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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Form und der Bau des Hochofens.
säure um so mehr zunehmen, je mehr ihre Temperatur sich vermindert
(S. 13 und 225).

Die Aufgabe des dem Hochofen zugeführten Brennstoffs lässt sich
demnach folgendermaassen bezeichnen: derselbe soll, um die zur Durch-
führung des Schmelzprocesses erforderliche Wärme zu liefern, durch
den Sauerstoff des Gebläses zu Kohlenoxyd verbrannt werden,
welches bei seinem Aufsteigen im Ofen die Reduction der niederrücken-
den Erze bewirkt. Die bei diesem Reductionsprocesse entstehende
Kohlensäure aber soll so wenig als möglich wieder zu Kohlenoxyd
reducirt werden; denn jedes Gewichtstheil Kohlenstoff, welches im
oberen Theile des Hochofens zur Reduction der Kohlensäure verbraucht
und dem Ofen hierdurch entführt wird, geht seiner eigentlichen Be-
stimmung verloren. Je weniger Brennstoff zur directen Reduction des
Erzes wie zur Reduction von Kohlensäure verbraucht und hierdurch
jener Aufgabe, Wärme zu entwickeln, entzogen wird, desto günstiger
gestaltet sich die Leistung des Hochofens.


Diesem kurz geschilderten Verlaufe des Hochofenprocesses ent-
sprechend muss die Form des Ofeninnern eingerichtet sein.

Die einfachste Form würde ein Cylinder sein; aber dem Zwecke
des Hochofens würde dieselbe nur ungenügend entsprechen. Diese durch
die Erfahrung von Jahrhunderten bestätigte Thatsache erklärt sich durch
folgende Betrachtung.

Damit die Gase gleichmässig die Schmelzsäule, d. h. die in dem
Ofen angehäuften festen Körper, durchdringen, ist es zunächst erforder-
lich, dass die Verbrennung, aus welcher jene Gase hervorgehen, auch
gleichmässig innerhalb des ganzen Ofenquerschnittes stattfinde, d. h.
also, dass der Gebläsewind bis zur Achse des Ofens vordringe. Je
weiter die Ofenachse aber von dem Umfange, an welchem die Luft
eintritt, entfernt ist, desto schwieriger ist dieses Ziel erreichbar, desto
grössere Geschwindigkeit muss die eintretende Luft besitzen, eine desto
grössere mechanische Arbeit zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit ist
erforderlich. Ein enger Durchmesser des Ofens an der Stelle, wo die
Gebläseluft eintritt (in der Formebene) befördert also die Gleichmässig-
keit der Verbrennung. Wollte man nun aber dem Ofen bis zur Gicht
den gleichen Durchmesser, also in Wirklichkeit cylindrische Form,
geben, so würde für einen gegebenen Rauminhalt, von welchem immer-
hin die Leistungsfähigkeit des Ofens abhängig ist, eine sehr beträchtliche
Höhe nothwendig sein; je grösser aber die Ofenhöhe ist, desto grössere
Widerstände finden die Ofengase beim Durchdringen der Schmelzsäule,
desto grösser ist ihre Spannung im untern Theile des Ofens und desto
grösser muss demnach auch die Spannung des eintretenden Gebläse-
windes sein, welche wiederum nur durch erhöhten Aufwand an mecha-
nischer Arbeit zu erzielen sein würde. Was durch Anwendung eines
engeren Durchmessers gewonnen wird, ginge durch die erforderliche
grössere Höhe wieder verloren. Man beschränkt also den engen Durch-
messer des Ofens auf den unteren Theil in der Formgegend und lässt
von hier an nach oben den Ofen sich zunächst erweitern, um bei
geringerer Höhe einen grösseren Rauminhalt zu erlangen.

Ledebur, Handbuch. 21

Die Form und der Bau des Hochofens.
säure um so mehr zunehmen, je mehr ihre Temperatur sich vermindert
(S. 13 und 225).

Die Aufgabe des dem Hochofen zugeführten Brennstoffs lässt sich
demnach folgendermaassen bezeichnen: derselbe soll, um die zur Durch-
führung des Schmelzprocesses erforderliche Wärme zu liefern, durch
den Sauerstoff des Gebläses zu Kohlenoxyd verbrannt werden,
welches bei seinem Aufsteigen im Ofen die Reduction der niederrücken-
den Erze bewirkt. Die bei diesem Reductionsprocesse entstehende
Kohlensäure aber soll so wenig als möglich wieder zu Kohlenoxyd
reducirt werden; denn jedes Gewichtstheil Kohlenstoff, welches im
oberen Theile des Hochofens zur Reduction der Kohlensäure verbraucht
und dem Ofen hierdurch entführt wird, geht seiner eigentlichen Be-
stimmung verloren. Je weniger Brennstoff zur directen Reduction des
Erzes wie zur Reduction von Kohlensäure verbraucht und hierdurch
jener Aufgabe, Wärme zu entwickeln, entzogen wird, desto günstiger
gestaltet sich die Leistung des Hochofens.


Diesem kurz geschilderten Verlaufe des Hochofenprocesses ent-
sprechend muss die Form des Ofeninnern eingerichtet sein.

Die einfachste Form würde ein Cylinder sein; aber dem Zwecke
des Hochofens würde dieselbe nur ungenügend entsprechen. Diese durch
die Erfahrung von Jahrhunderten bestätigte Thatsache erklärt sich durch
folgende Betrachtung.

Damit die Gase gleichmässig die Schmelzsäule, d. h. die in dem
Ofen angehäuften festen Körper, durchdringen, ist es zunächst erforder-
lich, dass die Verbrennung, aus welcher jene Gase hervorgehen, auch
gleichmässig innerhalb des ganzen Ofenquerschnittes stattfinde, d. h.
also, dass der Gebläsewind bis zur Achse des Ofens vordringe. Je
weiter die Ofenachse aber von dem Umfange, an welchem die Luft
eintritt, entfernt ist, desto schwieriger ist dieses Ziel erreichbar, desto
grössere Geschwindigkeit muss die eintretende Luft besitzen, eine desto
grössere mechanische Arbeit zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit ist
erforderlich. Ein enger Durchmesser des Ofens an der Stelle, wo die
Gebläseluft eintritt (in der Formebene) befördert also die Gleichmässig-
keit der Verbrennung. Wollte man nun aber dem Ofen bis zur Gicht
den gleichen Durchmesser, also in Wirklichkeit cylindrische Form,
geben, so würde für einen gegebenen Rauminhalt, von welchem immer-
hin die Leistungsfähigkeit des Ofens abhängig ist, eine sehr beträchtliche
Höhe nothwendig sein; je grösser aber die Ofenhöhe ist, desto grössere
Widerstände finden die Ofengase beim Durchdringen der Schmelzsäule,
desto grösser ist ihre Spannung im untern Theile des Ofens und desto
grösser muss demnach auch die Spannung des eintretenden Gebläse-
windes sein, welche wiederum nur durch erhöhten Aufwand an mecha-
nischer Arbeit zu erzielen sein würde. Was durch Anwendung eines
engeren Durchmessers gewonnen wird, ginge durch die erforderliche
grössere Höhe wieder verloren. Man beschränkt also den engen Durch-
messer des Ofens auf den unteren Theil in der Formgegend und lässt
von hier an nach oben den Ofen sich zunächst erweitern, um bei
geringerer Höhe einen grösseren Rauminhalt zu erlangen.

Ledebur, Handbuch. 21
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[321/0367] Die Form und der Bau des Hochofens. säure um so mehr zunehmen, je mehr ihre Temperatur sich vermindert (S. 13 und 225). Die Aufgabe des dem Hochofen zugeführten Brennstoffs lässt sich demnach folgendermaassen bezeichnen: derselbe soll, um die zur Durch- führung des Schmelzprocesses erforderliche Wärme zu liefern, durch den Sauerstoff des Gebläses zu Kohlenoxyd verbrannt werden, welches bei seinem Aufsteigen im Ofen die Reduction der niederrücken- den Erze bewirkt. Die bei diesem Reductionsprocesse entstehende Kohlensäure aber soll so wenig als möglich wieder zu Kohlenoxyd reducirt werden; denn jedes Gewichtstheil Kohlenstoff, welches im oberen Theile des Hochofens zur Reduction der Kohlensäure verbraucht und dem Ofen hierdurch entführt wird, geht seiner eigentlichen Be- stimmung verloren. Je weniger Brennstoff zur directen Reduction des Erzes wie zur Reduction von Kohlensäure verbraucht und hierdurch jener Aufgabe, Wärme zu entwickeln, entzogen wird, desto günstiger gestaltet sich die Leistung des Hochofens. Diesem kurz geschilderten Verlaufe des Hochofenprocesses ent- sprechend muss die Form des Ofeninnern eingerichtet sein. Die einfachste Form würde ein Cylinder sein; aber dem Zwecke des Hochofens würde dieselbe nur ungenügend entsprechen. Diese durch die Erfahrung von Jahrhunderten bestätigte Thatsache erklärt sich durch folgende Betrachtung. Damit die Gase gleichmässig die Schmelzsäule, d. h. die in dem Ofen angehäuften festen Körper, durchdringen, ist es zunächst erforder- lich, dass die Verbrennung, aus welcher jene Gase hervorgehen, auch gleichmässig innerhalb des ganzen Ofenquerschnittes stattfinde, d. h. also, dass der Gebläsewind bis zur Achse des Ofens vordringe. Je weiter die Ofenachse aber von dem Umfange, an welchem die Luft eintritt, entfernt ist, desto schwieriger ist dieses Ziel erreichbar, desto grössere Geschwindigkeit muss die eintretende Luft besitzen, eine desto grössere mechanische Arbeit zur Erzeugung dieser Geschwindigkeit ist erforderlich. Ein enger Durchmesser des Ofens an der Stelle, wo die Gebläseluft eintritt (in der Formebene) befördert also die Gleichmässig- keit der Verbrennung. Wollte man nun aber dem Ofen bis zur Gicht den gleichen Durchmesser, also in Wirklichkeit cylindrische Form, geben, so würde für einen gegebenen Rauminhalt, von welchem immer- hin die Leistungsfähigkeit des Ofens abhängig ist, eine sehr beträchtliche Höhe nothwendig sein; je grösser aber die Ofenhöhe ist, desto grössere Widerstände finden die Ofengase beim Durchdringen der Schmelzsäule, desto grösser ist ihre Spannung im untern Theile des Ofens und desto grösser muss demnach auch die Spannung des eintretenden Gebläse- windes sein, welche wiederum nur durch erhöhten Aufwand an mecha- nischer Arbeit zu erzielen sein würde. Was durch Anwendung eines engeren Durchmessers gewonnen wird, ginge durch die erforderliche grössere Höhe wieder verloren. Man beschränkt also den engen Durch- messer des Ofens auf den unteren Theil in der Formgegend und lässt von hier an nach oben den Ofen sich zunächst erweitern, um bei geringerer Höhe einen grösseren Rauminhalt zu erlangen. Ledebur, Handbuch. 21

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/367>, abgerufen am 05.12.2024.