stieg oder, wenn er Geld hatte, ritt er zu Dorfe. Stichelsdorf war sein Lieblingsort, theils weil es da herrlichen Breyhan giebt, theils aber auch, weil er daselbst einen Freund, den Hn. Amtsver- walter Bertram hatte, welchen er auch weidlich geschnellt hat. Der gutmüthige Mann dachte, sein Gevatter Schäfer würde ihn nicht anführen, und borgte ihm -- zu seinem Schaden. Von Sti- chelsdorf kehrte er gegen Abend nach Halle zurück, pflanzte seinen Leichnam auf den Rathskeller, auf die Mail, oder auf die Loge, und hielt daselbst aus bis auf den lezten Mann.
So gings einen Tag und alle Tage: wie seine Wirthschaft bey dieser Lebensart gefahren sey, kann man leicht denken. Er hielt zwar Gesellen, aber die verließen ihn bald, so auch die Lehrbursche, welche bey so einem Meister nichts lernen konnten; mit der Frau lebte er wie Hunde und Katzen mit einander zu leben pflegen: dabey war er ein großer Verfechter der Innungsprivilegien, ein Erzfeind alles Herkommens, und wollte alles bloß durch Ge- setze entschieden wissen. Eben daher zankte er sich unaufhörlich mit den andern Meistern, welche ihn aber nur auslachten, und schreien ließen.
Da er unendlich viel übelverstandnen Stolz besaß, so war ihm nichts empfindlicher, als wenn er wegen Schulden gemahnt wurde, am allerärg-
ſtieg oder, wenn er Geld hatte, ritt er zu Dorfe. Stichelsdorf war ſein Lieblingsort, theils weil es da herrlichen Breyhan giebt, theils aber auch, weil er daſelbſt einen Freund, den Hn. Amtsver- walter Bertram hatte, welchen er auch weidlich geſchnellt hat. Der gutmuͤthige Mann dachte, ſein Gevatter Schaͤfer wuͤrde ihn nicht anfuͤhren, und borgte ihm — zu ſeinem Schaden. Von Sti- chelsdorf kehrte er gegen Abend nach Halle zuruͤck, pflanzte ſeinen Leichnam auf den Rathskeller, auf die Mail, oder auf die Loge, und hielt daſelbſt aus bis auf den lezten Mann.
So gings einen Tag und alle Tage: wie ſeine Wirthſchaft bey dieſer Lebensart gefahren ſey, kann man leicht denken. Er hielt zwar Geſellen, aber die verließen ihn bald, ſo auch die Lehrburſche, welche bey ſo einem Meiſter nichts lernen konnten; mit der Frau lebte er wie Hunde und Katzen mit einander zu leben pflegen: dabey war er ein großer Verfechter der Innungsprivilegien, ein Erzfeind alles Herkommens, und wollte alles bloß durch Ge- ſetze entſchieden wiſſen. Eben daher zankte er ſich unaufhoͤrlich mit den andern Meiſtern, welche ihn aber nur auslachten, und ſchreien ließen.
Da er unendlich viel uͤbelverſtandnen Stolz beſaß, ſo war ihm nichts empfindlicher, als wenn er wegen Schulden gemahnt wurde, am alleraͤrg-
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ſtieg oder, wenn er Geld hatte, ritt er zu Dorfe.
Stichelsdorf war ſein Lieblingsort, theils weil es
da herrlichen Breyhan giebt, theils aber auch,
weil er daſelbſt einen Freund, den Hn. Amtsver-
walter Bertram hatte, welchen er auch weidlich
geſchnellt hat. Der gutmuͤthige Mann dachte, ſein
Gevatter Schaͤfer wuͤrde ihn nicht anfuͤhren, und
borgte ihm — zu ſeinem Schaden. Von Sti-
chelsdorf kehrte er gegen Abend nach Halle zuruͤck,
pflanzte ſeinen Leichnam auf den Rathskeller, auf
die Mail, oder auf die Loge, und hielt daſelbſt aus
bis auf den lezten Mann.
So gings einen Tag und alle Tage: wie ſeine
Wirthſchaft bey dieſer Lebensart gefahren ſey, kann
man leicht denken. Er hielt zwar Geſellen, aber
die verließen ihn bald, ſo auch die Lehrburſche,
welche bey ſo einem Meiſter nichts lernen konnten;
mit der Frau lebte er wie Hunde und Katzen mit
einander zu leben pflegen: dabey war er ein großer
Verfechter der Innungsprivilegien, ein Erzfeind
alles Herkommens, und wollte alles bloß durch Ge-
ſetze entſchieden wiſſen. Eben daher zankte er ſich
unaufhoͤrlich mit den andern Meiſtern, welche ihn
aber nur auslachten, und ſchreien ließen.
Da er unendlich viel uͤbelverſtandnen Stolz
beſaß, ſo war ihm nichts empfindlicher, als wenn
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/239>, abgerufen am 27.11.2024.
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