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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Jugendliche Gesichter.
10. Der mittlere Theil des Profils zu kurz; Stirn und Ober- und Hinterhaupt nichts
weniger, als gemein. Kalte Güte mit etwas Witz tingirt im Mund und Oberlippe.
11. Verzeih's dem Zeichner, gutes Kind, wer du seyn magst, ich kenne dich nicht, und
von allen deinen 24. Gespielen auf diesem Blatte keins -- verzeih's ihm, daß er dich so Seelen-
los gut zeichnete.
12. Wenn das, was der Hut deckt, nicht weiser ist, als das, was gesehen wird, so list
die gewiß in ihrem Leben nie kein Heldengedicht, wohl aber den Calender. Der Mund allein,
herausgeschnitten, könnte leicht in einem großen Gesichte stehen.
13. Wie doch die Schiefheit der Stirne dem sonst so sanften, guten, aufmerksamen Ge-
sichte so wehe thut!
14. Kindheit und Frauheit zusammengeflickt. Die Frau guckt durch den Mund.
15. Gut und schläfrig.
16. Von dem hat weder der Gute Gutes, noch der Böse Böses zu erwarten. Er wird
leicht erschreckt werden, gewiß nie erschrecken.
17. Verschlagen und hartnäckig.
18. Ein herzgutes, heiteres, unschuldiges Gesicht, das wenig zerstören und bauen wird.
19. Jst gewiß nach keinem gemeinen Gesichte, obgleich nun beynah alles gemein geworden.
20. Das Profil an sich nicht gemein. Aber der Untertheil zu lang. Das sonst denkende
Auge wieder an der Nase zu nah. Sonst scheint etwas hartes aus diesem Gesichte.
21. Wenn das kein beredtes Weib giebt! .. und was alles damit verbunden ist. Doch in
der Form des Profils -- etwas ungemeines.
22. Gut-
S 3
Jugendliche Geſichter.
10. Der mittlere Theil des Profils zu kurz; Stirn und Ober- und Hinterhaupt nichts
weniger, als gemein. Kalte Guͤte mit etwas Witz tingirt im Mund und Oberlippe.
11. Verzeih’s dem Zeichner, gutes Kind, wer du ſeyn magſt, ich kenne dich nicht, und
von allen deinen 24. Geſpielen auf dieſem Blatte keins — verzeih’s ihm, daß er dich ſo Seelen-
los gut zeichnete.
12. Wenn das, was der Hut deckt, nicht weiſer iſt, als das, was geſehen wird, ſo liſt
die gewiß in ihrem Leben nie kein Heldengedicht, wohl aber den Calender. Der Mund allein,
herausgeſchnitten, koͤnnte leicht in einem großen Geſichte ſtehen.
13. Wie doch die Schiefheit der Stirne dem ſonſt ſo ſanften, guten, aufmerkſamen Ge-
ſichte ſo wehe thut!
14. Kindheit und Frauheit zuſammengeflickt. Die Frau guckt durch den Mund.
15. Gut und ſchlaͤfrig.
16. Von dem hat weder der Gute Gutes, noch der Boͤſe Boͤſes zu erwarten. Er wird
leicht erſchreckt werden, gewiß nie erſchrecken.
17. Verſchlagen und hartnaͤckig.
18. Ein herzgutes, heiteres, unſchuldiges Geſicht, das wenig zerſtoͤren und bauen wird.
19. Jſt gewiß nach keinem gemeinen Geſichte, obgleich nun beynah alles gemein geworden.
20. Das Profil an ſich nicht gemein. Aber der Untertheil zu lang. Das ſonſt denkende
Auge wieder an der Naſe zu nah. Sonſt ſcheint etwas hartes aus dieſem Geſichte.
21. Wenn das kein beredtes Weib giebt! .. und was alles damit verbunden iſt. Doch in
der Form des Profils — etwas ungemeines.
22. Gut-
S 3
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[141/0223] Jugendliche Geſichter. 10. Der mittlere Theil des Profils zu kurz; Stirn und Ober- und Hinterhaupt nichts weniger, als gemein. Kalte Guͤte mit etwas Witz tingirt im Mund und Oberlippe. 11. Verzeih’s dem Zeichner, gutes Kind, wer du ſeyn magſt, ich kenne dich nicht, und von allen deinen 24. Geſpielen auf dieſem Blatte keins — verzeih’s ihm, daß er dich ſo Seelen- los gut zeichnete. 12. Wenn das, was der Hut deckt, nicht weiſer iſt, als das, was geſehen wird, ſo liſt die gewiß in ihrem Leben nie kein Heldengedicht, wohl aber den Calender. Der Mund allein, herausgeſchnitten, koͤnnte leicht in einem großen Geſichte ſtehen. 13. Wie doch die Schiefheit der Stirne dem ſonſt ſo ſanften, guten, aufmerkſamen Ge- ſichte ſo wehe thut! 14. Kindheit und Frauheit zuſammengeflickt. Die Frau guckt durch den Mund. 15. Gut und ſchlaͤfrig. 16. Von dem hat weder der Gute Gutes, noch der Boͤſe Boͤſes zu erwarten. Er wird leicht erſchreckt werden, gewiß nie erſchrecken. 17. Verſchlagen und hartnaͤckig. 18. Ein herzgutes, heiteres, unſchuldiges Geſicht, das wenig zerſtoͤren und bauen wird. 19. Jſt gewiß nach keinem gemeinen Geſichte, obgleich nun beynah alles gemein geworden. 20. Das Profil an ſich nicht gemein. Aber der Untertheil zu lang. Das ſonſt denkende Auge wieder an der Naſe zu nah. Sonſt ſcheint etwas hartes aus dieſem Geſichte. 21. Wenn das kein beredtes Weib giebt! .. und was alles damit verbunden iſt. Doch in der Form des Profils — etwas ungemeines. 22. Gut- S 3

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/223>, abgerufen am 21.11.2024.