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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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aus Kämpfers Abhandlung von den Temperamenten.
7.

"Es giebt nur vier Hauptarten von Blicken, welche sehr weit von einander unterschieden
"sind: Einen feurigen nämlich -- einen schläfrigen, einen stäten und einen unstäten." -- Die
Probe aller allgemeinen Sätze ist die Anwendung derselben auf vorkommende Fälle. Wendet jede
physiognomische Behauptung nur sogleich auf bekannte Jndividua, auf Gesichter von Freunden
oder Feinden an -- und ihr werdet -- die Wahrheit oder Unwahrheit, Bestimmtheit oder Nicht-
bestimmtheit jeder Behauptung leicht bestimmen lernen. Laßt uns gerade mit dieser Behauptung
den Versuch machen -- und wir werden gewiß finden, daß es eine Menge Blicke giebt, die sich nicht
unter diese vier Hauptnamen fassen lassen. Z. E. der lichte Blick, der von dem feurigen ganz
verschieden ist, und weder stät ist wie der melancholische, noch unstät wie der sanguinische. Es
giebt einen Blick, der zugleich sehr schnell und sehr stät ist -- Er heftet und spießt durch, wenn ich
so sagen darf. So giebt's ruhig thätige Blicke, die weder cholerisch noch phlegmatisch sind.
Besser finde ich die Eintheilung in gebende -- oder nehmende -- gebende und nehmende zu-
gleich
-- oder intensife und extensife -- oder in untheilnehmende -- anziehende -- zurück-
prellende; überspannte, gespannte, abgespannte, treffende, untreffende, ruhende, blei-
bende, träge, offne, verschlossene, einfache, zusammengesetzte, gerade, verwirrte, kalte,
verliebte, weiche, feste, kühne, treue u. s. f.

Beynahe jeder dieser Blicke macht eine Hauptklasse aus -- wir wollen noch hin und wieder
Ein Wort davon sagen. -- Hier ein stäter, fester Blick eines weisen, aber nicht großen Mannes.

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Zehntes
aus Kaͤmpfers Abhandlung von den Temperamenten.
7.

„Es giebt nur vier Hauptarten von Blicken, welche ſehr weit von einander unterſchieden
„ſind: Einen feurigen naͤmlich — einen ſchlaͤfrigen, einen ſtaͤten und einen unſtaͤten.“ — Die
Probe aller allgemeinen Saͤtze iſt die Anwendung derſelben auf vorkommende Faͤlle. Wendet jede
phyſiognomiſche Behauptung nur ſogleich auf bekannte Jndividua, auf Geſichter von Freunden
oder Feinden an — und ihr werdet — die Wahrheit oder Unwahrheit, Beſtimmtheit oder Nicht-
beſtimmtheit jeder Behauptung leicht beſtimmen lernen. Laßt uns gerade mit dieſer Behauptung
den Verſuch machen — und wir werden gewiß finden, daß es eine Menge Blicke giebt, die ſich nicht
unter dieſe vier Hauptnamen faſſen laſſen. Z. E. der lichte Blick, der von dem feurigen ganz
verſchieden iſt, und weder ſtaͤt iſt wie der melancholiſche, noch unſtaͤt wie der ſanguiniſche. Es
giebt einen Blick, der zugleich ſehr ſchnell und ſehr ſtaͤt iſt — Er heftet und ſpießt durch, wenn ich
ſo ſagen darf. So giebt’s ruhig thaͤtige Blicke, die weder choleriſch noch phlegmatiſch ſind.
Beſſer finde ich die Eintheilung in gebende — oder nehmende — gebende und nehmende zu-
gleich
— oder intenſife und extenſife — oder in untheilnehmende — anziehende — zuruͤck-
prellende; uͤberſpannte, geſpannte, abgeſpannte, treffende, untreffende, ruhende, blei-
bende, traͤge, offne, verſchloſſene, einfache, zuſammengeſetzte, gerade, verwirrte, kalte,
verliebte, weiche, feſte, kuͤhne, treue u. ſ. f.

Beynahe jeder dieſer Blicke macht eine Hauptklaſſe aus — wir wollen noch hin und wieder
Ein Wort davon ſagen. — Hier ein ſtaͤter, feſter Blick eines weiſen, aber nicht großen Mannes.

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Zehntes
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[79/0107] aus Kaͤmpfers Abhandlung von den Temperamenten. 7. „Es giebt nur vier Hauptarten von Blicken, welche ſehr weit von einander unterſchieden „ſind: Einen feurigen naͤmlich — einen ſchlaͤfrigen, einen ſtaͤten und einen unſtaͤten.“ — Die Probe aller allgemeinen Saͤtze iſt die Anwendung derſelben auf vorkommende Faͤlle. Wendet jede phyſiognomiſche Behauptung nur ſogleich auf bekannte Jndividua, auf Geſichter von Freunden oder Feinden an — und ihr werdet — die Wahrheit oder Unwahrheit, Beſtimmtheit oder Nicht- beſtimmtheit jeder Behauptung leicht beſtimmen lernen. Laßt uns gerade mit dieſer Behauptung den Verſuch machen — und wir werden gewiß finden, daß es eine Menge Blicke giebt, die ſich nicht unter dieſe vier Hauptnamen faſſen laſſen. Z. E. der lichte Blick, der von dem feurigen ganz verſchieden iſt, und weder ſtaͤt iſt wie der melancholiſche, noch unſtaͤt wie der ſanguiniſche. Es giebt einen Blick, der zugleich ſehr ſchnell und ſehr ſtaͤt iſt — Er heftet und ſpießt durch, wenn ich ſo ſagen darf. So giebt’s ruhig thaͤtige Blicke, die weder choleriſch noch phlegmatiſch ſind. Beſſer finde ich die Eintheilung in gebende — oder nehmende — gebende und nehmende zu- gleich — oder intenſife und extenſife — oder in untheilnehmende — anziehende — zuruͤck- prellende; uͤberſpannte, geſpannte, abgeſpannte, treffende, untreffende, ruhende, blei- bende, traͤge, offne, verſchloſſene, einfache, zuſammengeſetzte, gerade, verwirrte, kalte, verliebte, weiche, feſte, kuͤhne, treue u. ſ. f. Beynahe jeder dieſer Blicke macht eine Hauptklaſſe aus — wir wollen noch hin und wieder Ein Wort davon ſagen. — Hier ein ſtaͤter, feſter Blick eines weiſen, aber nicht großen Mannes. [Abbildung] Zehntes

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/107>, abgerufen am 24.11.2024.