Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Verhöhnung Jesu.
Punkt ist, und um weßwillen Christus eigentlich starb
-- Er starb als der Meßias.

223.
Verhöhnung Jesu.

Da speyeten sie aus in sein Angesicht, undMatth.
XXVI. 67.
68.

schlugen Ihn mit Fäusten. Etliche aber schlu-
gen Ihn in's Angesicht, und sprachen: Weissage
uns Christe, wer ist's der dich schlug? -- --

Allerheiligstes Angesicht! So wardst du mishandelt
und verunstaltet .. So durften die verruchtesten Hände
sich an deiner Majestät vergreifen! So war das Ehr-
würdigste, was je gesehen ward, oder gesehen werden
konnte, das unmittelbarste Ziel der niederträchtigsten
Verhöhnung; So mußte es Jesus Christus in eigener
Person erfahren, daß der Allmächtige Gott nichts so
schönes, so reines erschaffen, und dem menschlichen Au-
ge so nahe legen kann, daß es nicht miskannt und ver-
lästert werde. Näher konnte die Gottheit dem menschli-
chen Auge nicht kommen, Anschaubarer konnte sie dem
menschlichen Auge nicht werden, als in dem unschuld-
vollen, reinen Angesichte Jesu Christi. Wer keinen
Sinn mehr für dieß allerhöchste Werk der Gottheit, dieß
unübertresliche Meisterstück seiner Schöpfungskraft hat,
keinen Sinn mehr für die Unschuld, den Adel, die
Würde, die aus diesem göttlichen Angesichte hervorleuch-
tete; Wer sich an diesem Allerheiligsten unmittelbar so
vergreifen und versündigen konnte, daß er es mit fäu-
sten schlug und mit Speichel befleckte, der mußte über-

all
H h 5

Verhöhnung Jeſu.
Punkt iſt, und um weßwillen Chriſtus eigentlich ſtarb
— Er ſtarb als der Meßias.

223.
Verhöhnung Jeſu.

Da ſpeyeten ſie aus in ſein Angeſicht, undMatth.
XXVI. 67.
68.

ſchlugen Ihn mit Fäuſten. Etliche aber ſchlu-
gen Ihn in’s Angeſicht, und ſprachen: Weiſſage
uns Chriſte, wer iſt’s der dich ſchlug? — —

Allerheiligſtes Angeſicht! So wardſt du mishandelt
und verunſtaltet .. So durften die verruchteſten Hände
ſich an deiner Majeſtät vergreifen! So war das Ehr-
würdigſte, was je geſehen ward, oder geſehen werden
konnte, das unmittelbarſte Ziel der niederträchtigſten
Verhöhnung; So mußte es Jeſus Chriſtus in eigener
Perſon erfahren, daß der Allmächtige Gott nichts ſo
ſchönes, ſo reines erſchaffen, und dem menſchlichen Au-
ge ſo nahe legen kann, daß es nicht miskannt und ver-
läſtert werde. Näher konnte die Gottheit dem menſchli-
chen Auge nicht kommen, Anſchaubarer konnte ſie dem
menſchlichen Auge nicht werden, als in dem unſchuld-
vollen, reinen Angeſichte Jeſu Chriſti. Wer keinen
Sinn mehr für dieß allerhöchſte Werk der Gottheit, dieß
unübertreſliche Meiſterſtück ſeiner Schöpfungskraft hat,
keinen Sinn mehr für die Unſchuld, den Adel, die
Würde, die aus dieſem göttlichen Angeſichte hervorleuch-
tete; Wer ſich an dieſem Allerheiligſten unmittelbar ſo
vergreifen und verſündigen konnte, daß er es mit fäu-
ſten ſchlug und mit Speichel befleckte, der mußte über-

all
H h 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0517" n="489[509]"/><fw place="top" type="header">Verhöhnung Je&#x017F;u.</fw><lb/>
Punkt i&#x017F;t, und um weßwillen Chri&#x017F;tus eigentlich &#x017F;tarb<lb/>
&#x2014; Er &#x017F;tarb als der Meßias.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>223.<lb/>
Verhöhnung Je&#x017F;u.</head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Da &#x017F;peyeten &#x017F;ie aus in &#x017F;ein Ange&#x017F;icht, und</hi> <note place="right">Matth.<lb/><hi rendition="#aq">XXVI.</hi> 67.<lb/>
68.</note><lb/> <hi rendition="#fr">&#x017F;chlugen Ihn mit Fäu&#x017F;ten. Etliche aber &#x017F;chlu-<lb/>
gen Ihn in&#x2019;s Ange&#x017F;icht, und &#x017F;prachen: Wei&#x017F;&#x017F;age<lb/>
uns Chri&#x017F;te, wer i&#x017F;t&#x2019;s der dich &#x017F;chlug? &#x2014; &#x2014;</hi> </p><lb/>
            <p>Allerheilig&#x017F;tes Ange&#x017F;icht! So ward&#x017F;t du mishandelt<lb/>
und verun&#x017F;taltet .. So durften die verruchte&#x017F;ten Hände<lb/>
&#x017F;ich an deiner Maje&#x017F;tät vergreifen! So war das Ehr-<lb/>
würdig&#x017F;te, was je ge&#x017F;ehen ward, oder ge&#x017F;ehen werden<lb/>
konnte, das unmittelbar&#x017F;te Ziel der niederträchtig&#x017F;ten<lb/>
Verhöhnung; So mußte es <hi rendition="#fr">Je&#x017F;us Chri&#x017F;tus</hi> in eigener<lb/>
Per&#x017F;on erfahren, daß der Allmächtige Gott nichts &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chönes, &#x017F;o reines er&#x017F;chaffen, und dem men&#x017F;chlichen Au-<lb/>
ge &#x017F;o nahe legen kann, daß es nicht miskannt und ver-<lb/>&#x017F;tert werde. Näher konnte die Gottheit dem men&#x017F;chli-<lb/>
chen Auge nicht kommen, An&#x017F;chaubarer konnte &#x017F;ie dem<lb/>
men&#x017F;chlichen Auge nicht werden, als in dem un&#x017F;chuld-<lb/>
vollen, reinen Ange&#x017F;ichte Je&#x017F;u Chri&#x017F;ti. Wer keinen<lb/>
Sinn mehr für dieß allerhöch&#x017F;te Werk der Gottheit, dieß<lb/>
unübertre&#x017F;liche Mei&#x017F;ter&#x017F;tück &#x017F;einer Schöpfungskraft hat,<lb/>
keinen Sinn mehr für die Un&#x017F;chuld, den Adel, die<lb/>
Würde, die aus die&#x017F;em göttlichen Ange&#x017F;ichte hervorleuch-<lb/>
tete; Wer &#x017F;ich an die&#x017F;em Allerheilig&#x017F;ten unmittelbar &#x017F;o<lb/>
vergreifen und ver&#x017F;ündigen konnte, daß er es mit fäu-<lb/>
&#x017F;ten &#x017F;chlug und mit Speichel befleckte, der mußte über-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H h 5</fw><fw place="bottom" type="catch">all</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[489[509]/0517] Verhöhnung Jeſu. Punkt iſt, und um weßwillen Chriſtus eigentlich ſtarb — Er ſtarb als der Meßias. 223. Verhöhnung Jeſu. Da ſpeyeten ſie aus in ſein Angeſicht, und ſchlugen Ihn mit Fäuſten. Etliche aber ſchlu- gen Ihn in’s Angeſicht, und ſprachen: Weiſſage uns Chriſte, wer iſt’s der dich ſchlug? — — Matth. XXVI. 67. 68. Allerheiligſtes Angeſicht! So wardſt du mishandelt und verunſtaltet .. So durften die verruchteſten Hände ſich an deiner Majeſtät vergreifen! So war das Ehr- würdigſte, was je geſehen ward, oder geſehen werden konnte, das unmittelbarſte Ziel der niederträchtigſten Verhöhnung; So mußte es Jeſus Chriſtus in eigener Perſon erfahren, daß der Allmächtige Gott nichts ſo ſchönes, ſo reines erſchaffen, und dem menſchlichen Au- ge ſo nahe legen kann, daß es nicht miskannt und ver- läſtert werde. Näher konnte die Gottheit dem menſchli- chen Auge nicht kommen, Anſchaubarer konnte ſie dem menſchlichen Auge nicht werden, als in dem unſchuld- vollen, reinen Angeſichte Jeſu Chriſti. Wer keinen Sinn mehr für dieß allerhöchſte Werk der Gottheit, dieß unübertreſliche Meiſterſtück ſeiner Schöpfungskraft hat, keinen Sinn mehr für die Unſchuld, den Adel, die Würde, die aus dieſem göttlichen Angeſichte hervorleuch- tete; Wer ſich an dieſem Allerheiligſten unmittelbar ſo vergreifen und verſündigen konnte, daß er es mit fäu- ſten ſchlug und mit Speichel befleckte, der mußte über- all H h 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/517
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 489[509]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/517>, abgerufen am 25.11.2024.