Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.Künstler. Jn allen seinen Werken, wo nur Anlaß dazu war, athmet der Geist des Weisen und des Jeder Zug von seiner Hand; die flüchtigste Zeichnung, auch nur eine geschlungene Schifer Jn seinem ganzen äußerlichen war er sehr simpel; den Ritterstern auf seinem Kleide sah Sein erstes tägliches Morgengeschäffte war den öffentlichen Gottesdienst zu besuchen -- Zu Hause war er immer beschäfftigt, und immer ohne Geschäffte, wenn ein Freund zu ihm Nie, sagte mir Herr D. Hotze, hab' ich den Greis so jugendlich froh gesehen, als wenn Er genoß die zärtlichsten Freuden des häuslichen Glücks. Seine Kindeskinder spielten Ein Paar Monate vor seinem Ende reichte er mir, fährt mein Freund fort, den Abdruck Jn
Kuͤnſtler. Jn allen ſeinen Werken, wo nur Anlaß dazu war, athmet der Geiſt des Weiſen und des Jeder Zug von ſeiner Hand; die fluͤchtigſte Zeichnung, auch nur eine geſchlungene Schifer Jn ſeinem ganzen aͤußerlichen war er ſehr ſimpel; den Ritterſtern auf ſeinem Kleide ſah Sein erſtes taͤgliches Morgengeſchaͤffte war den oͤffentlichen Gottesdienſt zu beſuchen — Zu Hauſe war er immer beſchaͤfftigt, und immer ohne Geſchaͤffte, wenn ein Freund zu ihm Nie, ſagte mir Herr D. Hotze, hab’ ich den Greis ſo jugendlich froh geſehen, als wenn Er genoß die zaͤrtlichſten Freuden des haͤuslichen Gluͤcks. Seine Kindeskinder ſpielten Ein Paar Monate vor ſeinem Ende reichte er mir, faͤhrt mein Freund fort, den Abdruck Jn
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Kuͤnſtler.
Jn allen ſeinen Werken, wo nur Anlaß dazu war, athmet der Geiſt des Weiſen und des
Chriſten. Man erinnere ſich an die Reverſe zu ſeinen eigenen Koͤpfen; den Vorhang, hinter den
ſich der verſchließt, dem noſce te ipſum ein theures, heiliges Gotteswort iſt; — den Brennſpie-
gel, der Sonnenſtralen faßt, und ein Herz auf dem Altar entzuͤndet; das Deo gratias! Sein ſchwe-
diſches Lagom (ſchlecht und recht.)
Jeder Zug von ſeiner Hand; die fluͤchtigſte Zeichnung, auch nur eine geſchlungene Schifer
war Ausdruck ſeines Charakters, — Einfalt und Adel! Natur und Bedeutungsvolle ruhige Groͤße.
Jn ſeinem ganzen aͤußerlichen war er ſehr ſimpel; den Ritterſtern auf ſeinem Kleide ſah
man beynahe nie — Er trug ihn, wie Asmus ſagt, auf bloßer Bruſt.
Sein erſtes taͤgliches Morgengeſchaͤffte war den oͤffentlichen Gottesdienſt zu beſuchen —
weder rauhes Land, noch harter Winter, noch tiefer Schnee, noch heulender Sturm hielten den
ehrwuͤrdigen Greis davon ab.
Zu Hauſe war er immer beſchaͤfftigt, und immer ohne Geſchaͤffte, wenn ein Freund zu ihm
kam. O wie er den mit wallender Freud’ empfieng! Mit jenem unbeſchreiblich ſanften Laͤcheln,
das keiner, der nicht Menſchenfreund iſt, nachaͤffen kann, und das Liebe, Achtung und Vertrauen
auf den erſten Blick einfloͤßte.
Nie, ſagte mir Herr D. Hotze, hab’ ich den Greis ſo jugendlich froh geſehen, als wenn
von Juͤnglingen die Rede war, die in irgend einer Sphaͤre aus dem alltaͤglichen Handwerksgeleiſe
heraus traten, und etwas großes und nuͤtzliches zu wagen begannen.
Er genoß die zaͤrtlichſten Freuden des haͤuslichen Gluͤcks. Seine Kindeskinder ſpielten
um ihn her, daß es eine Luſt war. Nur in ſeinem letzten Lebensjahr entzog er ſich dieſer Geſell-
ſchaft. Man befragte ihn endlich darum; er ſagte: „Jch fuͤhle die Buͤrde des hoͤchſten Alters auf
„mir, und will nicht durch meinen Truͤbſinn eure Freuden verdunkeln.“ — Der Greis, der doch
lauter Heiterkeit und Liebe war!
Ein Paar Monate vor ſeinem Ende reichte er mir, faͤhrt mein Freund fort, den Abdruck
einer unvollendeten Medaille, mit den Worten: „dieß iſt meine letzte Arbeit — und mein Bild!“
Es war ein Todtenkopf mit der Unterſchrift Lagom. Nur Hedlinger wiſſen mit dem Gedanken
des Todes ſo vertraulich umzugehen.
Jn
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