3. Fragt es sich, warum ein guter Mosler-Wein nach der Schiefer schme- cken müsse? Es ist bekannt, daß es vor ein Documentum quarendigionatum von der Aufrichtigkeit bey dem Mosler-Weine ange- nommen wird, wenn solcher nach Schiefern schmecket. Vielleicht trinckt ihn mancher, ohne zu wissen, warum er so schmecket. Die Herren Bacharacher, wenn sie ihre Wein- berge düngen wollen, haben gemeiniglich ei- nen Vorrath von Schiefern, welche sie so lange an der Luft verwittern lassen, bis solche in eine thonige, fette Erde zerfallen; mit die- fer Erde düngen sie ihre Wein-Gebürge. Nun ist bekannt, daß viele Pflantzen einen Geschmack aus der Düngung an sich neh- men, wie wir z. E. an der Pferch-Gerste se- hen, dieses thut nun auch der Weinstock, da- her rühret es, daß die meisten Weinstöcke ausarten. Und wenn man das beste Tockäyer-Holtz auf unsere besten Gebürge legte, so würde doch nimmermehr ein wahrer Tockäyer daraus werden. Es hat zugleich diese Düngung mit Schiefern den Nutzen bey dem Mosler-Wein, daß es solchen milde macht, denn da diese Art von Schiefern mit zarter Kalck-Erde vermischt ist, so nimmt des- sen alcalische Erde schon in dem Wachsthum vieles von dem sauren in sich, das sonsten bey dem Weine bleiben würde. Ja, wir sehen auch an andern Orten, daß ein Wein, wel-
cher
N 2
3. Fragt es ſich, warum ein guter Mosler-Wein nach der Schiefer ſchme- cken muͤſſe? Es iſt bekannt, daß es vor ein Documentum quarendigionatum von der Aufrichtigkeit bey dem Mosler-Weine ange- nommen wird, wenn ſolcher nach Schiefern ſchmecket. Vielleicht trinckt ihn mancher, ohne zu wiſſen, warum er ſo ſchmecket. Die Herren Bacharacher, wenn ſie ihre Wein- berge duͤngen wollen, haben gemeiniglich ei- nen Vorrath von Schiefern, welche ſie ſo lange an der Luft verwittern laſſen, bis ſolche in eine thonige, fette Erde zerfallen; mit die- fer Erde duͤngen ſie ihre Wein-Gebuͤrge. Nun iſt bekannt, daß viele Pflantzen einen Geſchmack aus der Duͤngung an ſich neh- men, wie wir z. E. an der Pferch-Gerſte ſe- hen, dieſes thut nun auch der Weinſtock, da- her ruͤhret es, daß die meiſten Weinſtoͤcke ausarten. Und wenn man das beſte Tockaͤyer-Holtz auf unſere beſten Gebuͤrge legte, ſo wuͤrde doch nimmermehr ein wahrer Tockaͤyer daraus werden. Es hat zugleich dieſe Duͤngung mit Schiefern den Nutzen bey dem Mosler-Wein, daß es ſolchen milde macht, denn da dieſe Art von Schiefern mit zarter Kalck-Erde vermiſcht iſt, ſo nimmt deſ- ſen alcaliſche Erde ſchon in dem Wachsthum vieles von dem ſauren in ſich, das ſonſten bey dem Weine bleiben wuͤrde. Ja, wir ſehen auch an andern Orten, daß ein Wein, wel-
cher
N 2
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0286"n="195"/><p>3. <hirendition="#fr">Fragt es ſich, warum ein guter<lb/>
Mosler-Wein nach der Schiefer ſchme-<lb/>
cken muͤſſe?</hi> Es iſt bekannt, daß es vor ein<lb/><hirendition="#aq">Documentum quarendigionatum</hi> von der<lb/>
Aufrichtigkeit bey dem Mosler-Weine ange-<lb/>
nommen wird, wenn ſolcher nach Schiefern<lb/>ſchmecket. Vielleicht trinckt ihn mancher,<lb/>
ohne zu wiſſen, warum er ſo ſchmecket. Die<lb/>
Herren Bacharacher, wenn ſie ihre Wein-<lb/>
berge duͤngen wollen, haben gemeiniglich ei-<lb/>
nen Vorrath von Schiefern, welche ſie ſo<lb/>
lange an der Luft verwittern laſſen, bis ſolche<lb/>
in eine thonige, fette Erde zerfallen; mit die-<lb/>
fer Erde duͤngen ſie ihre Wein-Gebuͤrge.<lb/>
Nun iſt bekannt, daß viele Pflantzen einen<lb/>
Geſchmack aus der Duͤngung an ſich neh-<lb/>
men, wie wir z. E. an der Pferch-Gerſte ſe-<lb/>
hen, dieſes thut nun auch der Weinſtock, da-<lb/>
her ruͤhret es, daß die meiſten Weinſtoͤcke<lb/>
ausarten. Und wenn man das beſte<lb/>
Tockaͤyer-Holtz auf unſere beſten Gebuͤrge<lb/>
legte, ſo wuͤrde doch nimmermehr ein wahrer<lb/>
Tockaͤyer daraus werden. Es hat zugleich<lb/>
dieſe Duͤngung mit Schiefern den Nutzen<lb/>
bey dem Mosler-Wein, daß es ſolchen milde<lb/>
macht, denn da dieſe Art von Schiefern mit<lb/>
zarter Kalck-Erde vermiſcht iſt, ſo nimmt deſ-<lb/>ſen alcaliſche Erde ſchon in dem Wachsthum<lb/>
vieles von dem ſauren in ſich, das ſonſten bey<lb/>
dem Weine bleiben wuͤrde. Ja, wir ſehen<lb/>
auch an andern Orten, daß ein Wein, wel-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">N 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">cher</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[195/0286]
3. Fragt es ſich, warum ein guter
Mosler-Wein nach der Schiefer ſchme-
cken muͤſſe? Es iſt bekannt, daß es vor ein
Documentum quarendigionatum von der
Aufrichtigkeit bey dem Mosler-Weine ange-
nommen wird, wenn ſolcher nach Schiefern
ſchmecket. Vielleicht trinckt ihn mancher,
ohne zu wiſſen, warum er ſo ſchmecket. Die
Herren Bacharacher, wenn ſie ihre Wein-
berge duͤngen wollen, haben gemeiniglich ei-
nen Vorrath von Schiefern, welche ſie ſo
lange an der Luft verwittern laſſen, bis ſolche
in eine thonige, fette Erde zerfallen; mit die-
fer Erde duͤngen ſie ihre Wein-Gebuͤrge.
Nun iſt bekannt, daß viele Pflantzen einen
Geſchmack aus der Duͤngung an ſich neh-
men, wie wir z. E. an der Pferch-Gerſte ſe-
hen, dieſes thut nun auch der Weinſtock, da-
her ruͤhret es, daß die meiſten Weinſtoͤcke
ausarten. Und wenn man das beſte
Tockaͤyer-Holtz auf unſere beſten Gebuͤrge
legte, ſo wuͤrde doch nimmermehr ein wahrer
Tockaͤyer daraus werden. Es hat zugleich
dieſe Duͤngung mit Schiefern den Nutzen
bey dem Mosler-Wein, daß es ſolchen milde
macht, denn da dieſe Art von Schiefern mit
zarter Kalck-Erde vermiſcht iſt, ſo nimmt deſ-
ſen alcaliſche Erde ſchon in dem Wachsthum
vieles von dem ſauren in ſich, das ſonſten bey
dem Weine bleiben wuͤrde. Ja, wir ſehen
auch an andern Orten, daß ein Wein, wel-
cher
N 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/286>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.