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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802.

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ge vestra Majestas u. s. w. Dieser Mensch lebte
zwar gar nicht monachalisch, er soff, hielt sich
ein Mädchen von der verworfensten Classe, fluchte
und riß Zoten, wie ein Oberhäscher; aber Fleisch
hätte er um alles in der Welt am Fasttage nicht ge-
gessen, und in seiner Stube sahe es aus, wie in
einer Kapelle; alle Wände waren mit Heiligenbil-
dern tapissirt, und das Weyhkesselchen hing neben
der Stubenthür. Endlich drückte den guten Suc-
card das schwere Gewissen; er schrieb an sein Klo-
ster, bekannte seine Sünden, erhielt natürlicher
Weise einen Gnadenruf von der heiligen Klike, und
kehrte zurück. Ohne allen Zweifel paradirt Mei-
ster Succard dereinst im Himmel wie ein glänzen-
der Stern.

So wie aber Succard dachte und handelte, so
handeln mehrere, welche das Kloster verlassen.
Im Sommer 1798 kam ein Westphälischer Mönch
nach Halle, und suchte Beystand bey Hn. Bispink.
Dieser Mann, welcher niemand seine Hülfe ver-
sagt, wenn er helfen kann, nahm sich des Men-
schen nach allen Kräften an, kleidete ihn, und
schaffte ihm eine Wohnung; aber der Ehrenmann,
er hieß Schulz *), führte sich auf, wie ein pecus
campi,
besoff sich alle Tage in Schnapps, -- der

*) Mehr Nachricht von diesem Nichtswürdigen giebt das Staa-
tenjournal. B. V.

ge veſtra Majeſtas u. ſ. w. Dieſer Menſch lebte
zwar gar nicht monachaliſch, er ſoff, hielt ſich
ein Maͤdchen von der verworfenſten Claſſe, fluchte
und riß Zoten, wie ein Oberhaͤſcher; aber Fleiſch
haͤtte er um alles in der Welt am Faſttage nicht ge-
geſſen, und in ſeiner Stube ſahe es aus, wie in
einer Kapelle; alle Waͤnde waren mit Heiligenbil-
dern tapiſſirt, und das Weyhkeſſelchen hing neben
der Stubenthuͤr. Endlich druͤckte den guten Suc-
card das ſchwere Gewiſſen; er ſchrieb an ſein Klo-
ſter, bekannte ſeine Suͤnden, erhielt natuͤrlicher
Weiſe einen Gnadenruf von der heiligen Klike, und
kehrte zuruͤck. Ohne allen Zweifel paradirt Mei-
ſter Succard dereinſt im Himmel wie ein glaͤnzen-
der Stern.

So wie aber Succard dachte und handelte, ſo
handeln mehrere, welche das Kloſter verlaſſen.
Im Sommer 1798 kam ein Weſtphaͤliſcher Moͤnch
nach Halle, und ſuchte Beyſtand bey Hn. Bispink.
Dieſer Mann, welcher niemand ſeine Huͤlfe ver-
ſagt, wenn er helfen kann, nahm ſich des Men-
ſchen nach allen Kraͤften an, kleidete ihn, und
ſchaffte ihm eine Wohnung; aber der Ehrenmann,
er hieß Schulz *), fuͤhrte ſich auf, wie ein pecus
campi,
beſoff ſich alle Tage in Schnapps, — der

*) Mehr Nachricht von dieſem Nichtswuͤrdigen giebt das Staa-
tenjournal. B. V.
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[86/0094] ge veſtra Majeſtas u. ſ. w. Dieſer Menſch lebte zwar gar nicht monachaliſch, er ſoff, hielt ſich ein Maͤdchen von der verworfenſten Claſſe, fluchte und riß Zoten, wie ein Oberhaͤſcher; aber Fleiſch haͤtte er um alles in der Welt am Faſttage nicht ge- geſſen, und in ſeiner Stube ſahe es aus, wie in einer Kapelle; alle Waͤnde waren mit Heiligenbil- dern tapiſſirt, und das Weyhkeſſelchen hing neben der Stubenthuͤr. Endlich druͤckte den guten Suc- card das ſchwere Gewiſſen; er ſchrieb an ſein Klo- ſter, bekannte ſeine Suͤnden, erhielt natuͤrlicher Weiſe einen Gnadenruf von der heiligen Klike, und kehrte zuruͤck. Ohne allen Zweifel paradirt Mei- ſter Succard dereinſt im Himmel wie ein glaͤnzen- der Stern. So wie aber Succard dachte und handelte, ſo handeln mehrere, welche das Kloſter verlaſſen. Im Sommer 1798 kam ein Weſtphaͤliſcher Moͤnch nach Halle, und ſuchte Beyſtand bey Hn. Bispink. Dieſer Mann, welcher niemand ſeine Huͤlfe ver- ſagt, wenn er helfen kann, nahm ſich des Men- ſchen nach allen Kraͤften an, kleidete ihn, und ſchaffte ihm eine Wohnung; aber der Ehrenmann, er hieß Schulz *), fuͤhrte ſich auf, wie ein pecus campi, beſoff ſich alle Tage in Schnapps, — der *) Mehr Nachricht von dieſem Nichtswuͤrdigen giebt das Staa- tenjournal. B. V.

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/94>, abgerufen am 23.11.2024.