Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
Zugabe zur Vorrede.
Etwas über den Plan und Jnnhalt dieses Werkes.

Man weiß es schon, daß ich weder Lust, noch Kraft habe, eine Physiogno-
mik, oder irgend eine Art von physiognomischem System zu schreiben; -- daß
ich nur Fragmente zu liefern gedenke, die unter sich eben keine Verbindung
haben, und kein Ganzes ausmachen werden. Um alle Erwartung von ir-
gend etwas Ganzem, Zusammenhängendem, ganz zu zernichten, und mir zu-
gleich die oft so beschwerliche Mühe einer leicht überschaubaren Rangordnung
der Materien zu ersparen -- war mein erster Gedanke, dieß Werk in Form
eines Wochenblattes herauszugeben. Es fanden sich aber nachher Schwierig-
keiten, wobey der Verleger und der Leser allein eingebüßt hätten; ich allein ge-
wonnen hätte, so, daß ich diesen Gedanken fahren ließ. Jch führ ihn aber doch
an, um meine Leser in Absicht auf die Ordnung des Werkes nichts Vollstän-
diges erwarten zu lassen. Der Plan, den ich mir seither oft vorzeichnete, hat
sich durch immer neue unvorgesehene Ereignisse so oft verändert, daß ich vor
Vollendung des Werkes dem Leser kaum etwas vorlegen darf, das als Plan
angesehen werden könnte. Auch kann ich nicht einmal alle die Materien be-
stimmt genug nennen, womit ich meine Leser unterhalten werde. Was und wie
viel in jeden Band kommen, wie viel Bände das Werk ausmachen werde,
das läßt sich itzo schlechterdings nicht bestimmen. Je nach dem mir Gesundheit,
Muße, Kraft und Lust vergönnt werden wird; je nach dem meine Versuche dem
Publikum gefällig und nützlich seyn werden, werd ich mich ausbreiten, oder ein-
schränken. Sehr vermuthlich aber werden vier Bände das Wenigste seyn, was
ich versprechen oder dräuen kann. --

Jch werde mit einigen vorbereitenden Abhandlungen den Anfang ma-
chen; und Verschiedenes, das in denselben behauptet werden wird, mit Zeich-

nun-
Zugabe zur Vorrede.
Etwas uͤber den Plan und Jnnhalt dieſes Werkes.

Man weiß es ſchon, daß ich weder Luſt, noch Kraft habe, eine Phyſiogno-
mik, oder irgend eine Art von phyſiognomiſchem Syſtem zu ſchreiben; — daß
ich nur Fragmente zu liefern gedenke, die unter ſich eben keine Verbindung
haben, und kein Ganzes ausmachen werden. Um alle Erwartung von ir-
gend etwas Ganzem, Zuſammenhaͤngendem, ganz zu zernichten, und mir zu-
gleich die oft ſo beſchwerliche Muͤhe einer leicht uͤberſchaubaren Rangordnung
der Materien zu erſparen — war mein erſter Gedanke, dieß Werk in Form
eines Wochenblattes herauszugeben. Es fanden ſich aber nachher Schwierig-
keiten, wobey der Verleger und der Leſer allein eingebuͤßt haͤtten; ich allein ge-
wonnen haͤtte, ſo, daß ich dieſen Gedanken fahren ließ. Jch fuͤhr ihn aber doch
an, um meine Leſer in Abſicht auf die Ordnung des Werkes nichts Vollſtaͤn-
diges erwarten zu laſſen. Der Plan, den ich mir ſeither oft vorzeichnete, hat
ſich durch immer neue unvorgeſehene Ereigniſſe ſo oft veraͤndert, daß ich vor
Vollendung des Werkes dem Leſer kaum etwas vorlegen darf, das als Plan
angeſehen werden koͤnnte. Auch kann ich nicht einmal alle die Materien be-
ſtimmt genug nennen, womit ich meine Leſer unterhalten werde. Was und wie
viel in jeden Band kommen, wie viel Baͤnde das Werk ausmachen werde,
das laͤßt ſich itzo ſchlechterdings nicht beſtimmen. Je nach dem mir Geſundheit,
Muße, Kraft und Luſt vergoͤnnt werden wird; je nach dem meine Verſuche dem
Publikum gefaͤllig und nuͤtzlich ſeyn werden, werd ich mich ausbreiten, oder ein-
ſchraͤnken. Sehr vermuthlich aber werden vier Baͤnde das Wenigſte ſeyn, was
ich verſprechen oder draͤuen kann. —

Jch werde mit einigen vorbereitenden Abhandlungen den Anfang ma-
chen; und Verſchiedenes, das in denſelben behauptet werden wird, mit Zeich-

nun-
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div type="preface" n="1">
        <pb facs="#f0019"/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#b">Zugabe zur Vorrede.</hi><lb/>
Etwas u&#x0364;ber den Plan und Jnnhalt die&#x017F;es Werkes.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">M</hi>an weiß es &#x017F;chon, daß ich weder Lu&#x017F;t, noch Kraft habe, eine Phy&#x017F;iogno-<lb/>
mik, oder irgend eine Art von phy&#x017F;iognomi&#x017F;chem Sy&#x017F;tem zu &#x017F;chreiben; &#x2014; daß<lb/>
ich nur Fragmente zu liefern gedenke, die unter &#x017F;ich eben keine Verbindung<lb/>
haben, und kein Ganzes ausmachen werden. Um alle Erwartung von ir-<lb/>
gend etwas Ganzem, Zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngendem, ganz zu zernichten, und mir zu-<lb/>
gleich die oft &#x017F;o be&#x017F;chwerliche Mu&#x0364;he einer leicht u&#x0364;ber&#x017F;chaubaren Rangordnung<lb/>
der Materien zu er&#x017F;paren &#x2014; war mein er&#x017F;ter Gedanke, dieß Werk in Form<lb/>
eines Wochenblattes herauszugeben. Es fanden &#x017F;ich aber nachher Schwierig-<lb/>
keiten, wobey der Verleger und der Le&#x017F;er allein eingebu&#x0364;ßt ha&#x0364;tten; ich allein ge-<lb/>
wonnen ha&#x0364;tte, &#x017F;o, daß ich die&#x017F;en Gedanken fahren ließ. Jch fu&#x0364;hr ihn aber doch<lb/>
an, um meine Le&#x017F;er in Ab&#x017F;icht auf die <hi rendition="#fr">Ordnung</hi> des Werkes nichts Voll&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
diges erwarten zu la&#x017F;&#x017F;en. Der Plan, den ich mir &#x017F;either oft vorzeichnete, hat<lb/>
&#x017F;ich durch immer neue unvorge&#x017F;ehene Ereigni&#x017F;&#x017F;e &#x017F;o oft vera&#x0364;ndert, daß ich vor<lb/>
Vollendung des Werkes dem Le&#x017F;er kaum etwas vorlegen darf, das als Plan<lb/>
ange&#x017F;ehen werden ko&#x0364;nnte. Auch kann ich nicht einmal alle die Materien be-<lb/>
&#x017F;timmt genug nennen, womit ich meine Le&#x017F;er unterhalten werde. Was und wie<lb/>
viel in jeden Band kommen, wie viel Ba&#x0364;nde das Werk ausmachen werde,<lb/>
das la&#x0364;ßt &#x017F;ich itzo &#x017F;chlechterdings nicht be&#x017F;timmen. Je nach dem mir Ge&#x017F;undheit,<lb/>
Muße, Kraft und Lu&#x017F;t vergo&#x0364;nnt werden wird; je nach dem meine Ver&#x017F;uche dem<lb/>
Publikum gefa&#x0364;llig und nu&#x0364;tzlich &#x017F;eyn werden, werd ich mich ausbreiten, oder ein-<lb/>
&#x017F;chra&#x0364;nken. Sehr vermuthlich aber werden vier Ba&#x0364;nde das Wenig&#x017F;te &#x017F;eyn, was<lb/>
ich ver&#x017F;prechen oder dra&#x0364;uen kann. &#x2014;</p><lb/>
          <p>Jch werde mit einigen vorbereitenden Abhandlungen den Anfang ma-<lb/>
chen; und Ver&#x017F;chiedenes, das in den&#x017F;elben behauptet werden wird, mit Zeich-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nun-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0019] Zugabe zur Vorrede. Etwas uͤber den Plan und Jnnhalt dieſes Werkes. Man weiß es ſchon, daß ich weder Luſt, noch Kraft habe, eine Phyſiogno- mik, oder irgend eine Art von phyſiognomiſchem Syſtem zu ſchreiben; — daß ich nur Fragmente zu liefern gedenke, die unter ſich eben keine Verbindung haben, und kein Ganzes ausmachen werden. Um alle Erwartung von ir- gend etwas Ganzem, Zuſammenhaͤngendem, ganz zu zernichten, und mir zu- gleich die oft ſo beſchwerliche Muͤhe einer leicht uͤberſchaubaren Rangordnung der Materien zu erſparen — war mein erſter Gedanke, dieß Werk in Form eines Wochenblattes herauszugeben. Es fanden ſich aber nachher Schwierig- keiten, wobey der Verleger und der Leſer allein eingebuͤßt haͤtten; ich allein ge- wonnen haͤtte, ſo, daß ich dieſen Gedanken fahren ließ. Jch fuͤhr ihn aber doch an, um meine Leſer in Abſicht auf die Ordnung des Werkes nichts Vollſtaͤn- diges erwarten zu laſſen. Der Plan, den ich mir ſeither oft vorzeichnete, hat ſich durch immer neue unvorgeſehene Ereigniſſe ſo oft veraͤndert, daß ich vor Vollendung des Werkes dem Leſer kaum etwas vorlegen darf, das als Plan angeſehen werden koͤnnte. Auch kann ich nicht einmal alle die Materien be- ſtimmt genug nennen, womit ich meine Leſer unterhalten werde. Was und wie viel in jeden Band kommen, wie viel Baͤnde das Werk ausmachen werde, das laͤßt ſich itzo ſchlechterdings nicht beſtimmen. Je nach dem mir Geſundheit, Muße, Kraft und Luſt vergoͤnnt werden wird; je nach dem meine Verſuche dem Publikum gefaͤllig und nuͤtzlich ſeyn werden, werd ich mich ausbreiten, oder ein- ſchraͤnken. Sehr vermuthlich aber werden vier Baͤnde das Wenigſte ſeyn, was ich verſprechen oder draͤuen kann. — Jch werde mit einigen vorbereitenden Abhandlungen den Anfang ma- chen; und Verſchiedenes, das in denſelben behauptet werden wird, mit Zeich- nun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/19
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/19>, abgerufen am 03.12.2024.