auf die menschliche Bildung. Muttermähler. Mißgeburten. Beylage.
Gewiß ist, daß diese Auswüchse da sind -- an denen sich freylich keine Aehnlichkeit mit et- was Hirschartigem bemerken läßt; es sey denn, daß man der Aussage des Vaters glauben wollte -- der geschundene Hirsch habe ungefähr so ausgesehen. -- Gewisser ist, daß die Haare die Hirsch- oder Rehfarbe haben, und daß besonders die Lage, der Gang der Haare offenbar hirschartig ist. So ist auch die aus der Stirne und an den Armen und Beinen herauswachsende Locke von anderer Haar- art, als die Hauptlocken. -- Gewiß also ist einige Aehnlichkeit mit Hirschhaar da, und gewiß ist dieß Phänomen ganz außerordentlich. -- Einfluß der Einbildungskraft auf die Bildung oder Miß- bildung scheint mir in diesem Beyspiele schlechterdings unläugbar. --
Laßt uns mit dem, daß es ist, uns begnügen, und nicht zu schnell zum wie möglich? voreilen!
Jst aber dieß Phänomen gewiß -- und viele hundert Menschen haben's gesehen, so ist kein Wort gegen die Möglichkeit einzuwenden -- daß der Mutter Einbildungskraft auf die Physiogno- mie des Kindes wirken könne. -- Sehr zweifle ich indessen, ob hiedurch sofort eine neue sehr frucht- bare Quelle schönerer und besserer Gesichtszüge, mithin auch des Charakters zu entdecken seyn dürfte -- ob sich Regeln angeben lassen, wie Mallebranche, wo ich nicht irre, dazu Vorschläge gethan, wie sich die schwangern Mütter zu verhalten, womit zu beschäfftigen haben? womit nicht? um auf die Geistes- und Herzensfähigkeiten des Embryons den besten und heilsamsten Einfluß zu haben? Regeln wohl, die auf einen gewissen Grad wirken; Gesundheit und Proportion befördern, vielleicht auch gute moralische Bildung erleichtern und vorbereiten können. -- Ob aber Regeln zur ersten Bildung? oder zur unerklärbaren Mißbildung während der Schwangerschaft? darüber haben wir im VI. Fragmente schon unsere Gedanken geäußert.
Noch soll angemerkt werden, daß gegenwärtiges Kind von außerordentlicher Leibesstärke war und schnelle Bemerkungsgabe hatte. Wuchs, Fülle, Drang, Gestalt, Fleisch, Bildung, Gebär- dung, Stellung, alles zeigte eine künftige Männinn von Wirksamkeit und Fruchtbarkeit.
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Achtes
J 3
auf die menſchliche Bildung. Muttermaͤhler. Mißgeburten. Beylage.
Gewiß iſt, daß dieſe Auswuͤchſe da ſind — an denen ſich freylich keine Aehnlichkeit mit et- was Hirſchartigem bemerken laͤßt; es ſey denn, daß man der Ausſage des Vaters glauben wollte — der geſchundene Hirſch habe ungefaͤhr ſo ausgeſehen. — Gewiſſer iſt, daß die Haare die Hirſch- oder Rehfarbe haben, und daß beſonders die Lage, der Gang der Haare offenbar hirſchartig iſt. So iſt auch die aus der Stirne und an den Armen und Beinen herauswachſende Locke von anderer Haar- art, als die Hauptlocken. — Gewiß alſo iſt einige Aehnlichkeit mit Hirſchhaar da, und gewiß iſt dieß Phaͤnomen ganz außerordentlich. — Einfluß der Einbildungskraft auf die Bildung oder Miß- bildung ſcheint mir in dieſem Beyſpiele ſchlechterdings unlaͤugbar. —
Laßt uns mit dem, daß es iſt, uns begnuͤgen, und nicht zu ſchnell zum wie moͤglich? voreilen!
Jſt aber dieß Phaͤnomen gewiß — und viele hundert Menſchen haben’s geſehen, ſo iſt kein Wort gegen die Moͤglichkeit einzuwenden — daß der Mutter Einbildungskraft auf die Phyſiogno- mie des Kindes wirken koͤnne. — Sehr zweifle ich indeſſen, ob hiedurch ſofort eine neue ſehr frucht- bare Quelle ſchoͤnerer und beſſerer Geſichtszuͤge, mithin auch des Charakters zu entdecken ſeyn duͤrfte — ob ſich Regeln angeben laſſen, wie Mallebranche, wo ich nicht irre, dazu Vorſchlaͤge gethan, wie ſich die ſchwangern Muͤtter zu verhalten, womit zu beſchaͤfftigen haben? womit nicht? um auf die Geiſtes- und Herzensfaͤhigkeiten des Embryons den beſten und heilſamſten Einfluß zu haben? Regeln wohl, die auf einen gewiſſen Grad wirken; Geſundheit und Proportion befoͤrdern, vielleicht auch gute moraliſche Bildung erleichtern und vorbereiten koͤnnen. — Ob aber Regeln zur erſten Bildung? oder zur unerklaͤrbaren Mißbildung waͤhrend der Schwangerſchaft? daruͤber haben wir im VI. Fragmente ſchon unſere Gedanken geaͤußert.
Noch ſoll angemerkt werden, daß gegenwaͤrtiges Kind von außerordentlicher Leibesſtaͤrke war und ſchnelle Bemerkungsgabe hatte. Wuchs, Fuͤlle, Drang, Geſtalt, Fleiſch, Bildung, Gebaͤr- dung, Stellung, alles zeigte eine kuͤnftige Maͤnninn von Wirkſamkeit und Fruchtbarkeit.
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auf die menſchliche Bildung. Muttermaͤhler. Mißgeburten. Beylage.
Gewiß iſt, daß dieſe Auswuͤchſe da ſind — an denen ſich freylich keine Aehnlichkeit mit et-
was Hirſchartigem bemerken laͤßt; es ſey denn, daß man der Ausſage des Vaters glauben wollte —
der geſchundene Hirſch habe ungefaͤhr ſo ausgeſehen. — Gewiſſer iſt, daß die Haare die Hirſch- oder
Rehfarbe haben, und daß beſonders die Lage, der Gang der Haare offenbar hirſchartig iſt. So iſt
auch die aus der Stirne und an den Armen und Beinen herauswachſende Locke von anderer Haar-
art, als die Hauptlocken. — Gewiß alſo iſt einige Aehnlichkeit mit Hirſchhaar da, und gewiß iſt
dieß Phaͤnomen ganz außerordentlich. — Einfluß der Einbildungskraft auf die Bildung oder Miß-
bildung ſcheint mir in dieſem Beyſpiele ſchlechterdings unlaͤugbar. —
Laßt uns mit dem, daß es iſt, uns begnuͤgen, und nicht zu ſchnell zum wie moͤglich? voreilen!
Jſt aber dieß Phaͤnomen gewiß — und viele hundert Menſchen haben’s geſehen, ſo iſt kein
Wort gegen die Moͤglichkeit einzuwenden — daß der Mutter Einbildungskraft auf die Phyſiogno-
mie des Kindes wirken koͤnne. — Sehr zweifle ich indeſſen, ob hiedurch ſofort eine neue ſehr frucht-
bare Quelle ſchoͤnerer und beſſerer Geſichtszuͤge, mithin auch des Charakters zu entdecken ſeyn
duͤrfte — ob ſich Regeln angeben laſſen, wie Mallebranche, wo ich nicht irre, dazu Vorſchlaͤge
gethan, wie ſich die ſchwangern Muͤtter zu verhalten, womit zu beſchaͤfftigen haben? womit nicht?
um auf die Geiſtes- und Herzensfaͤhigkeiten des Embryons den beſten und heilſamſten Einfluß zu
haben? Regeln wohl, die auf einen gewiſſen Grad wirken; Geſundheit und Proportion befoͤrdern,
vielleicht auch gute moraliſche Bildung erleichtern und vorbereiten koͤnnen. — Ob aber Regeln zur
erſten Bildung? oder zur unerklaͤrbaren Mißbildung waͤhrend der Schwangerſchaft? daruͤber
haben wir im VI. Fragmente ſchon unſere Gedanken geaͤußert.
Noch ſoll angemerkt werden, daß gegenwaͤrtiges Kind von außerordentlicher Leibesſtaͤrke
war und ſchnelle Bemerkungsgabe hatte. Wuchs, Fuͤlle, Drang, Geſtalt, Fleiſch, Bildung, Gebaͤr-
dung, Stellung, alles zeigte eine kuͤnftige Maͤnninn von Wirkſamkeit und Fruchtbarkeit.
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/95>, abgerufen am 24.11.2024.
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