ter dem Auge, von dem wir oben sprachen, ist nicht bemerkt. Lage und Umriß der Stirn und das Auge zeigt indessen hellen, leichtlernenden, wohlergreifenden Geist. Das Auge ist Buchstabe heller Einsicht, obgleich der Sternkreis mißzeichnet ist.
Nachstehendes Porträt von ihm, erst vor anderthalb Jahren von Pfenninger nach dem Le- ben gezeichnet, ist das wahreste, und ist zehnmal besser, bedeutender. Man sollte kaum glauben, daß es von demselben Manne wäre. Die Nase, ob wohl etwas zu groß, ist voll Sagazität; Mund und Kinn allein schon von der feinsten Verstandesbedeutung. Aber das helle, tiefe Licht der Au- gen ist auch mit keinem Zuge angezeigt. Und dennoch ist dieß Gesicht viel weiser, als das andere mit dem sprechenden Auge -- Warum? Um des Umrisses des Profils willen. Das Auge spricht viel -- aber noch mehr spricht oft der Profilumriß.
[Abbildung]
Viertes
J i 3
Von den Augen.
ter dem Auge, von dem wir oben ſprachen, iſt nicht bemerkt. Lage und Umriß der Stirn und das Auge zeigt indeſſen hellen, leichtlernenden, wohlergreifenden Geiſt. Das Auge iſt Buchſtabe heller Einſicht, obgleich der Sternkreis mißzeichnet iſt.
Nachſtehendes Portraͤt von ihm, erſt vor anderthalb Jahren von Pfenninger nach dem Le- ben gezeichnet, iſt das wahreſte, und iſt zehnmal beſſer, bedeutender. Man ſollte kaum glauben, daß es von demſelben Manne waͤre. Die Naſe, ob wohl etwas zu groß, iſt voll Sagazitaͤt; Mund und Kinn allein ſchon von der feinſten Verſtandesbedeutung. Aber das helle, tiefe Licht der Au- gen iſt auch mit keinem Zuge angezeigt. Und dennoch iſt dieß Geſicht viel weiſer, als das andere mit dem ſprechenden Auge — Warum? Um des Umriſſes des Profils willen. Das Auge ſpricht viel — aber noch mehr ſpricht oft der Profilumriß.
[Abbildung]
Viertes
J i 3
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0291"n="253"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von den Augen.</hi></fw><lb/>
ter dem Auge, von dem wir oben ſprachen, iſt nicht bemerkt. Lage und Umriß der Stirn und das<lb/><hirendition="#fr">Auge</hi> zeigt indeſſen hellen, leichtlernenden, wohlergreifenden Geiſt. Das Auge iſt Buchſtabe <hirendition="#fr">heller</hi><lb/>
Einſicht, obgleich der Sternkreis mißzeichnet iſt.</p><lb/><p>Nachſtehendes Portraͤt von ihm, erſt vor anderthalb Jahren von <hirendition="#fr">Pfenninger</hi> nach dem Le-<lb/>
ben gezeichnet, iſt das wahreſte, und iſt zehnmal beſſer, bedeutender. Man ſollte kaum glauben,<lb/>
daß es von demſelben Manne waͤre. Die Naſe, ob wohl etwas zu groß, iſt voll Sagazitaͤt; Mund<lb/>
und Kinn allein ſchon von der feinſten <hirendition="#fr">Verſtandesbedeutung.</hi> Aber das helle, tiefe Licht der Au-<lb/>
gen iſt auch mit keinem Zuge angezeigt. Und dennoch iſt dieß Geſicht viel weiſer, als das andere<lb/>
mit dem ſprechenden Auge — Warum? Um des Umriſſes des Profils willen. Das Auge ſpricht<lb/>
viel — aber noch mehr ſpricht oft der Profilumriß.</p><lb/><figure/></div></div><fwplace="bottom"type="sig">J i 3</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Viertes</hi></fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[253/0291]
Von den Augen.
ter dem Auge, von dem wir oben ſprachen, iſt nicht bemerkt. Lage und Umriß der Stirn und das
Auge zeigt indeſſen hellen, leichtlernenden, wohlergreifenden Geiſt. Das Auge iſt Buchſtabe heller
Einſicht, obgleich der Sternkreis mißzeichnet iſt.
Nachſtehendes Portraͤt von ihm, erſt vor anderthalb Jahren von Pfenninger nach dem Le-
ben gezeichnet, iſt das wahreſte, und iſt zehnmal beſſer, bedeutender. Man ſollte kaum glauben,
daß es von demſelben Manne waͤre. Die Naſe, ob wohl etwas zu groß, iſt voll Sagazitaͤt; Mund
und Kinn allein ſchon von der feinſten Verſtandesbedeutung. Aber das helle, tiefe Licht der Au-
gen iſt auch mit keinem Zuge angezeigt. Und dennoch iſt dieß Geſicht viel weiſer, als das andere
mit dem ſprechenden Auge — Warum? Um des Umriſſes des Profils willen. Das Auge ſpricht
viel — aber noch mehr ſpricht oft der Profilumriß.
[Abbildung]
Viertes
J i 3
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/291>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.