Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Zuverläßige Gewißheit etc.
der Nation, von der Zerstörung ihrer Stadt und
Tempels, von ihrer Zerstreuung unter alle Welt-
völker gesagt habe, erfüllet seyn wird.
Unter dem
dieses alles, wären also die der Wiederkunft des Herrn
vorhergehenden Revolutionen, wovon im 29. v. die Rede
ist, und diese Wiederkunft selbst nicht begriffen, son-
dern nur das, was der Herr von der Zerstörung Jeru-
salems und der Zerstreuung der Nation gesagt hat.

Andre übersetzen: Bis dieses alles zu geschehen
angefangen hat
-- und sehen dann das Gericht über
die jüdische Nation und das, was der Wiederkunft des
Herrn unmittelbar vorgehen wird, als eine fortlaufen-
de zusammenhängende Begebenheit an.

Noch andere verstehen die Worte so: Dieselbe Ge-
neration, diejenige nämlich, die dann leben wird,
wenn jene der Erscheinung des Herrn vorgehenden
Revolutionen
(Weltveränderungen) ihren Anfang
nehmen -- wird nicht aussterben, bis alles vollen-
det, bis der Meßias wirklich gekommen ist. Es
wird alles in der Frist eines Mannesalters erfüllet
seyn.
Unter dem dieß alles wäre denn also das von
der Zerstörung Jerusalems vorher gesagte nicht begrif-
fen, sondern nur die Revolutionen vor der Wiederkunft
und die Wiederkunst selbst.

Doch vielleicht kann das Wort, das durch Gene-
ration, Menschenalter
gegeben wird, auch überhaupt
Volk, Nation, Abkömmlingschaft heissen. Und
dann wäre in der Stelle auch ein Winck auf das so
äusserst merkwürdige Bleiben der jüdischen Nation,

auf

Zuverläßige Gewißheit ꝛc.
der Nation, von der Zerſtörung ihrer Stadt und
Tempels, von ihrer Zerſtreuung unter alle Welt-
völker geſagt habe, erfüllet ſeyn wird.
Unter dem
dieſes alles, wären alſo die der Wiederkunft des Herrn
vorhergehenden Revolutionen, wovon im 29. v. die Rede
iſt, und dieſe Wiederkunft ſelbſt nicht begriffen, ſon-
dern nur das, was der Herr von der Zerſtörung Jeru-
ſalems und der Zerſtreuung der Nation geſagt hat.

Andre überſetzen: Bis dieſes alles zu geſchehen
angefangen hat
— und ſehen dann das Gericht über
die jüdiſche Nation und das, was der Wiederkunft des
Herrn unmittelbar vorgehen wird, als eine fortlaufen-
de zuſammenhängende Begebenheit an.

Noch andere verſtehen die Worte ſo: Dieſelbe Ge-
neration, diejenige nämlich, die dann leben wird,
wenn jene der Erſcheinung des Herrn vorgehenden
Revolutionen
(Weltveränderungen) ihren Anfang
nehmen — wird nicht ausſterben, bis alles vollen-
det, bis der Meßias wirklich gekommen iſt. Es
wird alles in der Friſt eines Mannesalters erfüllet
ſeyn.
Unter dem dieß alles wäre denn alſo das von
der Zerſtörung Jeruſalems vorher geſagte nicht begrif-
fen, ſondern nur die Revolutionen vor der Wiederkunft
und die Wiederkunſt ſelbſt.

Doch vielleicht kann das Wort, das durch Gene-
ration, Menſchenalter
gegeben wird, auch überhaupt
Volk, Nation, Abkömmlingſchaft heiſſen. Und
dann wäre in der Stelle auch ein Winck auf das ſo
äuſſerſt merkwürdige Bleiben der jüdiſchen Nation,

auf
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0443" n="415[435]"/><fw place="top" type="header">Zuverläßige Gewißheit &#xA75B;c.</fw><lb/><hi rendition="#fr">der Nation, von der Zer&#x017F;törung ihrer Stadt und<lb/>
Tempels, von ihrer Zer&#x017F;treuung unter alle Welt-<lb/>
völker ge&#x017F;agt habe, erfüllet &#x017F;eyn wird.</hi> Unter dem<lb/><hi rendition="#fr">die&#x017F;es alles,</hi> wären al&#x017F;o die der Wiederkunft des Herrn<lb/>
vorhergehenden Revolutionen, wovon im 29. v. die Rede<lb/>
i&#x017F;t, und die&#x017F;e Wiederkunft &#x017F;elb&#x017F;t nicht begriffen, &#x017F;on-<lb/>
dern nur das, was der Herr von der Zer&#x017F;törung Jeru-<lb/>
&#x017F;alems und der Zer&#x017F;treuung der Nation ge&#x017F;agt hat.</p><lb/>
            <p>Andre über&#x017F;etzen: <hi rendition="#fr">Bis die&#x017F;es alles zu ge&#x017F;chehen<lb/>
angefangen hat</hi> &#x2014; und &#x017F;ehen dann das Gericht über<lb/>
die jüdi&#x017F;che Nation und das, was der Wiederkunft des<lb/>
Herrn unmittelbar vorgehen wird, als eine fortlaufen-<lb/>
de zu&#x017F;ammenhängende Begebenheit an.</p><lb/>
            <p>Noch andere ver&#x017F;tehen die Worte &#x017F;o: <hi rendition="#fr">Die&#x017F;elbe Ge-<lb/>
neration, diejenige nämlich, die dann leben wird,<lb/>
wenn jene der Er&#x017F;cheinung des Herrn vorgehenden<lb/>
Revolutionen</hi> (Weltveränderungen) <hi rendition="#fr">ihren Anfang<lb/>
nehmen &#x2014; wird nicht aus&#x017F;terben, bis alles vollen-<lb/>
det, bis der Meßias wirklich gekommen i&#x017F;t. Es<lb/>
wird alles in der Fri&#x017F;t eines Mannesalters erfüllet<lb/>
&#x017F;eyn.</hi> Unter dem <hi rendition="#fr">dieß alles</hi> wäre denn al&#x017F;o das von<lb/>
der Zer&#x017F;törung Jeru&#x017F;alems vorher ge&#x017F;agte nicht begrif-<lb/>
fen, &#x017F;ondern nur die Revolutionen vor der Wiederkunft<lb/>
und die Wiederkun&#x017F;t &#x017F;elb&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Doch vielleicht kann das Wort, das durch <hi rendition="#fr">Gene-<lb/>
ration, Men&#x017F;chenalter</hi> gegeben wird, auch überhaupt<lb/><hi rendition="#fr">Volk, Nation, Abkömmling&#x017F;chaft</hi> hei&#x017F;&#x017F;en. Und<lb/>
dann wäre in der Stelle auch ein Winck auf das &#x017F;o<lb/><hi rendition="#fr">äu&#x017F;&#x017F;er&#x017F;t merkwürdige</hi> Bleiben der jüdi&#x017F;chen Nation,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[415[435]/0443] Zuverläßige Gewißheit ꝛc. der Nation, von der Zerſtörung ihrer Stadt und Tempels, von ihrer Zerſtreuung unter alle Welt- völker geſagt habe, erfüllet ſeyn wird. Unter dem dieſes alles, wären alſo die der Wiederkunft des Herrn vorhergehenden Revolutionen, wovon im 29. v. die Rede iſt, und dieſe Wiederkunft ſelbſt nicht begriffen, ſon- dern nur das, was der Herr von der Zerſtörung Jeru- ſalems und der Zerſtreuung der Nation geſagt hat. Andre überſetzen: Bis dieſes alles zu geſchehen angefangen hat — und ſehen dann das Gericht über die jüdiſche Nation und das, was der Wiederkunft des Herrn unmittelbar vorgehen wird, als eine fortlaufen- de zuſammenhängende Begebenheit an. Noch andere verſtehen die Worte ſo: Dieſelbe Ge- neration, diejenige nämlich, die dann leben wird, wenn jene der Erſcheinung des Herrn vorgehenden Revolutionen (Weltveränderungen) ihren Anfang nehmen — wird nicht ausſterben, bis alles vollen- det, bis der Meßias wirklich gekommen iſt. Es wird alles in der Friſt eines Mannesalters erfüllet ſeyn. Unter dem dieß alles wäre denn alſo das von der Zerſtörung Jeruſalems vorher geſagte nicht begrif- fen, ſondern nur die Revolutionen vor der Wiederkunft und die Wiederkunſt ſelbſt. Doch vielleicht kann das Wort, das durch Gene- ration, Menſchenalter gegeben wird, auch überhaupt Volk, Nation, Abkömmlingſchaft heiſſen. Und dann wäre in der Stelle auch ein Winck auf das ſo äuſſerſt merkwürdige Bleiben der jüdiſchen Nation, auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/443
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 415[435]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/443>, abgerufen am 23.11.2024.