merkliche Aehnlichkeit haben möge; und diese Leidenschaft scheint auch aus seinem Auge hervor- zublicken.
Jm Menschenkopfe 2. ist viel mehr Wahrheit und Natur -- und Harmonie -- obgleich die Nase unnatürlich spitz ist. -- Wo aber, diese unnatürliche Nase weggerechnet, die übrige Aehn- lichkeit mit dem Vogel sey -- weiß ich nicht zu finden. Der Mann an sich betrachtet ist übrigens von furchtsamer, schreckbarer, heftiger, allenfalls neidischer und argwöhnischer Natur, wovon in dem beystehenden Vogel wenig zu sehen ist.
Jndem ich mich mit diesen Vergleichungen beschäfftige -- nachdem ich bereits, was oben von der Biene und Bienenköniginn steht, geschrieben hatte, erhalte ich theils eine Bienenköniginn in Na- tur -- und von einer andern Hand eine Silhouette von einer solchen und einer gemeinen Biene, durch das Sonnenmikroskop gezeichnet.
Die Umrisse von beyden Königinnen haben dieselbe Verschiedenheit von den gemeinen Bie- nen. Die Königinnen sind bekanntermaßen nicht nur größer, sondern die Umrisse ihres Gesichtspro- fils und ihres Rückens sind höher, bogigter, einfacher. Folgern will ich noch nichts; bevor ich meh- rere und genauere Beobachtungen gemacht habe. Fürs erste ist es mir genug, einen Wink gegeben und vielleicht eine genauere Aufmerksamkeit einiger Naturforscher aufgeregt zu haben.
[Abbildung]
Fünftes
H 2
Menſchen und Thiere.
merkliche Aehnlichkeit haben moͤge; und dieſe Leidenſchaft ſcheint auch aus ſeinem Auge hervor- zublicken.
Jm Menſchenkopfe 2. iſt viel mehr Wahrheit und Natur — und Harmonie — obgleich die Naſe unnatuͤrlich ſpitz iſt. — Wo aber, dieſe unnatuͤrliche Naſe weggerechnet, die uͤbrige Aehn- lichkeit mit dem Vogel ſey — weiß ich nicht zu finden. Der Mann an ſich betrachtet iſt uͤbrigens von furchtſamer, ſchreckbarer, heftiger, allenfalls neidiſcher und argwoͤhniſcher Natur, wovon in dem beyſtehenden Vogel wenig zu ſehen iſt.
Jndem ich mich mit dieſen Vergleichungen beſchaͤfftige — nachdem ich bereits, was oben von der Biene und Bienenkoͤniginn ſteht, geſchrieben hatte, erhalte ich theils eine Bienenkoͤniginn in Na- tur — und von einer andern Hand eine Silhouette von einer ſolchen und einer gemeinen Biene, durch das Sonnenmikroſkop gezeichnet.
Die Umriſſe von beyden Koͤniginnen haben dieſelbe Verſchiedenheit von den gemeinen Bie- nen. Die Koͤniginnen ſind bekanntermaßen nicht nur groͤßer, ſondern die Umriſſe ihres Geſichtspro- fils und ihres Ruͤckens ſind hoͤher, bogigter, einfacher. Folgern will ich noch nichts; bevor ich meh- rere und genauere Beobachtungen gemacht habe. Fuͤrs erſte iſt es mir genug, einen Wink gegeben und vielleicht eine genauere Aufmerkſamkeit einiger Naturforſcher aufgeregt zu haben.
[Abbildung]
Fuͤnftes
H 2
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Menſchen und Thiere.
merkliche Aehnlichkeit haben moͤge; und dieſe Leidenſchaft ſcheint auch aus ſeinem Auge hervor-
zublicken.
Jm Menſchenkopfe 2. iſt viel mehr Wahrheit und Natur — und Harmonie — obgleich
die Naſe unnatuͤrlich ſpitz iſt. — Wo aber, dieſe unnatuͤrliche Naſe weggerechnet, die uͤbrige Aehn-
lichkeit mit dem Vogel ſey — weiß ich nicht zu finden. Der Mann an ſich betrachtet iſt uͤbrigens
von furchtſamer, ſchreckbarer, heftiger, allenfalls neidiſcher und argwoͤhniſcher Natur, wovon in
dem beyſtehenden Vogel wenig zu ſehen iſt.
Jndem ich mich mit dieſen Vergleichungen beſchaͤfftige — nachdem ich bereits, was oben von
der Biene und Bienenkoͤniginn ſteht, geſchrieben hatte, erhalte ich theils eine Bienenkoͤniginn in Na-
tur — und von einer andern Hand eine Silhouette von einer ſolchen und einer gemeinen Biene,
durch das Sonnenmikroſkop gezeichnet.
Die Umriſſe von beyden Koͤniginnen haben dieſelbe Verſchiedenheit von den gemeinen Bie-
nen. Die Koͤniginnen ſind bekanntermaßen nicht nur groͤßer, ſondern die Umriſſe ihres Geſichtspro-
fils und ihres Ruͤckens ſind hoͤher, bogigter, einfacher. Folgern will ich noch nichts; bevor ich meh-
rere und genauere Beobachtungen gemacht habe. Fuͤrs erſte iſt es mir genug, einen Wink gegeben
und vielleicht eine genauere Aufmerkſamkeit einiger Naturforſcher aufgeregt zu haben.
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Fuͤnftes
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/85>, abgerufen am 21.11.2024.
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