Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite

te meinen Herrn Wirth so von weitem: aber Herr
Baum stellte sich, wie die Hallenser sagen, eine halbe
Stunde dumm, und that, als verstünde er mich
nicht. Ich mußte mich also näher und deutlicher
erklären.

"Lieber Baum, sagte ich zu ihm, Sie ver-
sprachen mir doch die zwey Thaler --

Baum. Ich weiß alles, kümmern Sie sich
um nichts.

Ich. Jetzt bin ich sehr gedrängt: wenn Sie doch
Ihr Versprechen erfüllen könnten --

Baum. Alles will ich thun, lieber Magister:
Hole mich der Teufel, wenn ich nicht mit dem an-
dern warten will, bis zu Michaelis.

Nun wußte ich, woran ich war: ich ließ den
Baum stehen, und suchte einiges Geld aufzutrei-
ben, welches mir damals auch nicht schwer fiel,
da meine Scholaren fast alle ihre Wechsel bekamen.

Das Jahr vorher hatte Baum die untersten
Stuben nach der Gaße an einen gewissen Gebhard
vermiethet, und dieser legte sich einen Bier- und
Schnappshandel an. Er würde wenig Zulauf ge-
habt haben, weil er nur hallisches Stadtbier und
Stadtbreyhan schenken durfte, indeß die großen
Keller allerley auswärtige Getränke verkaufen,
wenn er es nicht für gut gefunden hätte, seine
Schenke in ein Spielhaus zu verwandeln, und

B2

te meinen Herrn Wirth ſo von weitem: aber Herr
Baum ſtellte ſich, wie die Hallenſer ſagen, eine halbe
Stunde dumm, und that, als verſtuͤnde er mich
nicht. Ich mußte mich alſo naͤher und deutlicher
erklaͤren.

„Lieber Baum, ſagte ich zu ihm, Sie ver-
ſprachen mir doch die zwey Thaler —

Baum. Ich weiß alles, kuͤmmern Sie ſich
um nichts.

Ich. Jetzt bin ich ſehr gedraͤngt: wenn Sie doch
Ihr Verſprechen erfuͤllen koͤnnten —

Baum. Alles will ich thun, lieber Magiſter:
Hole mich der Teufel, wenn ich nicht mit dem an-
dern warten will, bis zu Michaelis.

Nun wußte ich, woran ich war: ich ließ den
Baum ſtehen, und ſuchte einiges Geld aufzutrei-
ben, welches mir damals auch nicht ſchwer fiel,
da meine Scholaren faſt alle ihre Wechſel bekamen.

Das Jahr vorher hatte Baum die unterſten
Stuben nach der Gaße an einen gewiſſen Gebhard
vermiethet, und dieſer legte ſich einen Bier- und
Schnappshandel an. Er wuͤrde wenig Zulauf ge-
habt haben, weil er nur halliſches Stadtbier und
Stadtbreyhan ſchenken durfte, indeß die großen
Keller allerley auswaͤrtige Getraͤnke verkaufen,
wenn er es nicht fuͤr gut gefunden haͤtte, ſeine
Schenke in ein Spielhaus zu verwandeln, und

B2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0027" n="19"/>
te meinen Herrn Wirth &#x017F;o von weitem: aber Herr<lb/>
Baum &#x017F;tellte &#x017F;ich, wie die Hallen&#x017F;er &#x017F;agen, eine halbe<lb/>
Stunde dumm, und that, als ver&#x017F;tu&#x0364;nde er mich<lb/>
nicht. Ich mußte mich al&#x017F;o na&#x0364;her und deutlicher<lb/>
erkla&#x0364;ren.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Lieber Baum, &#x017F;agte ich zu ihm, Sie ver-<lb/>
&#x017F;prachen mir doch die zwey Thaler &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Baum</hi>. Ich weiß alles, ku&#x0364;mmern Sie &#x017F;ich<lb/>
um nichts.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Ich</hi>. Jetzt bin ich &#x017F;ehr gedra&#x0364;ngt: wenn Sie doch<lb/>
Ihr Ver&#x017F;prechen erfu&#x0364;llen ko&#x0364;nnten &#x2014;</p><lb/>
        <p><hi rendition="#g">Baum</hi>. Alles will ich thun, lieber Magi&#x017F;ter:<lb/>
Hole mich der Teufel, wenn ich nicht mit dem an-<lb/>
dern warten will, bis zu Michaelis.</p><lb/>
        <p>Nun wußte ich, woran ich war: ich ließ den<lb/>
Baum &#x017F;tehen, und &#x017F;uchte einiges Geld aufzutrei-<lb/>
ben, welches mir damals auch nicht &#x017F;chwer fiel,<lb/>
da meine Scholaren fa&#x017F;t alle ihre Wech&#x017F;el bekamen.</p><lb/>
        <p>Das Jahr vorher hatte Baum die unter&#x017F;ten<lb/>
Stuben nach der Gaße an einen gewi&#x017F;&#x017F;en Gebhard<lb/>
vermiethet, und die&#x017F;er legte &#x017F;ich einen Bier- und<lb/>
Schnappshandel an. Er wu&#x0364;rde wenig Zulauf ge-<lb/>
habt haben, weil er nur halli&#x017F;ches Stadtbier und<lb/>
Stadtbreyhan &#x017F;chenken durfte, indeß die großen<lb/>
Keller allerley auswa&#x0364;rtige Getra&#x0364;nke verkaufen,<lb/>
wenn er es nicht fu&#x0364;r gut gefunden ha&#x0364;tte, &#x017F;eine<lb/>
Schenke in ein Spielhaus zu verwandeln, und<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B2</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[19/0027] te meinen Herrn Wirth ſo von weitem: aber Herr Baum ſtellte ſich, wie die Hallenſer ſagen, eine halbe Stunde dumm, und that, als verſtuͤnde er mich nicht. Ich mußte mich alſo naͤher und deutlicher erklaͤren. „Lieber Baum, ſagte ich zu ihm, Sie ver- ſprachen mir doch die zwey Thaler — Baum. Ich weiß alles, kuͤmmern Sie ſich um nichts. Ich. Jetzt bin ich ſehr gedraͤngt: wenn Sie doch Ihr Verſprechen erfuͤllen koͤnnten — Baum. Alles will ich thun, lieber Magiſter: Hole mich der Teufel, wenn ich nicht mit dem an- dern warten will, bis zu Michaelis. Nun wußte ich, woran ich war: ich ließ den Baum ſtehen, und ſuchte einiges Geld aufzutrei- ben, welches mir damals auch nicht ſchwer fiel, da meine Scholaren faſt alle ihre Wechſel bekamen. Das Jahr vorher hatte Baum die unterſten Stuben nach der Gaße an einen gewiſſen Gebhard vermiethet, und dieſer legte ſich einen Bier- und Schnappshandel an. Er wuͤrde wenig Zulauf ge- habt haben, weil er nur halliſches Stadtbier und Stadtbreyhan ſchenken durfte, indeß die großen Keller allerley auswaͤrtige Getraͤnke verkaufen, wenn er es nicht fuͤr gut gefunden haͤtte, ſeine Schenke in ein Spielhaus zu verwandeln, und B2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/27
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/27>, abgerufen am 21.11.2024.