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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

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XIV. Fragment. Von Kinderschädeln.
besonders gegen und über der Nase, noch nicht ausgebildet. Die Nasenbeine sind bey ihrer
Vereinigung ungemein scharf; der Kiefer unvollkommen. Noch fehlen die Backenzähne. Die
Zahnzellen sind stark hervorragend; besonders merklich sind die bey der ersten Figur noch im Un-
terkiefer verborgenen Zähne der einen Seite. An den Joch- und Schlafbeinen, und ihren Fort-
sätzen, auch am Unterkiefer ist wenig Festigkeit und Stärke. Die zitzenförmigen Fortsätze feh-
len. Das Kinn ist sehr spitzig und stark zurückstehend. Bey der Vereinigung der zwey Haupt-
stücke des Unterkiefers entsteht sonst bey einigen untenher das Grübchen im Kinne, welches,
wenn ich nicht irre, öfters dem weiblichen Geschlechte mangelt; weil dasselbe größtentheils ein
runderes Kinn hat.

Sonderbar scheint mir in der zweyten obern Figur der bogenförmige Umriß von der Na-
senhöhle bis zur Kinnspitze. -- Jch vermuthe, dieser Kopf, wenn er ausgewachsen wäre, hätte
ein verständiges, geschwätziges Weibchen gegeben.

Von den zwo untern Abbildungen, die von 5. und 4. monatlichen Kindern sind, weiß
ich, ausser der merklichen Unvollkommenheit aller Knochen, besonders der Schlafbeine und der
beyden Kiefer, weiter nichts mehr zu sagen. Wie schwach ist da noch der Unterkiefer?

Die Natur eilt in ihrer Ausbildung nach Maaßgabe der Bedürfnisse; das ist alles, was
ich daraus sehe.

XIII.
Von einigen andern Arten, die Schädel zu beobachten.

Fünfte Tafel. E.
Ein Stück von einem Schädel aufm Rücken liegend.

Zur Erweiterung und näherer Bestimmung physiognomischer Kenntnisse bemerke man
die menschlichen Schädel in allerley Lagen, und besonders auch in derjenigen, die wir auf der Ta-
fel E dem Leser vorlegen. -- -- Man bemerke zuvörderst --

Die

XIV. Fragment. Von Kinderſchaͤdeln.
beſonders gegen und uͤber der Naſe, noch nicht ausgebildet. Die Naſenbeine ſind bey ihrer
Vereinigung ungemein ſcharf; der Kiefer unvollkommen. Noch fehlen die Backenzaͤhne. Die
Zahnzellen ſind ſtark hervorragend; beſonders merklich ſind die bey der erſten Figur noch im Un-
terkiefer verborgenen Zaͤhne der einen Seite. An den Joch- und Schlafbeinen, und ihren Fort-
ſaͤtzen, auch am Unterkiefer iſt wenig Feſtigkeit und Staͤrke. Die zitzenfoͤrmigen Fortſaͤtze feh-
len. Das Kinn iſt ſehr ſpitzig und ſtark zuruͤckſtehend. Bey der Vereinigung der zwey Haupt-
ſtuͤcke des Unterkiefers entſteht ſonſt bey einigen untenher das Gruͤbchen im Kinne, welches,
wenn ich nicht irre, oͤfters dem weiblichen Geſchlechte mangelt; weil daſſelbe groͤßtentheils ein
runderes Kinn hat.

Sonderbar ſcheint mir in der zweyten obern Figur der bogenfoͤrmige Umriß von der Na-
ſenhoͤhle bis zur Kinnſpitze. — Jch vermuthe, dieſer Kopf, wenn er ausgewachſen waͤre, haͤtte
ein verſtaͤndiges, geſchwaͤtziges Weibchen gegeben.

Von den zwo untern Abbildungen, die von 5. und 4. monatlichen Kindern ſind, weiß
ich, auſſer der merklichen Unvollkommenheit aller Knochen, beſonders der Schlafbeine und der
beyden Kiefer, weiter nichts mehr zu ſagen. Wie ſchwach iſt da noch der Unterkiefer?

Die Natur eilt in ihrer Ausbildung nach Maaßgabe der Beduͤrfniſſe; das iſt alles, was
ich daraus ſehe.

XIII.
Von einigen andern Arten, die Schaͤdel zu beobachten.

Fuͤnfte Tafel. E.
Ein Stuͤck von einem Schaͤdel aufm Ruͤcken liegend.

Zur Erweiterung und naͤherer Beſtimmung phyſiognomiſcher Kenntniſſe bemerke man
die menſchlichen Schaͤdel in allerley Lagen, und beſonders auch in derjenigen, die wir auf der Ta-
fel E dem Leſer vorlegen. — — Man bemerke zuvoͤrderſt

Die
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[167/0237] XIV. Fragment. Von Kinderſchaͤdeln. beſonders gegen und uͤber der Naſe, noch nicht ausgebildet. Die Naſenbeine ſind bey ihrer Vereinigung ungemein ſcharf; der Kiefer unvollkommen. Noch fehlen die Backenzaͤhne. Die Zahnzellen ſind ſtark hervorragend; beſonders merklich ſind die bey der erſten Figur noch im Un- terkiefer verborgenen Zaͤhne der einen Seite. An den Joch- und Schlafbeinen, und ihren Fort- ſaͤtzen, auch am Unterkiefer iſt wenig Feſtigkeit und Staͤrke. Die zitzenfoͤrmigen Fortſaͤtze feh- len. Das Kinn iſt ſehr ſpitzig und ſtark zuruͤckſtehend. Bey der Vereinigung der zwey Haupt- ſtuͤcke des Unterkiefers entſteht ſonſt bey einigen untenher das Gruͤbchen im Kinne, welches, wenn ich nicht irre, oͤfters dem weiblichen Geſchlechte mangelt; weil daſſelbe groͤßtentheils ein runderes Kinn hat. Sonderbar ſcheint mir in der zweyten obern Figur der bogenfoͤrmige Umriß von der Na- ſenhoͤhle bis zur Kinnſpitze. — Jch vermuthe, dieſer Kopf, wenn er ausgewachſen waͤre, haͤtte ein verſtaͤndiges, geſchwaͤtziges Weibchen gegeben. Von den zwo untern Abbildungen, die von 5. und 4. monatlichen Kindern ſind, weiß ich, auſſer der merklichen Unvollkommenheit aller Knochen, beſonders der Schlafbeine und der beyden Kiefer, weiter nichts mehr zu ſagen. Wie ſchwach iſt da noch der Unterkiefer? Die Natur eilt in ihrer Ausbildung nach Maaßgabe der Beduͤrfniſſe; das iſt alles, was ich daraus ſehe. XIII. Von einigen andern Arten, die Schaͤdel zu beobachten. Fuͤnfte Tafel. E. Ein Stuͤck von einem Schaͤdel aufm Ruͤcken liegend. Zur Erweiterung und naͤherer Beſtimmung phyſiognomiſcher Kenntniſſe bemerke man die menſchlichen Schaͤdel in allerley Lagen, und beſonders auch in derjenigen, die wir auf der Ta- fel E dem Leſer vorlegen. — — Man bemerke zuvoͤrderſt — Die

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/237>, abgerufen am 24.11.2024.