Etwas die höchste Seeligkeit suchen, das die höchste See- ligkeit nicht geben kann. In Ihm ist alles, was Gott Göttliches, das Weltall Herrliches, die Menschen Lie- benswürdiges haben, und haben können, vereinigt. Wer Ihm etwas vorziehen, Ihn etwas nachsetzen kann, kann Ihn nicht erkannt haben; Er ist Seiner nicht werth. Wer einen Diamant einem Kiesel nachsetzt, muß ent- weder den Werth des Diamanten nicht erkennen; Oder er ist des Diamanten nicht werth. Wenn der Dia- mant reden könnte, hätte er nicht recht zu sagen ---- "Wer Staub und Asche mir vorzieht, der ist meiner &q;nicht werth; Und wer Spreu und Stoppeln mir vor- &q;zieht, der ist meiner nicht werth! Ist Christus nicht &q;wenigstens der Diamant unter allen lebenden Wesen?"
92. Nachfolge Christus.
Wer sein Kreutz nicht auf sich nimmt, undMatth. X. 38. mir nachfolgt; Der ist meiner nicht werth. Was ist Kreutz? Jedes Leiden, das wir um Gottes, um Christus, um der Tugend willen leiden? Alles, was wir nach Christi willen tragen -- Jede Bitterkeit, Wider- wärtigkeit, Verachtung, Mißhandlung, die wir bloß des- wegen leiden, weil wir unserm sittlichen Gefühle, dem was man Gewissen zu nennen pflegt -- kindlicheinfäl- tig gehorchen. Jedes Leiden, das dem Leiden unsers Herrn ähnlich ist; Aehnlich der Ursache seines Leidens -- der Sünde andrer und eigner Tugend; Aehnlich der Art, dem Geiste seines Leidens, was mit Glauben, De-
muth,
Nachfolge Chriſtus.
Etwas die höchſte Seeligkeit ſuchen, das die höchſte See- ligkeit nicht geben kann. In Ihm iſt alles, was Gott Göttliches, das Weltall Herrliches, die Menſchen Lie- benswürdiges haben, und haben können, vereinigt. Wer Ihm etwas vorziehen, Ihn etwas nachſetzen kann, kann Ihn nicht erkannt haben; Er iſt Seiner nicht werth. Wer einen Diamant einem Kieſel nachſetzt, muß ent- weder den Werth des Diamanten nicht erkennen; Oder er iſt des Diamanten nicht werth. Wenn der Dia- mant reden könnte, hätte er nicht recht zu ſagen —— „Wer Staub und Aſche mir vorzieht, der iſt meiner &q;nicht werth; Und wer Spreu und Stoppeln mir vor- &q;zieht, der iſt meiner nicht werth! Iſt Chriſtus nicht &q;wenigſtens der Diamant unter allen lebenden Weſen?„
92. Nachfolge Chriſtus.
Wer ſein Kreutz nicht auf ſich nimmt, undMatth. X. 38. mir nachfolgt; Der iſt meiner nicht werth. Was iſt Kreutz? Jedes Leiden, das wir um Gottes, um Chriſtus, um der Tugend willen leiden? Alles, was wir nach Chriſti willen tragen — Jede Bitterkeit, Wider- wärtigkeit, Verachtung, Mißhandlung, die wir bloß des- wegen leiden, weil wir unſerm ſittlichen Gefühle, dem was man Gewiſſen zu nennen pflegt — kindlicheinfäl- tig gehorchen. Jedes Leiden, das dem Leiden unſers Herrn ähnlich iſt; Aehnlich der Urſache ſeines Leidens — der Sünde andrer und eigner Tugend; Aehnlich der Art, dem Geiſte ſeines Leidens, was mit Glauben, De-
muth,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0167"n="139[159]"/><fwplace="top"type="header">Nachfolge Chriſtus.</fw><lb/>
Etwas die höchſte Seeligkeit ſuchen, das die höchſte See-<lb/>
ligkeit nicht geben kann. In Ihm iſt alles, was Gott<lb/>
Göttliches, das Weltall Herrliches, die Menſchen Lie-<lb/>
benswürdiges haben, und haben können, vereinigt. Wer<lb/>
Ihm etwas vorziehen, Ihn etwas nachſetzen kann, kann<lb/>
Ihn nicht erkannt haben; Er iſt Seiner nicht werth.<lb/>
Wer einen Diamant einem Kieſel nachſetzt, muß ent-<lb/>
weder den Werth des Diamanten nicht erkennen; Oder<lb/>
er iſt des Diamanten nicht werth. Wenn der Dia-<lb/>
mant reden könnte, hätte er nicht recht zu ſagen ——<lb/>„Wer Staub und Aſche mir vorzieht, der iſt meiner<lb/>&q;nicht werth; Und wer Spreu und Stoppeln mir vor-<lb/>&q;zieht, der iſt meiner nicht werth! Iſt Chriſtus nicht<lb/>&q;wenigſtens der Diamant unter allen lebenden Weſen?„</p></div><lb/><divn="3"><head>92.<lb/>
Nachfolge Chriſtus.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Wer ſein Kreutz nicht auf ſich nimmt, und</hi><noteplace="right">Matth. <hirendition="#aq">X.</hi><lb/>
38.</note><lb/><hirendition="#fr">mir nachfolgt; Der iſt meiner nicht werth.</hi> Was<lb/>
iſt <hirendition="#fr">Kreutz?</hi> Jedes Leiden, das wir um Gottes, um<lb/><hirendition="#fr">Chriſtus,</hi> um der Tugend willen leiden? Alles, was wir<lb/>
nach <hirendition="#fr">Chriſti</hi> willen tragen — Jede Bitterkeit, Wider-<lb/>
wärtigkeit, Verachtung, Mißhandlung, die wir bloß des-<lb/>
wegen leiden, weil wir unſerm ſittlichen Gefühle, dem<lb/>
was man <hirendition="#fr">Gewiſſen</hi> zu nennen pflegt — kindlicheinfäl-<lb/>
tig gehorchen. Jedes Leiden, das dem Leiden unſers<lb/>
Herrn ähnlich iſt; Aehnlich der <hirendition="#fr">Urſache</hi>ſeines Leidens —<lb/>
der <hirendition="#fr">Sünde andrer und eigner Tugend;</hi> Aehnlich der<lb/>
Art, dem Geiſte ſeines Leidens, was mit Glauben, De-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">muth,</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[139[159]/0167]
Nachfolge Chriſtus.
Etwas die höchſte Seeligkeit ſuchen, das die höchſte See-
ligkeit nicht geben kann. In Ihm iſt alles, was Gott
Göttliches, das Weltall Herrliches, die Menſchen Lie-
benswürdiges haben, und haben können, vereinigt. Wer
Ihm etwas vorziehen, Ihn etwas nachſetzen kann, kann
Ihn nicht erkannt haben; Er iſt Seiner nicht werth.
Wer einen Diamant einem Kieſel nachſetzt, muß ent-
weder den Werth des Diamanten nicht erkennen; Oder
er iſt des Diamanten nicht werth. Wenn der Dia-
mant reden könnte, hätte er nicht recht zu ſagen ——
„Wer Staub und Aſche mir vorzieht, der iſt meiner
&q;nicht werth; Und wer Spreu und Stoppeln mir vor-
&q;zieht, der iſt meiner nicht werth! Iſt Chriſtus nicht
&q;wenigſtens der Diamant unter allen lebenden Weſen?„
92.
Nachfolge Chriſtus.
Wer ſein Kreutz nicht auf ſich nimmt, und
mir nachfolgt; Der iſt meiner nicht werth. Was
iſt Kreutz? Jedes Leiden, das wir um Gottes, um
Chriſtus, um der Tugend willen leiden? Alles, was wir
nach Chriſti willen tragen — Jede Bitterkeit, Wider-
wärtigkeit, Verachtung, Mißhandlung, die wir bloß des-
wegen leiden, weil wir unſerm ſittlichen Gefühle, dem
was man Gewiſſen zu nennen pflegt — kindlicheinfäl-
tig gehorchen. Jedes Leiden, das dem Leiden unſers
Herrn ähnlich iſt; Aehnlich der Urſache ſeines Leidens —
der Sünde andrer und eigner Tugend; Aehnlich der
Art, dem Geiſte ſeines Leidens, was mit Glauben, De-
muth,
Matth. X.
38.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang:
Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 139[159]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/167>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.