Seltenheit des Ausreißens. Die Leute wissen, warum sie streiten; sie lieben den Zweck, weswe- gen sie Soldaten sind, und können daher unmög- lich eine Parthey verlassen, wovon sie wirklich ei- nen Theil ausmachen. Wissen hingegen di[e] übri- gen Achtgroschen- und Sechskreuzer-Helden, wes- wegen sie im Felde stehen? Sie wissen höchstens, daß es der Herr so will. Da sie aber dabey füh- len, daß auch sie wollen können, und sie in dieser Rücksicht Herr von ihrem Herrn sind: so sagen sie ihrem Herrn gute Nacht, sobald sich Gelegenheit dazu anbiethet.
Aber nicht nur bey den französischen Volontärs herrscht der uneigennützige Patriotismus: man fin- det ihn auch bey den nicht militärischen Bürgern. Bey uns, glaube ich, würde der Herr Auskulta- tor X und der Herr Referendar Y oder der Herr Schreiber Z, troz ihrer großen Unwissenheit, Feld- kriegskommissar, Regierungsrath, Kriminalrath und gar Präsident werden wollen, wenn der König nur so wollte, wie sie wollen: ja, man sieht alle Tage bey uns, wie die ärgsten Dummköpfe nach den höchsten Aemtern im Staate ringen, und oft Schandwege dazu einschlagen. -- In Frankreich sieht das anders aus! Viele zu Aemtern gewählte Personen haben andere vorgeschlagen, weil sie die-
Viert. Th. 2te Abth. F
Seltenheit des Ausreißens. Die Leute wiſſen, warum ſie ſtreiten; ſie lieben den Zweck, weswe- gen ſie Soldaten ſind, und koͤnnen daher unmoͤg- lich eine Parthey verlaſſen, wovon ſie wirklich ei- nen Theil ausmachen. Wiſſen hingegen di[e] uͤbri- gen Achtgroſchen- und Sechskreuzer-Helden, wes- wegen ſie im Felde ſtehen? Sie wiſſen hoͤchſtens, daß es der Herr ſo will. Da ſie aber dabey fuͤh- len, daß auch ſie wollen koͤnnen, und ſie in dieſer Ruͤckſicht Herr von ihrem Herrn ſind: ſo ſagen ſie ihrem Herrn gute Nacht, ſobald ſich Gelegenheit dazu anbiethet.
Aber nicht nur bey den franzoͤſiſchen Volontaͤrs herrſcht der uneigennuͤtzige Patriotismus: man fin- det ihn auch bey den nicht militaͤriſchen Buͤrgern. Bey uns, glaube ich, wuͤrde der Herr Auſkulta- tor X und der Herr Referendar Y oder der Herr Schreiber Z, troz ihrer großen Unwiſſenheit, Feld- kriegskommiſſar, Regierungsrath, Kriminalrath und gar Praͤſident werden wollen, wenn der Koͤnig nur ſo wollte, wie ſie wollen: ja, man ſieht alle Tage bey uns, wie die aͤrgſten Dummkoͤpfe nach den hoͤchſten Aemtern im Staate ringen, und oft Schandwege dazu einſchlagen. — In Frankreich ſieht das anders aus! Viele zu Aemtern gewaͤhlte Perſonen haben andere vorgeſchlagen, weil ſie die-
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Seltenheit des Ausreißens. Die Leute wiſſen,
warum ſie ſtreiten; ſie lieben den Zweck, weswe-
gen ſie Soldaten ſind, und koͤnnen daher unmoͤg-
lich eine Parthey verlaſſen, wovon ſie wirklich ei-
nen Theil ausmachen. Wiſſen hingegen die uͤbri-
gen Achtgroſchen- und Sechskreuzer-Helden, wes-
wegen ſie im Felde ſtehen? Sie wiſſen hoͤchſtens,
daß es der Herr ſo will. Da ſie aber dabey fuͤh-
len, daß auch ſie wollen koͤnnen, und ſie in dieſer
Ruͤckſicht Herr von ihrem Herrn ſind: ſo ſagen ſie
ihrem Herrn gute Nacht, ſobald ſich Gelegenheit
dazu anbiethet.
Aber nicht nur bey den franzoͤſiſchen Volontaͤrs
herrſcht der uneigennuͤtzige Patriotismus: man fin-
det ihn auch bey den nicht militaͤriſchen Buͤrgern.
Bey uns, glaube ich, wuͤrde der Herr Auſkulta-
tor X und der Herr Referendar Y oder der Herr
Schreiber Z, troz ihrer großen Unwiſſenheit, Feld-
kriegskommiſſar, Regierungsrath, Kriminalrath
und gar Praͤſident werden wollen, wenn der Koͤnig
nur ſo wollte, wie ſie wollen: ja, man ſieht alle
Tage bey uns, wie die aͤrgſten Dummkoͤpfe nach den
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/85>, abgerufen am 21.11.2024.
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