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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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hatte weit und breit herum gestohlen und geraubt,
und es scheint, als wenn einige Oberaufseher der
lieben Polizey selbst Theil genommen haben, nicht
an der Operation selbst, wohl aber an dem Ope-
rirten; die Mail bey Halle, welche so oft in diesem
Werke schon genannt ist, diente den Burschen zur
Niederlage, und Herr Brand der Mailwirth hatte
wöchentlich einen fixirten Gehalt für seine Gefällig-
keit. Er und alle, welche man entdecken konnte,
wurden eingesteckt.

Hier muß ich eine impertinente Lüge widerle-
gen, welche zur Schändung der Wahrheit in so vie-
len Büchern aufgetischt wird, nämlich daß die
Folter im Preußischen durchaus abgeschafft sey.
Wider die Folter hat man schon gewaltig geschrie-
ben, und dieselbe als unsinnig und grausam weit
und breit verschrieen; besonders haben dieß unsre
Philosophen gethan. Preußen hat die Ehre, als
der aufgeklärteste Staat in Europa angesehen zu wer-
den, und das mit Recht, und doch hat die Folter noch
nicht aufgehört in Preußen! Baum, ein Theil-
nehmer an der genannten Spitzbubengesellschaft,
hat auf Befehl und Verordnung des Auditörs mehr
als tausend Prügel bekommen, weil er nicht geste-
hen wollte, was man aus seinem Munde zu hören
verlangte. Ob er die Wahrheit immer gesagt, oder

hatte weit und breit herum geſtohlen und geraubt,
und es ſcheint, als wenn einige Oberaufſeher der
lieben Polizey ſelbſt Theil genommen haben, nicht
an der Operation ſelbſt, wohl aber an dem Ope-
rirten; die Mail bey Halle, welche ſo oft in dieſem
Werke ſchon genannt iſt, diente den Burſchen zur
Niederlage, und Herr Brand der Mailwirth hatte
woͤchentlich einen fixirten Gehalt fuͤr ſeine Gefaͤllig-
keit. Er und alle, welche man entdecken konnte,
wurden eingeſteckt.

Hier muß ich eine impertinente Luͤge widerle-
gen, welche zur Schaͤndung der Wahrheit in ſo vie-
len Buͤchern aufgetiſcht wird, naͤmlich daß die
Folter im Preußiſchen durchaus abgeſchafft ſey.
Wider die Folter hat man ſchon gewaltig geſchrie-
ben, und dieſelbe als unſinnig und grauſam weit
und breit verſchrieen; beſonders haben dieß unſre
Philoſophen gethan. Preußen hat die Ehre, als
der aufgeklaͤrteſte Staat in Europa angeſehen zu wer-
den, und das mit Recht, und doch hat die Folter noch
nicht aufgehoͤrt in Preußen! Baum, ein Theil-
nehmer an der genannten Spitzbubengeſellſchaft,
hat auf Befehl und Verordnung des Auditoͤrs mehr
als tauſend Pruͤgel bekommen, weil er nicht geſte-
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[278/0286] hatte weit und breit herum geſtohlen und geraubt, und es ſcheint, als wenn einige Oberaufſeher der lieben Polizey ſelbſt Theil genommen haben, nicht an der Operation ſelbſt, wohl aber an dem Ope- rirten; die Mail bey Halle, welche ſo oft in dieſem Werke ſchon genannt iſt, diente den Burſchen zur Niederlage, und Herr Brand der Mailwirth hatte woͤchentlich einen fixirten Gehalt fuͤr ſeine Gefaͤllig- keit. Er und alle, welche man entdecken konnte, wurden eingeſteckt. Hier muß ich eine impertinente Luͤge widerle- gen, welche zur Schaͤndung der Wahrheit in ſo vie- len Buͤchern aufgetiſcht wird, naͤmlich daß die Folter im Preußiſchen durchaus abgeſchafft ſey. Wider die Folter hat man ſchon gewaltig geſchrie- ben, und dieſelbe als unſinnig und grauſam weit und breit verſchrieen; beſonders haben dieß unſre Philoſophen gethan. Preußen hat die Ehre, als der aufgeklaͤrteſte Staat in Europa angeſehen zu wer- den, und das mit Recht, und doch hat die Folter noch nicht aufgehoͤrt in Preußen! Baum, ein Theil- nehmer an der genannten Spitzbubengeſellſchaft, hat auf Befehl und Verordnung des Auditoͤrs mehr als tauſend Pruͤgel bekommen, weil er nicht geſte- hen wollte, was man aus ſeinem Munde zu hoͤren verlangte. Ob er die Wahrheit immer geſagt, oder

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/286>, abgerufen am 24.11.2024.