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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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Wollust gar kläglich. Freylich wird es nie an fei-
len Menschern fehlen, aber es giebt doch keine
öffentliche Tempel der Wollust mehr, und das ist
schon sehr viel.

Wenn Herr Prof. Jakob, oder das Curatorium
zu Berlin auch den Schaden hindern könnte, oder
wollte -- denn warum sollte es unmöglich seyn? --
welchen die Komödie zu Lauchstädt jährlich für die
Hallischen Studenten stiftet, so würde das dadurch
erworbene Verdienst warlich sehr bedeutend seyn.
Diese Komödie verführt die Studenten nicht nur zu
sehr beträchtlichen Ausgaben, welche das Vermö-
gen der Meisten übersteigen, sondern hält sie der-
gestalt vom Studieren ab, daß Viele den ganzen
Sommer über gar nichts lernen. Wenn ich einem
Vater rathen sollte, dessen Sohn in Halle studiert,
so würde ich ihn zu bewegen suchen, den jungen
Herrn nur den Winter über daselbst zu lassen, und
den Sommer zu Hause zu behalten. Ich rede aus
vieljähriger Erfahrung. Es wäre besser, man er-
laubte, während der sogenannten Lauchstädter Zeit
ein Schauspielhaus in Halle selbst: dieses würde
unendlich weniger üble Folgen haben, als das
Theater in dem kostbaren und doch über allen Glau-
ben elenden Lauchstädt.

Sonst wird die Lebensart unsrer Studierenden
von Tag zu Tag artiger und gesitteter. Die alte,

Wolluſt gar klaͤglich. Freylich wird es nie an fei-
len Menſchern fehlen, aber es giebt doch keine
oͤffentliche Tempel der Wolluſt mehr, und das iſt
ſchon ſehr viel.

Wenn Herr Prof. Jakob, oder das Curatorium
zu Berlin auch den Schaden hindern koͤnnte, oder
wollte — denn warum ſollte es unmoͤglich ſeyn? —
welchen die Komoͤdie zu Lauchſtaͤdt jaͤhrlich fuͤr die
Halliſchen Studenten ſtiftet, ſo wuͤrde das dadurch
erworbene Verdienſt warlich ſehr bedeutend ſeyn.
Dieſe Komoͤdie verfuͤhrt die Studenten nicht nur zu
ſehr betraͤchtlichen Ausgaben, welche das Vermoͤ-
gen der Meiſten uͤberſteigen, ſondern haͤlt ſie der-
geſtalt vom Studieren ab, daß Viele den ganzen
Sommer uͤber gar nichts lernen. Wenn ich einem
Vater rathen ſollte, deſſen Sohn in Halle ſtudiert,
ſo wuͤrde ich ihn zu bewegen ſuchen, den jungen
Herrn nur den Winter uͤber daſelbſt zu laſſen, und
den Sommer zu Hauſe zu behalten. Ich rede aus
vieljaͤhriger Erfahrung. Es waͤre beſſer, man er-
laubte, waͤhrend der ſogenannten Lauchſtaͤdter Zeit
ein Schauſpielhaus in Halle ſelbſt: dieſes wuͤrde
unendlich weniger uͤble Folgen haben, als das
Theater in dem koſtbaren und doch uͤber allen Glau-
ben elenden Lauchſtaͤdt.

Sonſt wird die Lebensart unſrer Studierenden
von Tag zu Tag artiger und geſitteter. Die alte,

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[310/0318] Wolluſt gar klaͤglich. Freylich wird es nie an fei- len Menſchern fehlen, aber es giebt doch keine oͤffentliche Tempel der Wolluſt mehr, und das iſt ſchon ſehr viel. Wenn Herr Prof. Jakob, oder das Curatorium zu Berlin auch den Schaden hindern koͤnnte, oder wollte — denn warum ſollte es unmoͤglich ſeyn? — welchen die Komoͤdie zu Lauchſtaͤdt jaͤhrlich fuͤr die Halliſchen Studenten ſtiftet, ſo wuͤrde das dadurch erworbene Verdienſt warlich ſehr bedeutend ſeyn. Dieſe Komoͤdie verfuͤhrt die Studenten nicht nur zu ſehr betraͤchtlichen Ausgaben, welche das Vermoͤ- gen der Meiſten uͤberſteigen, ſondern haͤlt ſie der- geſtalt vom Studieren ab, daß Viele den ganzen Sommer uͤber gar nichts lernen. Wenn ich einem Vater rathen ſollte, deſſen Sohn in Halle ſtudiert, ſo wuͤrde ich ihn zu bewegen ſuchen, den jungen Herrn nur den Winter uͤber daſelbſt zu laſſen, und den Sommer zu Hauſe zu behalten. Ich rede aus vieljaͤhriger Erfahrung. Es waͤre beſſer, man er- laubte, waͤhrend der ſogenannten Lauchſtaͤdter Zeit ein Schauſpielhaus in Halle ſelbſt: dieſes wuͤrde unendlich weniger uͤble Folgen haben, als das Theater in dem koſtbaren und doch uͤber allen Glau- ben elenden Lauchſtaͤdt. Sonſt wird die Lebensart unſrer Studierenden von Tag zu Tag artiger und geſitteter. Die alte,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/318>, abgerufen am 21.11.2024.