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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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Von den Temperamenten.

Sonst ein phlegmatisch sanguinischer Charakter, freylich hundert Schritte weit von dem
Jdeale des gewöhnlichen Phlegmatikers weg! So viel Liebe, so viel Feinheit, Zartheit -- so viel
Theilnehmung ist in keinem stark phlegmatischen. Jn den Falten der zwar gewiß zu kurzen Stirne
ist viel Gedächtniß und Geschäfftigkeit. Der unnatürlich verlängerte Raum von der Augenbraune
zum Nasenläppchen -- giebt dem Gesichte und seiner Bedeutung eine fatale Schiefheit -- und auch
dem Auge, in dessen Umriß und Winkel sonst so viel Ausdruck von bestimmter Faßlichkeit liegt. --

Der Uebergang von der Stirne zur Nase gesund verständig. So die Nase. Der Ueber-
gang von der Nase zum Munde anfangs sehr fein, nachher stumpf und abgeschliffen. Jm Munde die
dienstfertigste Gefälligkeit, bescheidene sich zurückziehende Eitelkeit -- Das Kinn gedehnt und
schwächlich.

Das Ohr vermuthlich vornen her mißzeichnet -- sonst voll Ausdruck von Empfindlichkeit
und Gelehrigkeit.

Hier ein phlegmatisch sanguinisches Kind!

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Von den Temperamenten.

Sonſt ein phlegmatiſch ſanguiniſcher Charakter, freylich hundert Schritte weit von dem
Jdeale des gewoͤhnlichen Phlegmatikers weg! So viel Liebe, ſo viel Feinheit, Zartheit — ſo viel
Theilnehmung iſt in keinem ſtark phlegmatiſchen. Jn den Falten der zwar gewiß zu kurzen Stirne
iſt viel Gedaͤchtniß und Geſchaͤfftigkeit. Der unnatuͤrlich verlaͤngerte Raum von der Augenbraune
zum Naſenlaͤppchen — giebt dem Geſichte und ſeiner Bedeutung eine fatale Schiefheit — und auch
dem Auge, in deſſen Umriß und Winkel ſonſt ſo viel Ausdruck von beſtimmter Faßlichkeit liegt. —

Der Uebergang von der Stirne zur Naſe geſund verſtaͤndig. So die Naſe. Der Ueber-
gang von der Naſe zum Munde anfangs ſehr fein, nachher ſtumpf und abgeſchliffen. Jm Munde die
dienſtfertigſte Gefaͤlligkeit, beſcheidene ſich zuruͤckziehende Eitelkeit — Das Kinn gedehnt und
ſchwaͤchlich.

Das Ohr vermuthlich vornen her mißzeichnet — ſonſt voll Ausdruck von Empfindlichkeit
und Gelehrigkeit.

Hier ein phlegmatiſch ſanguiniſches Kind!

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[355/0423] Von den Temperamenten. Sonſt ein phlegmatiſch ſanguiniſcher Charakter, freylich hundert Schritte weit von dem Jdeale des gewoͤhnlichen Phlegmatikers weg! So viel Liebe, ſo viel Feinheit, Zartheit — ſo viel Theilnehmung iſt in keinem ſtark phlegmatiſchen. Jn den Falten der zwar gewiß zu kurzen Stirne iſt viel Gedaͤchtniß und Geſchaͤfftigkeit. Der unnatuͤrlich verlaͤngerte Raum von der Augenbraune zum Naſenlaͤppchen — giebt dem Geſichte und ſeiner Bedeutung eine fatale Schiefheit — und auch dem Auge, in deſſen Umriß und Winkel ſonſt ſo viel Ausdruck von beſtimmter Faßlichkeit liegt. — Der Uebergang von der Stirne zur Naſe geſund verſtaͤndig. So die Naſe. Der Ueber- gang von der Naſe zum Munde anfangs ſehr fein, nachher ſtumpf und abgeſchliffen. Jm Munde die dienſtfertigſte Gefaͤlligkeit, beſcheidene ſich zuruͤckziehende Eitelkeit — Das Kinn gedehnt und ſchwaͤchlich. Das Ohr vermuthlich vornen her mißzeichnet — ſonſt voll Ausdruck von Empfindlichkeit und Gelehrigkeit. Hier ein phlegmatiſch ſanguiniſches Kind! [Abbildung] Beylage Y y 2

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/423>, abgerufen am 25.11.2024.