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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Premßler war aus Weimar gebürtig, wo sein
Vater, wenn ich nicht irre, Aufseher über das da-
sige Zuchthaus gewesen ist. Einer von seinen Brü-
dern hatte die Rechte studiert, und war in Eise-
nach angestellt worden; dieser aber hatte die Wund-
arzneykunst gelernt, und kam ohngefähr 1790 zu
dem Hallischen Regiment als Compagniefeldscheer,
oder wie sie nachgehends heißen mußten, als Chi-
rurgus. Ich habe es nie recht verstehen können,
warum das gute deutsche Wort Feldscheer,
welches jeder versteht, einem griechischen Wort,
Chirurgus, weichen mußte: denn Chirurgus,
kommt her von kheir die Hand und ergon ein
Werk, oder eine Arbeit, und heißt weiter nichts, als
ein Kerl, der mit seinen Händen etwas verrichtet:
nach der ersten Bedeutung des Wortes ist also ein
Dieb, ein falscher Spieler, ein Taschenspieler,
ein Bierfiedler, ein Ausfeger der heimlichen Ge-
mächer u. s. w. allemal ein Chirurgus: denn alle
diese Kerle betreiben etwas mit ihren Händen; aber
das deutsche Feldscheer kommt solchen Burschen,
und überhaupt niemanden als einem Wundarzt zu.
Doch dieses will ich nur so im Vorbeygehn ange-
merkt haben.

Premßler kam zum Hallischen Regiment als
Chirurgus, und wurde nach der Entweichung des
windigen Herrn Haupt bey der Compagnie an-

Laukh. Leben 5ter Theil. L

Premßler war aus Weimar gebuͤrtig, wo ſein
Vater, wenn ich nicht irre, Aufſeher uͤber das da-
ſige Zuchthaus geweſen iſt. Einer von ſeinen Bruͤ-
dern hatte die Rechte ſtudiert, und war in Eiſe-
nach angeſtellt worden; dieſer aber hatte die Wund-
arzneykunſt gelernt, und kam ohngefaͤhr 1790 zu
dem Halliſchen Regiment als Compagniefeldſcheer,
oder wie ſie nachgehends heißen mußten, als Chi-
rurgus. Ich habe es nie recht verſtehen koͤnnen,
warum das gute deutſche Wort Feldſcheer,
welches jeder verſteht, einem griechiſchen Wort,
Chirurgus, weichen mußte: denn Chirurgus,
kommt her von χειϱ die Hand und ἐϱγον ein
Werk, oder eine Arbeit, und heißt weiter nichts, als
ein Kerl, der mit ſeinen Haͤnden etwas verrichtet:
nach der erſten Bedeutung des Wortes iſt alſo ein
Dieb, ein falſcher Spieler, ein Taſchenſpieler,
ein Bierfiedler, ein Ausfeger der heimlichen Ge-
maͤcher u. ſ. w. allemal ein Chirurgus: denn alle
dieſe Kerle betreiben etwas mit ihren Haͤnden; aber
das deutſche Feldſcheer kommt ſolchen Burſchen,
und uͤberhaupt niemanden als einem Wundarzt zu.
Doch dieſes will ich nur ſo im Vorbeygehn ange-
merkt haben.

Premßler kam zum Halliſchen Regiment als
Chirurgus, und wurde nach der Entweichung des
windigen Herrn Haupt bey der Compagnie an-

Laukh. Leben 5ter Theil. L
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[161/0169] Premßler war aus Weimar gebuͤrtig, wo ſein Vater, wenn ich nicht irre, Aufſeher uͤber das da- ſige Zuchthaus geweſen iſt. Einer von ſeinen Bruͤ- dern hatte die Rechte ſtudiert, und war in Eiſe- nach angeſtellt worden; dieſer aber hatte die Wund- arzneykunſt gelernt, und kam ohngefaͤhr 1790 zu dem Halliſchen Regiment als Compagniefeldſcheer, oder wie ſie nachgehends heißen mußten, als Chi- rurgus. Ich habe es nie recht verſtehen koͤnnen, warum das gute deutſche Wort Feldſcheer, welches jeder verſteht, einem griechiſchen Wort, Chirurgus, weichen mußte: denn Chirurgus, kommt her von χειϱ die Hand und ἐϱγον ein Werk, oder eine Arbeit, und heißt weiter nichts, als ein Kerl, der mit ſeinen Haͤnden etwas verrichtet: nach der erſten Bedeutung des Wortes iſt alſo ein Dieb, ein falſcher Spieler, ein Taſchenſpieler, ein Bierfiedler, ein Ausfeger der heimlichen Ge- maͤcher u. ſ. w. allemal ein Chirurgus: denn alle dieſe Kerle betreiben etwas mit ihren Haͤnden; aber das deutſche Feldſcheer kommt ſolchen Burſchen, und uͤberhaupt niemanden als einem Wundarzt zu. Doch dieſes will ich nur ſo im Vorbeygehn ange- merkt haben. Premßler kam zum Halliſchen Regiment als Chirurgus, und wurde nach der Entweichung des windigen Herrn Haupt bey der Compagnie an- Laukh. Leben 5ter Theil. L

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/169>, abgerufen am 24.11.2024.