Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

von ihnen waren auf zehn Jahre zum Arrest ver-
dammt, weil sie die Republik bey der Pferdeliefe-
rung äußerst betrogen hatten. Sie hatten nämlich
Pferde im Lande selbst aufgekauft, und eben diese
Pferde hernach bey der Armee als ausländische sehr
theuer wieder angebracht. Einen deutschen Müller
von Bitsch fand ich da auch, welcher eine Menge
Getraide, welches ihm von der Nation zum Mah-
len anvertraut war, an die Preußen verhandelt
hatte. Ein Volontär hatte seine Kameraden be-
stohlen: ein andrer Volontär hatte sich durch einen
falschen Taufschein älter gemacht, als er war u.
s. f. Alle diese Leute sollten nach Toulon ge-
bracht werden.

Unter den Gefangnen zog besondres einer meine
Aufmerksamkeit auf sich, sowohl wegen seiner fei-
nen Bildung, als insbesondere wegen seiner guten
Sprache. Ich ward bald mit ihm bekannt, und
brachte ihn dazu, daß er mir seine Begebenheiten
erzählte. Sie haben mir interessant geschienen,
und vielleicht wird es dem Leser nicht misfallen,
wenn ich ihn hier selbst erzählen lasse.

"Ich bin, sagte er, aus Troyes gebürtig.
Mein Vater lebt noch, und ist Chirurgus in die-
ser Stadt. Weil er viel Vermögen hatte, so ließ
er mir eine anständige Erziehung geben, und sparte
keine Kosten. Er lehrte mich auch seine Kunst,

von ihnen waren auf zehn Jahre zum Arreſt ver-
dammt, weil ſie die Republik bey der Pferdeliefe-
rung aͤußerſt betrogen hatten. Sie hatten naͤmlich
Pferde im Lande ſelbſt aufgekauft, und eben dieſe
Pferde hernach bey der Armee als auslaͤndiſche ſehr
theuer wieder angebracht. Einen deutſchen Muͤller
von Bitſch fand ich da auch, welcher eine Menge
Getraide, welches ihm von der Nation zum Mah-
len anvertraut war, an die Preußen verhandelt
hatte. Ein Volontaͤr hatte ſeine Kameraden be-
ſtohlen: ein andrer Volontaͤr hatte ſich durch einen
falſchen Taufſchein aͤlter gemacht, als er war u.
ſ. f. Alle dieſe Leute ſollten nach Toulon ge-
bracht werden.

Unter den Gefangnen zog beſondres einer meine
Aufmerkſamkeit auf ſich, ſowohl wegen ſeiner fei-
nen Bildung, als insbeſondere wegen ſeiner guten
Sprache. Ich ward bald mit ihm bekannt, und
brachte ihn dazu, daß er mir ſeine Begebenheiten
erzaͤhlte. Sie haben mir intereſſant geſchienen,
und vielleicht wird es dem Leſer nicht misfallen,
wenn ich ihn hier ſelbſt erzaͤhlen laſſe.

„Ich bin, ſagte er, aus Troyes gebuͤrtig.
Mein Vater lebt noch, und iſt Chirurgus in die-
ſer Stadt. Weil er viel Vermoͤgen hatte, ſo ließ
er mir eine anſtaͤndige Erziehung geben, und ſparte
keine Koſten. Er lehrte mich auch ſeine Kunſt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="3"/>
von ihnen waren auf zehn Jahre zum Arre&#x017F;t ver-<lb/>
dammt, weil &#x017F;ie die Republik bey der Pferdeliefe-<lb/>
rung a&#x0364;ußer&#x017F;t betrogen hatten. Sie hatten na&#x0364;mlich<lb/>
Pferde im Lande &#x017F;elb&#x017F;t aufgekauft, und eben die&#x017F;e<lb/>
Pferde hernach bey der Armee als ausla&#x0364;ndi&#x017F;che &#x017F;ehr<lb/>
theuer wieder angebracht. Einen deut&#x017F;chen Mu&#x0364;ller<lb/>
von <hi rendition="#g">Bit&#x017F;ch</hi> fand ich da auch, welcher eine Menge<lb/>
Getraide, welches ihm von der Nation zum Mah-<lb/>
len anvertraut war, an die Preußen verhandelt<lb/>
hatte. Ein Volonta&#x0364;r hatte &#x017F;eine Kameraden be-<lb/>
&#x017F;tohlen: ein andrer Volonta&#x0364;r hatte &#x017F;ich durch einen<lb/>
fal&#x017F;chen Tauf&#x017F;chein a&#x0364;lter gemacht, als er war u.<lb/>
&#x017F;. f. Alle die&#x017F;e Leute &#x017F;ollten nach <hi rendition="#g">Toulon</hi> ge-<lb/>
bracht werden.</p><lb/>
        <p>Unter den Gefangnen zog be&#x017F;ondres einer meine<lb/>
Aufmerk&#x017F;amkeit auf &#x017F;ich, &#x017F;owohl wegen &#x017F;einer fei-<lb/>
nen Bildung, als insbe&#x017F;ondere wegen &#x017F;einer guten<lb/>
Sprache. Ich ward bald mit ihm bekannt, und<lb/>
brachte ihn dazu, daß er mir &#x017F;eine Begebenheiten<lb/>
erza&#x0364;hlte. Sie haben mir intere&#x017F;&#x017F;ant ge&#x017F;chienen,<lb/>
und vielleicht wird es dem Le&#x017F;er nicht misfallen,<lb/>
wenn ich ihn hier &#x017F;elb&#x017F;t erza&#x0364;hlen la&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ich bin, &#x017F;agte er, aus <hi rendition="#g">Troyes</hi> gebu&#x0364;rtig.<lb/>
Mein Vater lebt noch, und i&#x017F;t Chirurgus in die-<lb/>
&#x017F;er Stadt. Weil er viel Vermo&#x0364;gen hatte, &#x017F;o ließ<lb/>
er mir eine an&#x017F;ta&#x0364;ndige Erziehung geben, und &#x017F;parte<lb/>
keine Ko&#x017F;ten. Er lehrte mich auch &#x017F;eine Kun&#x017F;t,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0007] von ihnen waren auf zehn Jahre zum Arreſt ver- dammt, weil ſie die Republik bey der Pferdeliefe- rung aͤußerſt betrogen hatten. Sie hatten naͤmlich Pferde im Lande ſelbſt aufgekauft, und eben dieſe Pferde hernach bey der Armee als auslaͤndiſche ſehr theuer wieder angebracht. Einen deutſchen Muͤller von Bitſch fand ich da auch, welcher eine Menge Getraide, welches ihm von der Nation zum Mah- len anvertraut war, an die Preußen verhandelt hatte. Ein Volontaͤr hatte ſeine Kameraden be- ſtohlen: ein andrer Volontaͤr hatte ſich durch einen falſchen Taufſchein aͤlter gemacht, als er war u. ſ. f. Alle dieſe Leute ſollten nach Toulon ge- bracht werden. Unter den Gefangnen zog beſondres einer meine Aufmerkſamkeit auf ſich, ſowohl wegen ſeiner fei- nen Bildung, als insbeſondere wegen ſeiner guten Sprache. Ich ward bald mit ihm bekannt, und brachte ihn dazu, daß er mir ſeine Begebenheiten erzaͤhlte. Sie haben mir intereſſant geſchienen, und vielleicht wird es dem Leſer nicht misfallen, wenn ich ihn hier ſelbſt erzaͤhlen laſſe. „Ich bin, ſagte er, aus Troyes gebuͤrtig. Mein Vater lebt noch, und iſt Chirurgus in die- ſer Stadt. Weil er viel Vermoͤgen hatte, ſo ließ er mir eine anſtaͤndige Erziehung geben, und ſparte keine Koſten. Er lehrte mich auch ſeine Kunſt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/7
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/7>, abgerufen am 21.11.2024.