Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.Matthäus XII. Sinne nehmen wollen -- weil sie sogleich sehen, daß derbuchstäbliche Sinn dem Sinne und Geist unsers Zeit- alters zuwider ist. Sie mögten Jesus gern, wie die Weisen unsrer Zeit sprechen lassen. Das soll Er aber nicht, das will Er nicht. Jesus glaubte und lehrte ganz ausdrücklich das Daseyn und die Einwirkungen des Satans. Er nennt Ihn den Urheber der Lügen und des Mordes Den Säer des Unkrauts unter den guten Saamen; Den starken Bewaffneten, den zu binden und dessen Hausrath zu rauben Er, der stär- kere, gekommen sey -- Wer an Christus glaubt, glaubt, was Christus glaubte und lehrte. Ich glaube das, was Christus vom Satan sagt, und verachte im Glau- ben, an Christus, alles, was darwider von christlichen Schriftstellern gesagt werden mag. Wem Christus Wort nicht mehr gilt, als aller Tohren und Wei- sen Wort, der glaubt nicht an Ihn. Also fällt die ganze Schwierigkeit, wenn man einfältig an Chri- stus glaubt, und an seinen Worten nicht künstelt. Chri- stus kam, die Werke des Teufels aufzulösen und zu zer- stören. Er erlösete die, die der Satan gebunden hatte. Er ließ den Satan seine unüberwindliche Uebermacht fühlen. Er mußte beschämt und überwunden weichen -- und an einöde Oerter hingehen. Wenn ein Sa- tan ist, wenn ihrer viele sind, wie es ganz deutlich im Evangelio stehet; Wenn diese die Menschen auf Erden plagen, mithin den Menschen nahe seyn können -- So müssen sie sich an gewissen Gegenden aufhalten. Wenn sie vertrieben werden, was ist natürlicher, wahrschein- licher,
Matthäus XII. Sinne nehmen wollen — weil ſie ſogleich ſehen, daß derbuchſtäbliche Sinn dem Sinne und Geiſt unſers Zeit- alters zuwider iſt. Sie mögten Jeſus gern, wie die Weiſen unſrer Zeit ſprechen laſſen. Das ſoll Er aber nicht, das will Er nicht. Jeſus glaubte und lehrte ganz ausdrücklich das Daſeyn und die Einwirkungen des Satans. Er nennt Ihn den Urheber der Lügen und des Mordes Den Säer des Unkrauts unter den guten Saamen; Den ſtarken Bewaffneten, den zu binden und deſſen Hausrath zu rauben Er, der ſtär- kere, gekommen ſey — Wer an Chriſtus glaubt, glaubt, was Chriſtus glaubte und lehrte. Ich glaube das, was Chriſtus vom Satan ſagt, und verachte im Glau- ben, an Chriſtus, alles, was darwider von chriſtlichen Schriftſtellern geſagt werden mag. Wem Chriſtus Wort nicht mehr gilt, als aller Tohren und Wei- ſen Wort, der glaubt nicht an Ihn. Alſo fällt die ganze Schwierigkeit, wenn man einfältig an Chri- ſtus glaubt, und an ſeinen Worten nicht künſtelt. Chri- ſtus kam, die Werke des Teufels aufzulöſen und zu zer- ſtören. Er erlöſete die, die der Satan gebunden hatte. Er ließ den Satan ſeine unüberwindliche Uebermacht fühlen. Er mußte beſchämt und überwunden weichen — und an einöde Oerter hingehen. Wenn ein Sa- tan iſt, wenn ihrer viele ſind, wie es ganz deutlich im Evangelio ſtehet; Wenn dieſe die Menſchen auf Erden plagen, mithin den Menſchen nahe ſeyn können — So müſſen ſie ſich an gewiſſen Gegenden aufhalten. Wenn ſie vertrieben werden, was iſt natürlicher, wahrſchein- licher,
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Matthäus XII.
Sinne nehmen wollen — weil ſie ſogleich ſehen, daß der
buchſtäbliche Sinn dem Sinne und Geiſt unſers Zeit-
alters zuwider iſt. Sie mögten Jeſus gern, wie die
Weiſen unſrer Zeit ſprechen laſſen. Das ſoll Er aber
nicht, das will Er nicht. Jeſus glaubte und lehrte
ganz ausdrücklich das Daſeyn und die Einwirkungen des
Satans. Er nennt Ihn den Urheber der Lügen und
des Mordes Den Säer des Unkrauts unter den
guten Saamen; Den ſtarken Bewaffneten, den
zu binden und deſſen Hausrath zu rauben Er, der ſtär-
kere, gekommen ſey — Wer an Chriſtus glaubt, glaubt,
was Chriſtus glaubte und lehrte. Ich glaube das,
was Chriſtus vom Satan ſagt, und verachte im Glau-
ben, an Chriſtus, alles, was darwider von chriſtlichen
Schriftſtellern geſagt werden mag. Wem Chriſtus
Wort nicht mehr gilt, als aller Tohren und Wei-
ſen Wort, der glaubt nicht an Ihn. Alſo fällt
die ganze Schwierigkeit, wenn man einfältig an Chri-
ſtus glaubt, und an ſeinen Worten nicht künſtelt. Chri-
ſtus kam, die Werke des Teufels aufzulöſen und zu zer-
ſtören. Er erlöſete die, die der Satan gebunden hatte.
Er ließ den Satan ſeine unüberwindliche Uebermacht
fühlen. Er mußte beſchämt und überwunden weichen
— und an einöde Oerter hingehen. Wenn ein Sa-
tan iſt, wenn ihrer viele ſind, wie es ganz deutlich im
Evangelio ſtehet; Wenn dieſe die Menſchen auf Erden
plagen, mithin den Menſchen nahe ſeyn können — So
müſſen ſie ſich an gewiſſen Gegenden aufhalten. Wenn
ſie vertrieben werden, was iſt natürlicher, wahrſchein-
licher,
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