Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

Bild:
<< vorherige Seite

XXII. Fragment.
die Stirn -- schön und männlich, besonders im Originale, die Augenbraunen; voll Adel und
Sinn und Kraft der Raum zwischen den Augen, den Rücken der Nase hinab. Die Augen im
Originale herrlich, aber dort wie in unserer Copie gedankenlos, thatenlos, hinstaunend. Das
Nasenloch im Originale und der Copie unerträglich. Die Unterlippe zu plump und fade. Das
kurze Kinn und der untere Umriß des Backens sehr gemein.

Sechste Tafel.
Kaiser Friedrich der IV.

Klugheit und Mannheit in Stirn und Nase; Güte und Friedensliebe im Munde; Unterlippe
und Kinn roh, gemein, und (ohne das Unterkinn betrachtet) schwächlich. Jm Auge, besonders
in der scharfen Höhle, in die sich das obere Auglied verschiebt, oder endigt -- Größe und Ver-
standeskraft, die aber durch den vermuthlich viel zu harten Umriß des untern Augenliedes sehr ge-
schwächt wird.

Siebente Tafel.
Wilhelm, Graf zu Nassau.

Ein Mannsgesicht nach meinem Herzen, besonders im Originale. Die Stirn, Stirn des gesun-
den, reifen, wackern Menschenverstandes. Das linke Auge etwas verzeichnet; das rechte --
Buchstabe festen, cultivirten, männlichen Sinnes. So die Nase, besonders oben beym Auge.
Jn der Mittellinie des Mundes Mannheit, ohn' allen Zusatz von Weiblichkeit, und stolzem Manns-
trutz, aber nicht ohne Kraft, zu trutzen und zu verachten.

Achte Tafel.
Ernst, Graf zu Mannsfeld.

Wieder ein Mann von Rath und That. Umriß der Stirn bis zum Auge -- Uebergang
von der linken Augbraune zur Nase, Buchstabe von unternehmender Klugheit. -- Verstand,
der an Genie gränzt, im Blicke der Augen, besonders des rechten. Jm Munde Entschlossenheit,
Muth, Stolz -- Stolz im Gefühl innerer Kraft ist der Ausdruck des Ganzen.

Neunte

XXII. Fragment.
die Stirn — ſchoͤn und maͤnnlich, beſonders im Originale, die Augenbraunen; voll Adel und
Sinn und Kraft der Raum zwiſchen den Augen, den Ruͤcken der Naſe hinab. Die Augen im
Originale herrlich, aber dort wie in unſerer Copie gedankenlos, thatenlos, hinſtaunend. Das
Naſenloch im Originale und der Copie unertraͤglich. Die Unterlippe zu plump und fade. Das
kurze Kinn und der untere Umriß des Backens ſehr gemein.

Sechste Tafel.
Kaiſer Friedrich der IV.

Klugheit und Mannheit in Stirn und Naſe; Guͤte und Friedensliebe im Munde; Unterlippe
und Kinn roh, gemein, und (ohne das Unterkinn betrachtet) ſchwaͤchlich. Jm Auge, beſonders
in der ſcharfen Hoͤhle, in die ſich das obere Auglied verſchiebt, oder endigt — Groͤße und Ver-
ſtandeskraft, die aber durch den vermuthlich viel zu harten Umriß des untern Augenliedes ſehr ge-
ſchwaͤcht wird.

Siebente Tafel.
Wilhelm, Graf zu Naſſau.

Ein Mannsgeſicht nach meinem Herzen, beſonders im Originale. Die Stirn, Stirn des geſun-
den, reifen, wackern Menſchenverſtandes. Das linke Auge etwas verzeichnet; das rechte —
Buchſtabe feſten, cultivirten, maͤnnlichen Sinnes. So die Naſe, beſonders oben beym Auge.
Jn der Mittellinie des Mundes Mannheit, ohn’ allen Zuſatz von Weiblichkeit, und ſtolzem Manns-
trutz, aber nicht ohne Kraft, zu trutzen und zu verachten.

Achte Tafel.
Ernſt, Graf zu Mannsfeld.

Wieder ein Mann von Rath und That. Umriß der Stirn bis zum Auge — Uebergang
von der linken Augbraune zur Naſe, Buchſtabe von unternehmender Klugheit. — Verſtand,
der an Genie graͤnzt, im Blicke der Augen, beſonders des rechten. Jm Munde Entſchloſſenheit,
Muth, Stolz — Stolz im Gefuͤhl innerer Kraft iſt der Ausdruck des Ganzen.

Neunte
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0312" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g"><hi rendition="#aq">XXII.</hi> Fragment.</hi></hi></fw><lb/>
die Stirn &#x2014; &#x017F;cho&#x0364;n und ma&#x0364;nnlich, be&#x017F;onders im Originale, die Augenbraunen; voll Adel und<lb/>
Sinn und Kraft der Raum zwi&#x017F;chen den Augen, den Ru&#x0364;cken der Na&#x017F;e hinab. Die Augen im<lb/>
Originale herrlich, aber dort wie in un&#x017F;erer Copie gedankenlos, thatenlos, hin&#x017F;taunend. Das<lb/>
Na&#x017F;enloch im Originale und der Copie unertra&#x0364;glich. Die Unterlippe zu plump und fade. Das<lb/>
kurze Kinn und der untere Umriß des Backens &#x017F;ehr gemein.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#fr">Sechste Tafel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Kai&#x017F;er Friedrich der <hi rendition="#aq">IV.</hi></hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">K</hi>lugheit und Mannheit in Stirn und Na&#x017F;e; Gu&#x0364;te und Friedensliebe im Munde; Unterlippe<lb/>
und Kinn roh, gemein, und (ohne das Unterkinn betrachtet) &#x017F;chwa&#x0364;chlich. Jm Auge, be&#x017F;onders<lb/>
in der &#x017F;charfen Ho&#x0364;hle, in die &#x017F;ich das obere Auglied ver&#x017F;chiebt, oder endigt &#x2014; Gro&#x0364;ße und Ver-<lb/>
&#x017F;tandeskraft, die aber durch den vermuthlich viel zu harten Umriß des untern Augenliedes &#x017F;ehr ge-<lb/>
&#x017F;chwa&#x0364;cht wird.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#fr">Siebente Tafel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Wilhelm, Graf zu Na&#x017F;&#x017F;au.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">E</hi>in Mannsge&#x017F;icht nach meinem Herzen, be&#x017F;onders im Originale. Die Stirn, Stirn des ge&#x017F;un-<lb/>
den, reifen, wackern Men&#x017F;chenver&#x017F;tandes. Das linke Auge etwas verzeichnet; das rechte &#x2014;<lb/>
Buch&#x017F;tabe fe&#x017F;ten, cultivirten, ma&#x0364;nnlichen Sinnes. So die Na&#x017F;e, be&#x017F;onders oben beym Auge.<lb/>
Jn der Mittellinie des Mundes Mannheit, ohn&#x2019; allen Zu&#x017F;atz von Weiblichkeit, und &#x017F;tolzem Manns-<lb/>
trutz, aber nicht ohne Kraft, zu trutzen und zu verachten.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#fr">Achte Tafel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Ern&#x017F;t, Graf zu Mannsfeld.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">W</hi>ieder ein Mann von Rath und That. Umriß der Stirn bis zum Auge &#x2014; Uebergang<lb/>
von der linken Augbraune zur Na&#x017F;e, Buch&#x017F;tabe von <hi rendition="#fr">unternehmender Klugheit.</hi> &#x2014; Ver&#x017F;tand,<lb/>
der an Genie gra&#x0364;nzt, im Blicke der Augen, be&#x017F;onders des rechten. Jm Munde Ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enheit,<lb/>
Muth, Stolz &#x2014; Stolz im Gefu&#x0364;hl innerer Kraft i&#x017F;t der Ausdruck des Ganzen.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Neunte</hi> </fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[202/0312] XXII. Fragment. die Stirn — ſchoͤn und maͤnnlich, beſonders im Originale, die Augenbraunen; voll Adel und Sinn und Kraft der Raum zwiſchen den Augen, den Ruͤcken der Naſe hinab. Die Augen im Originale herrlich, aber dort wie in unſerer Copie gedankenlos, thatenlos, hinſtaunend. Das Naſenloch im Originale und der Copie unertraͤglich. Die Unterlippe zu plump und fade. Das kurze Kinn und der untere Umriß des Backens ſehr gemein. Sechste Tafel. Kaiſer Friedrich der IV. Klugheit und Mannheit in Stirn und Naſe; Guͤte und Friedensliebe im Munde; Unterlippe und Kinn roh, gemein, und (ohne das Unterkinn betrachtet) ſchwaͤchlich. Jm Auge, beſonders in der ſcharfen Hoͤhle, in die ſich das obere Auglied verſchiebt, oder endigt — Groͤße und Ver- ſtandeskraft, die aber durch den vermuthlich viel zu harten Umriß des untern Augenliedes ſehr ge- ſchwaͤcht wird. Siebente Tafel. Wilhelm, Graf zu Naſſau. Ein Mannsgeſicht nach meinem Herzen, beſonders im Originale. Die Stirn, Stirn des geſun- den, reifen, wackern Menſchenverſtandes. Das linke Auge etwas verzeichnet; das rechte — Buchſtabe feſten, cultivirten, maͤnnlichen Sinnes. So die Naſe, beſonders oben beym Auge. Jn der Mittellinie des Mundes Mannheit, ohn’ allen Zuſatz von Weiblichkeit, und ſtolzem Manns- trutz, aber nicht ohne Kraft, zu trutzen und zu verachten. Achte Tafel. Ernſt, Graf zu Mannsfeld. Wieder ein Mann von Rath und That. Umriß der Stirn bis zum Auge — Uebergang von der linken Augbraune zur Naſe, Buchſtabe von unternehmender Klugheit. — Verſtand, der an Genie graͤnzt, im Blicke der Augen, beſonders des rechten. Jm Munde Entſchloſſenheit, Muth, Stolz — Stolz im Gefuͤhl innerer Kraft iſt der Ausdruck des Ganzen. Neunte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/312
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 202. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/312>, abgerufen am 22.11.2024.