gen, ein Nachtrag einer Schöpfung gesche- hen wäre? das wäre ebenfalls sehr bedenck- lich anzunehmen. Es ist aber unvermeid- lich, so bald man meynet, daß durch diesen Fluch die Erde verändert worden, welche der Schöpfer selbst vor vollkommen gut erkennet hätte, wenigstens müste dergleichen Unkraut, als Dorn und Disteln sind, allererst nach ausgesprochenen Fluche geschaffen seyn. Mir deuchtet also, daß es eher so anzunehmen, daß der Schöpfer, den Adam aus der frucht- baren Gegend des Paradieses herausgetrie- ben, und in einer Gegend versrtzt, welche weniger fruchtdar gewesen, und mehrere Ar- beit in Anbau erfordert als der Garten des Paradieses, welcher dem Adam zufolge des 2ten Capitels des 1ten Buchs Moses und dessen 15ten Vers gleichfals zum Anbau und bewahren, übergeben worden. Hier fraget es sich, vor wem solte Adam den Gar- ten bewahren? Wer waren diejenigen, vor welchen sich in den 4ten Capitel, Cain fürch- tete, daß sie ihm todt schlagen würden? Wer waren die Töchter der Menschen, nach welchen die Kinder GOttes sahen im 6ten Kapitel. Sollte es denn wohl eine Verketze- rung verdienen, wenn man glaubte, daß vielleicht zu der Zeit Menschen in der Welt wären gewesen, die zu der Familie des Adams nicht gehöret? Sollte denn wohl die Ge- schichte der Riesen bey dem Ovidius und an-
dern
B
gen, ein Nachtrag einer Schoͤpfung geſche- hen waͤre? das waͤre ebenfalls ſehr bedenck- lich anzunehmen. Es iſt aber unvermeid- lich, ſo bald man meynet, daß durch dieſen Fluch die Erde veraͤndert worden, welche der Schoͤpfer ſelbſt vor vollkommen gut erkennet haͤtte, wenigſtens muͤſte dergleichen Unkraut, als Dorn und Diſteln ſind, allererſt nach ausgeſprochenen Fluche geſchaffen ſeyn. Mir deuchtet alſo, daß es eher ſo anzunehmen, daß der Schoͤpfer, den Adam aus der frucht- baren Gegend des Paradieſes herausgetrie- ben, und in einer Gegend verſꝛtzt, welche weniger fruchtdar geweſen, und mehrere Ar- beit in Anbau erfordert als der Garten des Paradieſes, welcher dem Adam zufolge des 2ten Capitels des 1ten Buchs Moſes und deſſen 15ten Vers gleichfals zum Anbau und bewahren, uͤbergeben worden. Hier fraget es ſich, vor wem ſolte Adam den Gar- ten bewahren? Wer waren diejenigen, vor welchen ſich in den 4ten Capitel, Cain fuͤrch- tete, daß ſie ihm todt ſchlagen wuͤrden? Wer waren die Toͤchter der Menſchen, nach welchen die Kinder GOttes ſahen im 6ten Kapitel. Sollte es denn wohl eine Verketze- rung verdienen, wenn man glaubte, daß vielleicht zu der Zeit Menſchen in der Welt waͤren geweſen, die zu der Familie des Adams nicht gehoͤret? Sollte denn wohl die Ge- ſchichte der Rieſen bey dem Ovidius und an-
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gen, ein Nachtrag einer Schoͤpfung geſche-
hen waͤre? das waͤre ebenfalls ſehr bedenck-
lich anzunehmen. Es iſt aber unvermeid-
lich, ſo bald man meynet, daß durch dieſen
Fluch die Erde veraͤndert worden, welche der
Schoͤpfer ſelbſt vor vollkommen gut erkennet
haͤtte, wenigſtens muͤſte dergleichen Unkraut,
als Dorn und Diſteln ſind, allererſt nach
ausgeſprochenen Fluche geſchaffen ſeyn. Mir
deuchtet alſo, daß es eher ſo anzunehmen,
daß der Schoͤpfer, den Adam aus der frucht-
baren Gegend des Paradieſes herausgetrie-
ben, und in einer Gegend verſꝛtzt, welche
weniger fruchtdar geweſen, und mehrere Ar-
beit in Anbau erfordert als der Garten des
Paradieſes, welcher dem Adam zufolge des
2ten Capitels des 1ten Buchs Moſes und
deſſen 15ten Vers gleichfals zum Anbau
und bewahren, uͤbergeben worden. Hier
fraget es ſich, vor wem ſolte Adam den Gar-
ten bewahren? Wer waren diejenigen, vor
welchen ſich in den 4ten Capitel, Cain fuͤrch-
tete, daß ſie ihm todt ſchlagen wuͤrden?
Wer waren die Toͤchter der Menſchen, nach
welchen die Kinder GOttes ſahen im 6ten
Kapitel. Sollte es denn wohl eine Verketze-
rung verdienen, wenn man glaubte, daß
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Lehmann, Johann Gottlob: Versuch einer Geschichte von Flötz-Gebürgen. Berlin, 1756, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehmann_versuch_1756/95>, abgerufen am 18.10.2024.
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