Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

Möchte weder Träghet noch Bequemlichkeit,
noch die Urtheile der Menschen, noch mein eigner
Nutzen mich an irgend einer christlichen wohlthätigen
Handlung hindern! Möchte ich recht redlich seyn in
der Liebe! Die Liebe sucht nicht das Ihrige! Du
bist, o Jesu, nicht kommen, daß dir auf Erden ge-
dient werde, sondern, daß du dienest, und dein Le-
ben zum Lösegeld gebest für viele.

Gieb, daß das Bild deiner göttlichen Liebe,
mein barmherziger Heiland mir so lebhast vor Au-
gen schwebe, daß ich mir nicht die geringste Kalt-
sinnigkeit gegen meinen Nächsten erlaube; daß ich
ihn nicht nur mit der Zunge, sondern in der That
und Wahrheit liebe; daß aber auch mein ganzes
äußerliches Betragen, meine Gebärden und Worte,
sanft, liebreich, brüderlich und gefällig seyn: Be-
wahre mich vor allem mürrischen unfreundlichen
Wesen! Auch, wenn mir heute etwas nicht gelin-
gen, oder nach Wunsch gehen, oder wenn ich auch
auf eine empfindliche Weise beleidigt werden sollte,
ja erst denn, gieb mir die Gnade, mich zu besitzen,
gelassen und liebreich zu bleiben, mich immer in der
Empfindung deiner Gegenwart, und an dem Vor-
bilde deiner Liebe fest zu halten.

Laß meine stille bescheidene aufrichtige Liebe viele
andere nicht nur glücklicher machen, sondern haupt-
sächlich zur Liebe entünden, und zum Dank gegen
dich, daß heut Abends viele dir um deswillen dan-
ken, was ich heut in deinem Namen Gutes gethan
habe, und dieser Tag in der Ewigkeit mir viele herr-
liche und unverwesliche Früchte bringe. Amen.

Abendgebet am Dienstage.

Wie soll ich dich preisen, Vater aller Menschen! für
das Gute, das du heut mir erwiesen hast?

Wie

Möchte weder Träghet noch Bequemlichkeit,
noch die Urtheile der Menſchen, noch mein eigner
Nutzen mich an irgend einer chriſtlichen wohlthätigen
Handlung hindern! Möchte ich recht redlich ſeyn in
der Liebe! Die Liebe ſucht nicht das Ihrige! Du
biſt, o Jeſu, nicht kommen, daß dir auf Erden ge-
dient werde, ſondern, daß du dieneſt, und dein Le-
ben zum Löſegeld gebeſt für viele.

Gieb, daß das Bild deiner göttlichen Liebe,
mein barmherziger Heiland mir ſo lebhaſt vor Au-
gen ſchwebe, daß ich mir nicht die geringſte Kalt-
ſinnigkeit gegen meinen Nächſten erlaube; daß ich
ihn nicht nur mit der Zunge, ſondern in der That
und Wahrheit liebe; daß aber auch mein ganzes
äußerliches Betragen, meine Gebärden und Worte,
ſanft, liebreich, brüderlich und gefällig ſeyn: Be-
wahre mich vor allem mürriſchen unfreundlichen
Weſen! Auch, wenn mir heute etwas nicht gelin-
gen, oder nach Wunſch gehen, oder wenn ich auch
auf eine empfindliche Weiſe beleidigt werden ſollte,
ja erſt denn, gieb mir die Gnade, mich zu beſitzen,
gelaſſen und liebreich zu bleiben, mich immer in der
Empfindung deiner Gegenwart, und an dem Vor-
bilde deiner Liebe feſt zu halten.

Laß meine ſtille beſcheidene aufrichtige Liebe viele
andere nicht nur glücklicher machen, ſondern haupt-
ſächlich zur Liebe entünden, und zum Dank gegen
dich, daß heut Abends viele dir um deswillen dan-
ken, was ich heut in deinem Namen Gutes gethan
habe, und dieſer Tag in der Ewigkeit mir viele herr-
liche und unverwesliche Früchte bringe. Amen.

Abendgebet am Dienſtage.

Wie ſoll ich dich preiſen, Vater aller Menſchen! für
das Gute, das du heut mir erwieſen haſt?

Wie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0020" n="18"/>
          <p>Möchte weder Träghet noch Bequemlichkeit,<lb/>
noch die Urtheile der Men&#x017F;chen, noch mein eigner<lb/>
Nutzen mich an irgend einer chri&#x017F;tlichen wohlthätigen<lb/>
Handlung hindern! Möchte ich recht redlich &#x017F;eyn in<lb/>
der Liebe! Die Liebe &#x017F;ucht nicht das Ihrige! Du<lb/>
bi&#x017F;t, o Je&#x017F;u, nicht kommen, daß dir auf Erden ge-<lb/>
dient werde, &#x017F;ondern, daß du diene&#x017F;t, und dein Le-<lb/>
ben zum Lö&#x017F;egeld gebe&#x017F;t für viele.</p><lb/>
          <p>Gieb, daß das Bild deiner göttlichen Liebe,<lb/>
mein barmherziger Heiland mir &#x017F;o lebha&#x017F;t vor Au-<lb/>
gen &#x017F;chwebe, daß ich mir nicht die gering&#x017F;te Kalt-<lb/>
&#x017F;innigkeit gegen meinen Näch&#x017F;ten erlaube; daß ich<lb/>
ihn nicht nur mit der Zunge, &#x017F;ondern in der That<lb/>
und Wahrheit liebe; daß aber auch mein ganzes<lb/>
äußerliches Betragen, meine Gebärden und Worte,<lb/>
&#x017F;anft, liebreich, brüderlich und gefällig &#x017F;eyn: Be-<lb/>
wahre mich vor allem mürri&#x017F;chen unfreundlichen<lb/>
We&#x017F;en! Auch, wenn mir heute etwas nicht gelin-<lb/>
gen, oder nach Wun&#x017F;ch gehen, oder wenn ich auch<lb/>
auf eine empfindliche Wei&#x017F;e beleidigt werden &#x017F;ollte,<lb/>
ja er&#x017F;t denn, gieb mir die Gnade, mich zu be&#x017F;itzen,<lb/>
gela&#x017F;&#x017F;en und liebreich zu bleiben, mich immer in der<lb/>
Empfindung deiner Gegenwart, und an dem Vor-<lb/>
bilde deiner Liebe fe&#x017F;t zu halten.</p><lb/>
          <p>Laß meine &#x017F;tille be&#x017F;cheidene aufrichtige Liebe viele<lb/>
andere nicht nur glücklicher machen, &#x017F;ondern haupt-<lb/>
&#x017F;ächlich zur Liebe entünden, und zum Dank gegen<lb/>
dich, daß heut Abends viele dir um deswillen dan-<lb/>
ken, was ich heut in deinem Namen Gutes gethan<lb/>
habe, und die&#x017F;er Tag in der Ewigkeit mir viele herr-<lb/>
liche und unverwesliche Früchte bringe. Amen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Abendgebet am Dien&#x017F;tage.</hi> </head><lb/>
          <p><hi rendition="#in"><hi rendition="#b">W</hi></hi>ie &#x017F;oll ich dich prei&#x017F;en, Vater aller Men&#x017F;chen! für<lb/>
das Gute, das du heut mir erwie&#x017F;en ha&#x017F;t?<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[18/0020] Möchte weder Träghet noch Bequemlichkeit, noch die Urtheile der Menſchen, noch mein eigner Nutzen mich an irgend einer chriſtlichen wohlthätigen Handlung hindern! Möchte ich recht redlich ſeyn in der Liebe! Die Liebe ſucht nicht das Ihrige! Du biſt, o Jeſu, nicht kommen, daß dir auf Erden ge- dient werde, ſondern, daß du dieneſt, und dein Le- ben zum Löſegeld gebeſt für viele. Gieb, daß das Bild deiner göttlichen Liebe, mein barmherziger Heiland mir ſo lebhaſt vor Au- gen ſchwebe, daß ich mir nicht die geringſte Kalt- ſinnigkeit gegen meinen Nächſten erlaube; daß ich ihn nicht nur mit der Zunge, ſondern in der That und Wahrheit liebe; daß aber auch mein ganzes äußerliches Betragen, meine Gebärden und Worte, ſanft, liebreich, brüderlich und gefällig ſeyn: Be- wahre mich vor allem mürriſchen unfreundlichen Weſen! Auch, wenn mir heute etwas nicht gelin- gen, oder nach Wunſch gehen, oder wenn ich auch auf eine empfindliche Weiſe beleidigt werden ſollte, ja erſt denn, gieb mir die Gnade, mich zu beſitzen, gelaſſen und liebreich zu bleiben, mich immer in der Empfindung deiner Gegenwart, und an dem Vor- bilde deiner Liebe feſt zu halten. Laß meine ſtille beſcheidene aufrichtige Liebe viele andere nicht nur glücklicher machen, ſondern haupt- ſächlich zur Liebe entünden, und zum Dank gegen dich, daß heut Abends viele dir um deswillen dan- ken, was ich heut in deinem Namen Gutes gethan habe, und dieſer Tag in der Ewigkeit mir viele herr- liche und unverwesliche Früchte bringe. Amen. Abendgebet am Dienſtage. Wie ſoll ich dich preiſen, Vater aller Menſchen! für das Gute, das du heut mir erwieſen haſt? Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/20
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/20>, abgerufen am 03.12.2024.