Auf der grünen Insel, dem durch Naturschönheiten mancherlei Art interessanten, von einem eigenthümlichen, vom angelsächsischen Wesen ganz verschiedenen Menschenschlage bewohnten Irland be- gegnen wir einer an Buchten und natürlichen Häfen reichen Küsten- entwicklung, welche den Bedürfnissen des Handels und der Schiffahrt zum Vortheile gereicht. Freilich hat sich der Verkehr Irlands in ver- gangenen Zeiten weitaus nicht so entwickelt wie jener Englands, und erst neuerer Zeit war es vorbehalten, an einigen Punkten einen sehr regen Aufschwung zu erwecken. In dieser Beziehung finden wir an der Südküste vor Allem Cork und dessen Hafen Queenstown. Cork selbst liegt, wie unser Plan zeigt, im Hintergrunde einer weit in das Land hineinreichenden, fjordartig eingerissenen Einbuchtung, während Queenstown auf der dem Seeeingange nahen, mit dem Festlande heute durch die Bahn verbundenen Great-Insel sich befindet. Queenstown hiess früher einfach Cove of Cork und erhielt seinen jetzigen Namen erst, als Königin Victoria daselbst im Jahre 1849 zum ersten Besuche Irlands das Land betrat.
Queenstown bietet einen schönen Anblick dar; es liegt an der Südseite der genannten Insel an dem Abhange eines Hügels, an welchem sich die Strassen der Stadt amphitheatralisch hinaufziehen, während zahlreiche Baumgruppen und Gartenanlagen die Häuserreihen anmuthig unterbrechen. Die Stadt hat keine grosse Ausdehnung und die Zahl ihrer Einwohner beträgt kaum 10.000. Abgesehen von der anmuthigen Lage, besitzt Queenstown in seinem Innern an Sehens- würdigkeiten nur eine römisch-katholische Domkirche und zwei Yacht- clubhäuser, von denen das des Royal Cork Yacht Club auch schon deshalb bemerkenswerth ist, weil dieser Club an Alter allen anderen im Vereinigten Königreiche vorangeht. Er wurde nämlich bereits 1720 gegründet, erhielt aber seine jetzige Benennung erst 1828, als König Wilhelm IV. das Protectorat über denselben übernahm. Die von diesem
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 135
Cork-Queenstown.
Auf der grünen Insel, dem durch Naturschönheiten mancherlei Art interessanten, von einem eigenthümlichen, vom angelsächsischen Wesen ganz verschiedenen Menschenschlage bewohnten Irland be- gegnen wir einer an Buchten und natürlichen Häfen reichen Küsten- entwicklung, welche den Bedürfnissen des Handels und der Schiffahrt zum Vortheile gereicht. Freilich hat sich der Verkehr Irlands in ver- gangenen Zeiten weitaus nicht so entwickelt wie jener Englands, und erst neuerer Zeit war es vorbehalten, an einigen Punkten einen sehr regen Aufschwung zu erwecken. In dieser Beziehung finden wir an der Südküste vor Allem Cork und dessen Hafen Queenstown. Cork selbst liegt, wie unser Plan zeigt, im Hintergrunde einer weit in das Land hineinreichenden, fjordartig eingerissenen Einbuchtung, während Queenstown auf der dem Seeeingange nahen, mit dem Festlande heute durch die Bahn verbundenen Great-Insel sich befindet. Queenstown hiess früher einfach Cove of Cork und erhielt seinen jetzigen Namen erst, als Königin Victoria daselbst im Jahre 1849 zum ersten Besuche Irlands das Land betrat.
Queenstown bietet einen schönen Anblick dar; es liegt an der Südseite der genannten Insel an dem Abhange eines Hügels, an welchem sich die Strassen der Stadt amphitheatralisch hinaufziehen, während zahlreiche Baumgruppen und Gartenanlagen die Häuserreihen anmuthig unterbrechen. Die Stadt hat keine grosse Ausdehnung und die Zahl ihrer Einwohner beträgt kaum 10.000. Abgesehen von der anmuthigen Lage, besitzt Queenstown in seinem Innern an Sehens- würdigkeiten nur eine römisch-katholische Domkirche und zwei Yacht- clubhäuser, von denen das des Royal Cork Yacht Club auch schon deshalb bemerkenswerth ist, weil dieser Club an Alter allen anderen im Vereinigten Königreiche vorangeht. Er wurde nämlich bereits 1720 gegründet, erhielt aber seine jetzige Benennung erst 1828, als König Wilhelm IV. das Protectorat über denselben übernahm. Die von diesem
Die Seehäfen des Weltverkehrs. I. Band. 135
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Cork-Queenstown.
Auf der grünen Insel, dem durch Naturschönheiten mancherlei
Art interessanten, von einem eigenthümlichen, vom angelsächsischen
Wesen ganz verschiedenen Menschenschlage bewohnten Irland be-
gegnen wir einer an Buchten und natürlichen Häfen reichen Küsten-
entwicklung, welche den Bedürfnissen des Handels und der Schiffahrt
zum Vortheile gereicht. Freilich hat sich der Verkehr Irlands in ver-
gangenen Zeiten weitaus nicht so entwickelt wie jener Englands, und
erst neuerer Zeit war es vorbehalten, an einigen Punkten einen sehr
regen Aufschwung zu erwecken. In dieser Beziehung finden wir an
der Südküste vor Allem Cork und dessen Hafen Queenstown.
Cork selbst liegt, wie unser Plan zeigt, im Hintergrunde einer weit
in das Land hineinreichenden, fjordartig eingerissenen Einbuchtung,
während Queenstown auf der dem Seeeingange nahen, mit dem
Festlande heute durch die Bahn verbundenen Great-Insel sich befindet.
Queenstown hiess früher einfach Cove of Cork und erhielt seinen
jetzigen Namen erst, als Königin Victoria daselbst im Jahre 1849
zum ersten Besuche Irlands das Land betrat.
Queenstown bietet einen schönen Anblick dar; es liegt an der
Südseite der genannten Insel an dem Abhange eines Hügels, an
welchem sich die Strassen der Stadt amphitheatralisch hinaufziehen,
während zahlreiche Baumgruppen und Gartenanlagen die Häuserreihen
anmuthig unterbrechen. Die Stadt hat keine grosse Ausdehnung und
die Zahl ihrer Einwohner beträgt kaum 10.000. Abgesehen von
der anmuthigen Lage, besitzt Queenstown in seinem Innern an Sehens-
würdigkeiten nur eine römisch-katholische Domkirche und zwei Yacht-
clubhäuser, von denen das des Royal Cork Yacht Club auch schon
deshalb bemerkenswerth ist, weil dieser Club an Alter allen anderen
im Vereinigten Königreiche vorangeht. Er wurde nämlich bereits 1720
gegründet, erhielt aber seine jetzige Benennung erst 1828, als König
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [1073]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/1093>, abgerufen am 23.11.2024.
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