mich auch ihr Schlimmes. Alte Kameraden
und Scheinfreunde, welche meine Schwäche und
meine Geringschätzung des Geldes kannten, schmieg-
ten sich hier wieder an mich an -- vorher hatte es
Hr. Bispink gehindert -- und führten mich,
sobald sie Geld bey mir vermutheten, unvermerkt
bald hiehin, bald dahin, bald auch in allerhand
gemeine Schenken, und zehrten auf meine Rech-
nung. Ich müßte mich zerstreuen, riethen sie, und
wir tranken, und ich sank immer tiefer. Es galt

*) Der Mail, der Grüne-Hof, und die Loge sind [f]re-
[q]uente Zerstreuungsörter für die Hallischen Bürger, in der
[N]ähe von Halle.

Ich ging alſo lieber, ſo fuͤr mich, auf den
Mail, auf den Gruͤnen-Hof, auf die Lo-
ge *), auf den Keller, oder ſonſt wohin, wo ich
mehr mein eigner Herr war, auch weniger abſtach,
und wo ich mich unſchenirt zerſtreuen konnte, ſo nach
meiner Art. Eine Kompagnie von Schuſtern,
Schneidern, Baͤckern, Soldaten und Solchen un-
terhaͤlt meinen Geiſt, nach ſeiner einmal genom-
menen Richtung, wirklich oft mehr, als manche
andere, wo es vornehm hergeht. Ueberhaupt iſt
es — in meinen Augen — ein ſchnurriges Ding um
Reputation und Extraktion. Doch — ein Schnur-
riger findet freilich alles ſchnurrig! —

Dieſe Erholungsoͤrter hatten aber damals
fuͤr mich auch ihr Schlimmes. Alte Kameraden
und Scheinfreunde, welche meine Schwaͤche und
meine Geringſchaͤtzung des Geldes kannten, ſchmieg-
ten ſich hier wieder an mich an — vorher hatte es
Hr. Bispink gehindert — und fuͤhrten mich,
ſobald ſie Geld bey mir vermutheten, unvermerkt
bald hiehin, bald dahin, bald auch in allerhand
gemeine Schenken, und zehrten auf meine Rech-
nung. Ich muͤßte mich zerſtreuen, riethen ſie, und
wir tranken, und ich ſank immer tiefer. Es galt

*) Der Mail, der Grüne-Hof, und die Loge ſind [f]re-
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[285/0289] Ich ging alſo lieber, ſo fuͤr mich, auf den Mail, auf den Gruͤnen-Hof, auf die Lo- ge *), auf den Keller, oder ſonſt wohin, wo ich mehr mein eigner Herr war, auch weniger abſtach, und wo ich mich unſchenirt zerſtreuen konnte, ſo nach meiner Art. Eine Kompagnie von Schuſtern, Schneidern, Baͤckern, Soldaten und Solchen un- terhaͤlt meinen Geiſt, nach ſeiner einmal genom- menen Richtung, wirklich oft mehr, als manche andere, wo es vornehm hergeht. Ueberhaupt iſt es — in meinen Augen — ein ſchnurriges Ding um Reputation und Extraktion. Doch — ein Schnur- riger findet freilich alles ſchnurrig! — Dieſe Erholungsoͤrter hatten aber damals fuͤr mich auch ihr Schlimmes. Alte Kameraden und Scheinfreunde, welche meine Schwaͤche und meine Geringſchaͤtzung des Geldes kannten, ſchmieg- ten ſich hier wieder an mich an — vorher hatte es Hr. Bispink gehindert — und fuͤhrten mich, ſobald ſie Geld bey mir vermutheten, unvermerkt bald hiehin, bald dahin, bald auch in allerhand gemeine Schenken, und zehrten auf meine Rech- nung. Ich muͤßte mich zerſtreuen, riethen ſie, und wir tranken, und ich ſank immer tiefer. Es galt *) Der Mail, der Grüne-Hof, und die Loge ſind fre- quente Zerſtreuungsoͤrter für die Halliſchen Bürger, in der Nähe von Halle.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/289>, abgerufen am 22.11.2024.