den Pallast des Hohenpriesters, der da hieß Caia- phas. Und hielten Rath, wie sie Jesum mit Li- sten griffen und tödteten. Sie sprachen aber: Ja nicht auf das Fest, auf daß nicht ein Aufruhr werde im Volk.
Die Hirten Israels versammeln sich wider den, in dessen Namen sie die Schaafe weyden sollten. Ihr Ei- fer wider Jesum, von der Hölle angezündet, war un- auslöschbar. Sie wußten nicht, wie des klugen und vom Volke geliebten Mannes habhaft werden? -- -- Die Nähe des Festes stehet -- nicht ihrer Gottesfurcht, sondern ihrer Menschenfurcht im Wege. Sie fürch- ten nicht den gerechtesten und gereiztesten Zorn des Him- mels -- aber die Aufruhr des Volkes. Die Schwa- chen müssen List zu Hülfe nehmen, weil es ihnen an der Kraft mangelte, die der gerechten Sache, die Pflicht und Gewissenhaftigkeit eigen sind.
2. Dieser Rathschlag, Jesum zu tödten, muß ih- nen indeß doch schwehr genug gefallen seyn. Wie sehr sie auch immer die Stimme ihres Gewissens übertäubt haben mochten; Etwas muß sich doch gewiß in ihnen geregt, und ihnen, wo nicht laut gerufen, doch, wenn ich so sagen darf, dann und wann leise in's Ohr ge- raunt haben -- "Unschuldiges Blut! Propheten-Blut!.. "Es ist ein Gott, der dem Blute nachfrägt!" -- -- Es muß ihnen doch schwehr gefallen seyn vor Gott, dem Volke, vor einander und vor sich selbst das Un- gerechte und Leidenschaftliche ihres Betragens so zu ver- bergen -- daß alles in ihrer Seele heiter und ruhig blieb.
Viel
Matthäus XXVI.
den Pallaſt des Hohenprieſters, der da hieß Caia- phas. Und hielten Rath, wie ſie Jeſum mit Li- ſten griffen und tödteten. Sie ſprachen aber: Ja nicht auf das Feſt, auf daß nicht ein Aufruhr werde im Volk.
Die Hirten Iſraels verſammeln ſich wider den, in deſſen Namen ſie die Schaafe weyden ſollten. Ihr Ei- fer wider Jeſum, von der Hölle angezündet, war un- auslöſchbar. Sie wußten nicht, wie des klugen und vom Volke geliebten Mannes habhaft werden? — — Die Nähe des Feſtes ſtehet — nicht ihrer Gottesfurcht, ſondern ihrer Menſchenfurcht im Wege. Sie fürch- ten nicht den gerechteſten und gereizteſten Zorn des Him- mels — aber die Aufruhr des Volkes. Die Schwa- chen müſſen Liſt zu Hülfe nehmen, weil es ihnen an der Kraft mangelte, die der gerechten Sache, die Pflicht und Gewiſſenhaftigkeit eigen ſind.
2. Dieſer Rathſchlag, Jeſum zu tödten, muß ih- nen indeß doch ſchwehr genug gefallen ſeyn. Wie ſehr ſie auch immer die Stimme ihres Gewiſſens übertäubt haben mochten; Etwas muß ſich doch gewiß in ihnen geregt, und ihnen, wo nicht laut gerufen, doch, wenn ich ſo ſagen darf, dann und wann leiſe in’s Ohr ge- raunt haben — „Unſchuldiges Blut! Propheten-Blut!.. „Es iſt ein Gott, der dem Blute nachfrägt!„ — — Es muß ihnen doch ſchwehr gefallen ſeyn vor Gott, dem Volke, vor einander und vor ſich ſelbſt das Un- gerechte und Leidenſchaftliche ihres Betragens ſo zu ver- bergen — daß alles in ihrer Seele heiter und ruhig blieb.
Viel
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[440[460]/0468]
Matthäus XXVI.
den Pallaſt des Hohenprieſters, der da hieß Caia-
phas. Und hielten Rath, wie ſie Jeſum mit Li-
ſten griffen und tödteten. Sie ſprachen aber: Ja
nicht auf das Feſt, auf daß nicht ein Aufruhr
werde im Volk.
Die Hirten Iſraels verſammeln ſich wider den, in
deſſen Namen ſie die Schaafe weyden ſollten. Ihr Ei-
fer wider Jeſum, von der Hölle angezündet, war un-
auslöſchbar. Sie wußten nicht, wie des klugen und
vom Volke geliebten Mannes habhaft werden? — —
Die Nähe des Feſtes ſtehet — nicht ihrer Gottesfurcht,
ſondern ihrer Menſchenfurcht im Wege. Sie fürch-
ten nicht den gerechteſten und gereizteſten Zorn des Him-
mels — aber die Aufruhr des Volkes. Die Schwa-
chen müſſen Liſt zu Hülfe nehmen, weil es ihnen an der
Kraft mangelte, die der gerechten Sache, die Pflicht und
Gewiſſenhaftigkeit eigen ſind.
2. Dieſer Rathſchlag, Jeſum zu tödten, muß ih-
nen indeß doch ſchwehr genug gefallen ſeyn. Wie ſehr
ſie auch immer die Stimme ihres Gewiſſens übertäubt
haben mochten; Etwas muß ſich doch gewiß in ihnen
geregt, und ihnen, wo nicht laut gerufen, doch, wenn
ich ſo ſagen darf, dann und wann leiſe in’s Ohr ge-
raunt haben — „Unſchuldiges Blut! Propheten-Blut!..
„Es iſt ein Gott, der dem Blute nachfrägt!„ — —
Es muß ihnen doch ſchwehr gefallen ſeyn vor Gott,
dem Volke, vor einander und vor ſich ſelbſt das Un-
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 440[460]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/468>, abgerufen am 23.11.2024.
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