Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
zur Prüfung des physiognomischen Genies.

Der untere Umriß des verschlossenen Auges ist noch etwas schlechter, als in der ersten Fi-
gur, weil er härter und hinten weniger gebogen ist.

Der etwas breitere, ununterbrochene Schatten unter dem Auge, der weniger hart ist, als
in der ersten Figur, scheint mir um etwas vorzüglich.

Der äußerste Umriß der Spitze der Nase ist hier etwas weniger stumpf, und scheint noch
etwas mehr Verstand und Gemüthsfestigkeit auszudrücken.

Die Oberlippe hingegen ist weniger wellenförmig und bestimmt, und verliert daher im
Ausdrucke merklich.

Der Mund ist etwas kürzer, mithin von vorne anzusehen schmäler, zugleich ist die Ober-
lippe weniger hart; dieß giebt ihm mehr Jungfräulichkeit.

Allein die durch die Gewalt des Aezwassers gewirkte Härte und Schwärze zwischen
beyden Lippen benimmt ihm alle Anmuth.

Etwas weniger hart und abgeschnitten ist die untere Kinnlade -- aber der ganze Un-
tertheil des Gesichtes ist deswegen weder merklich schöner, noch bedeutsamer.

[Abbildung]

L. Ein
D d 2
zur Pruͤfung des phyſiognomiſchen Genies.

Der untere Umriß des verſchloſſenen Auges iſt noch etwas ſchlechter, als in der erſten Fi-
gur, weil er haͤrter und hinten weniger gebogen iſt.

Der etwas breitere, ununterbrochene Schatten unter dem Auge, der weniger hart iſt, als
in der erſten Figur, ſcheint mir um etwas vorzuͤglich.

Der aͤußerſte Umriß der Spitze der Naſe iſt hier etwas weniger ſtumpf, und ſcheint noch
etwas mehr Verſtand und Gemuͤthsfeſtigkeit auszudruͤcken.

Die Oberlippe hingegen iſt weniger wellenfoͤrmig und beſtimmt, und verliert daher im
Ausdrucke merklich.

Der Mund iſt etwas kuͤrzer, mithin von vorne anzuſehen ſchmaͤler, zugleich iſt die Ober-
lippe weniger hart; dieß giebt ihm mehr Jungfraͤulichkeit.

Allein die durch die Gewalt des Aezwaſſers gewirkte Haͤrte und Schwaͤrze zwiſchen
beyden Lippen benimmt ihm alle Anmuth.

Etwas weniger hart und abgeſchnitten iſt die untere Kinnlade — aber der ganze Un-
tertheil des Geſichtes iſt deswegen weder merklich ſchoͤner, noch bedeutſamer.

[Abbildung]

L. Ein
D d 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0291" n="203"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">zur Pru&#x0364;fung des phy&#x017F;iognomi&#x017F;chen Genies.</hi> </fw><lb/>
            <p>Der untere Umriß des ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Auges i&#x017F;t noch etwas &#x017F;chlechter, als in der er&#x017F;ten Fi-<lb/>
gur, weil er ha&#x0364;rter und hinten weniger gebogen i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Der etwas breitere, ununterbrochene Schatten unter dem Auge, der weniger hart i&#x017F;t, als<lb/>
in der er&#x017F;ten Figur, &#x017F;cheint mir um etwas vorzu&#x0364;glich.</p><lb/>
            <p>Der a&#x0364;ußer&#x017F;te Umriß der Spitze der Na&#x017F;e i&#x017F;t hier etwas weniger &#x017F;tumpf, und &#x017F;cheint noch<lb/>
etwas mehr Ver&#x017F;tand und Gemu&#x0364;thsfe&#x017F;tigkeit auszudru&#x0364;cken.</p><lb/>
            <p>Die Oberlippe hingegen i&#x017F;t weniger wellenfo&#x0364;rmig und be&#x017F;timmt, und verliert daher im<lb/>
Ausdrucke merklich.</p><lb/>
            <p>Der Mund i&#x017F;t etwas ku&#x0364;rzer, mithin von vorne anzu&#x017F;ehen &#x017F;chma&#x0364;ler, zugleich i&#x017F;t die Ober-<lb/>
lippe weniger hart; dieß giebt ihm mehr Jungfra&#x0364;ulichkeit.</p><lb/>
            <p>Allein die durch die Gewalt des Aezwa&#x017F;&#x017F;ers gewirkte Ha&#x0364;rte und Schwa&#x0364;rze zwi&#x017F;chen<lb/>
beyden Lippen benimmt ihm alle Anmuth.</p><lb/>
            <p>Etwas weniger hart und abge&#x017F;chnitten i&#x017F;t die untere Kinnlade &#x2014; aber der ganze Un-<lb/>
tertheil des Ge&#x017F;ichtes i&#x017F;t deswegen weder merklich &#x017F;cho&#x0364;ner, noch bedeut&#x017F;amer.</p><lb/>
            <figure/>
          </div>
          <fw place="bottom" type="sig">D d 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">L.</hi> <hi rendition="#b">Ein</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[203/0291] zur Pruͤfung des phyſiognomiſchen Genies. Der untere Umriß des verſchloſſenen Auges iſt noch etwas ſchlechter, als in der erſten Fi- gur, weil er haͤrter und hinten weniger gebogen iſt. Der etwas breitere, ununterbrochene Schatten unter dem Auge, der weniger hart iſt, als in der erſten Figur, ſcheint mir um etwas vorzuͤglich. Der aͤußerſte Umriß der Spitze der Naſe iſt hier etwas weniger ſtumpf, und ſcheint noch etwas mehr Verſtand und Gemuͤthsfeſtigkeit auszudruͤcken. Die Oberlippe hingegen iſt weniger wellenfoͤrmig und beſtimmt, und verliert daher im Ausdrucke merklich. Der Mund iſt etwas kuͤrzer, mithin von vorne anzuſehen ſchmaͤler, zugleich iſt die Ober- lippe weniger hart; dieß giebt ihm mehr Jungfraͤulichkeit. Allein die durch die Gewalt des Aezwaſſers gewirkte Haͤrte und Schwaͤrze zwiſchen beyden Lippen benimmt ihm alle Anmuth. Etwas weniger hart und abgeſchnitten iſt die untere Kinnlade — aber der ganze Un- tertheil des Geſichtes iſt deswegen weder merklich ſchoͤner, noch bedeutſamer. [Abbildung] L. Ein D d 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/291
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente01_1775/291>, abgerufen am 25.11.2024.