nicht hinreichten, trat der Vicekönig ein mit baarem Gelde und der Ausführung von Bauten, die den Zwecken des Suez-Canals dienten. Er erhielt dafür 176.602 Stück Actien der Compagnie universelle du Canal maritime de Suez, welche seit 1875 im Besitze des englischen Staates sind. Die Coupons derselben bis Juli 1894 sind abgetrennt, aber der Eigenthümer hat das Recht auf 10 Stimmen in der General- versammlung des Canal-Unternehmens.
Es ist bekannt, dass Lesseps' Unternehmen am nachdrücklichsten von jener Macht bekämpft wurde, welche seither, da das Werk ge- lungen, von demselben den grössten Vortheil zieht und sich auch, wie oben erwähnt wurde, zum Mitbesitz des Canals, sowie auch zu einer Art thatsächlicher Oberherrschaft über Egypten zu verhelfen gewusst hat. Direct und indirect wurde die Ausführung des Canal- projectes von englischer Seite geschädigt. Die Hindernisse, welche Englands Einfluss in Kairo und Constantinopel dem Lesseps'schen Unternehmen zu schaffen wusste -- wodurch unter anderem die gross- herrliche Gutheissung der Beistellung egyptischer Arbeitskräfte en masse gegen Bezahlung durch zehn Jahre hindurch verzögert wurde -- waren vielleicht dem Fortschritt der Sache noch weniger abträglich, als die ungünstige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Gutachten hervorragender technischer Autoritäten, wodurch natürlich die Capitals- beschaffung sehr erschwert wurde. Schwierigkeiten und Hindernisse aller Art bezeichnen demnach die einzelnen Etappen der Geschichte des Canalbaues. Selbst Mohammed Said, anfänglich ein Enthusiast für die Lesseps'schen Projecte, begann am Erfolge zu zweifeln, und es ist bezeichnend, dass er im Jahre 1862, kurz vor seinem Tode, ein englisches Gutachten über die Lebensfähigkeit des Unternehmens ver- langte. Sir John Hawkshaw gab ein solches ab, nachdem er die Ar- beiten in Augenschein genommen hatte, und kam zum Endurtheil, dass weder er glücklichen Beendigung des Baues noch der Möglichkeit den Canal in benutzbarem Zustande zu erhalten, unübersteigliche tech- nische, natürliche oder finanzielle Hindernisse entgegenstünden. Die landläufigen Einwendungen, von den Gegnern des Werkes eifrig pro- pagirt, waren: voraussichtliche Verschlammung des Canals und Ver- schüttung desselben durch Flugsand und das Rutschterrain der Bö- schungen und Dämme; Eintrocknung der Bitterseen zu einer dicken Salzlauge; Schwierigkeit der Beschiffung des Rothen Meeres; Gefähr- lichkeit des Anlaufens von Port Said an der Leeküste; Schwierig- keit, wenn nicht Unmöglichkeit, den mittelmeerseitigen Eingang des Canals schiffbar zu erhalten. Allen diesen in der öffentlichen Meinung,
33*
Der Suez-Canal.
nicht hinreichten, trat der Vicekönig ein mit baarem Gelde und der Ausführung von Bauten, die den Zwecken des Suez-Canals dienten. Er erhielt dafür 176.602 Stück Actien der Compagnie universelle du Canal maritime de Suez, welche seit 1875 im Besitze des englischen Staates sind. Die Coupons derselben bis Juli 1894 sind abgetrennt, aber der Eigenthümer hat das Recht auf 10 Stimmen in der General- versammlung des Canal-Unternehmens.
Es ist bekannt, dass Lesseps’ Unternehmen am nachdrücklichsten von jener Macht bekämpft wurde, welche seither, da das Werk ge- lungen, von demselben den grössten Vortheil zieht und sich auch, wie oben erwähnt wurde, zum Mitbesitz des Canals, sowie auch zu einer Art thatsächlicher Oberherrschaft über Egypten zu verhelfen gewusst hat. Direct und indirect wurde die Ausführung des Canal- projectes von englischer Seite geschädigt. Die Hindernisse, welche Englands Einfluss in Kairo und Constantinopel dem Lesseps’schen Unternehmen zu schaffen wusste — wodurch unter anderem die gross- herrliche Gutheissung der Beistellung egyptischer Arbeitskräfte en masse gegen Bezahlung durch zehn Jahre hindurch verzögert wurde — waren vielleicht dem Fortschritt der Sache noch weniger abträglich, als die ungünstige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Gutachten hervorragender technischer Autoritäten, wodurch natürlich die Capitals- beschaffung sehr erschwert wurde. Schwierigkeiten und Hindernisse aller Art bezeichnen demnach die einzelnen Etappen der Geschichte des Canalbaues. Selbst Mohammed Saïd, anfänglich ein Enthusiast für die Lesseps’schen Projecte, begann am Erfolge zu zweifeln, und es ist bezeichnend, dass er im Jahre 1862, kurz vor seinem Tode, ein englisches Gutachten über die Lebensfähigkeit des Unternehmens ver- langte. Sir John Hawkshaw gab ein solches ab, nachdem er die Ar- beiten in Augenschein genommen hatte, und kam zum Endurtheil, dass weder er glücklichen Beendigung des Baues noch der Möglichkeit den Canal in benutzbarem Zustande zu erhalten, unübersteigliche tech- nische, natürliche oder finanzielle Hindernisse entgegenstünden. Die landläufigen Einwendungen, von den Gegnern des Werkes eifrig pro- pagirt, waren: voraussichtliche Verschlammung des Canals und Ver- schüttung desselben durch Flugsand und das Rutschterrain der Bö- schungen und Dämme; Eintrocknung der Bitterseen zu einer dicken Salzlauge; Schwierigkeit der Beschiffung des Rothen Meeres; Gefähr- lichkeit des Anlaufens von Port Saïd an der Leeküste; Schwierig- keit, wenn nicht Unmöglichkeit, den mittelmeerseitigen Eingang des Canals schiffbar zu erhalten. Allen diesen in der öffentlichen Meinung,
33*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0279"n="259"/><fwplace="top"type="header">Der Suez-Canal.</fw><lb/>
nicht hinreichten, trat der Vicekönig ein mit baarem Gelde und der<lb/>
Ausführung von Bauten, die den Zwecken des Suez-Canals dienten.<lb/>
Er erhielt dafür 176.602 Stück Actien der Compagnie universelle du<lb/>
Canal maritime de Suez, welche seit 1875 im Besitze des englischen<lb/>
Staates sind. Die Coupons derselben bis Juli 1894 sind abgetrennt,<lb/>
aber der Eigenthümer hat das Recht auf 10 Stimmen in der General-<lb/>
versammlung des Canal-Unternehmens.</p><lb/><p>Es ist bekannt, dass Lesseps’ Unternehmen am nachdrücklichsten<lb/>
von jener Macht bekämpft wurde, welche seither, da das Werk ge-<lb/>
lungen, von demselben den grössten Vortheil zieht und sich auch,<lb/>
wie oben erwähnt wurde, zum Mitbesitz des Canals, sowie auch zu<lb/>
einer Art thatsächlicher Oberherrschaft über Egypten zu verhelfen<lb/>
gewusst hat. Direct und indirect wurde die Ausführung des Canal-<lb/>
projectes von englischer Seite geschädigt. Die Hindernisse, welche<lb/>
Englands Einfluss in Kairo und Constantinopel dem Lesseps’schen<lb/>
Unternehmen zu schaffen wusste — wodurch unter anderem die gross-<lb/>
herrliche Gutheissung der Beistellung egyptischer Arbeitskräfte en masse<lb/>
gegen Bezahlung durch zehn Jahre hindurch verzögert wurde — waren<lb/>
vielleicht dem Fortschritt der Sache noch weniger abträglich, als die<lb/>
ungünstige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Gutachten<lb/>
hervorragender technischer Autoritäten, wodurch natürlich die Capitals-<lb/>
beschaffung sehr erschwert wurde. Schwierigkeiten und Hindernisse<lb/>
aller Art bezeichnen demnach die einzelnen Etappen der Geschichte<lb/>
des Canalbaues. Selbst Mohammed Saïd, anfänglich ein Enthusiast<lb/>
für die Lesseps’schen Projecte, begann am Erfolge zu zweifeln, und es<lb/>
ist bezeichnend, dass er im Jahre 1862, kurz vor seinem Tode, ein<lb/>
englisches Gutachten über die Lebensfähigkeit des Unternehmens ver-<lb/>
langte. Sir John Hawkshaw gab ein solches ab, nachdem er die Ar-<lb/>
beiten in Augenschein genommen hatte, und kam zum Endurtheil,<lb/>
dass weder er glücklichen Beendigung des Baues noch der Möglichkeit<lb/>
den Canal in benutzbarem Zustande zu erhalten, unübersteigliche tech-<lb/>
nische, natürliche oder finanzielle Hindernisse entgegenstünden. Die<lb/>
landläufigen Einwendungen, von den Gegnern des Werkes eifrig pro-<lb/>
pagirt, waren: voraussichtliche Verschlammung des Canals und Ver-<lb/>
schüttung desselben durch Flugsand und das Rutschterrain der Bö-<lb/>
schungen und Dämme; Eintrocknung der Bitterseen zu einer dicken<lb/>
Salzlauge; Schwierigkeit der Beschiffung des Rothen Meeres; Gefähr-<lb/>
lichkeit des Anlaufens von Port Saïd an der Leeküste; Schwierig-<lb/>
keit, wenn nicht Unmöglichkeit, den mittelmeerseitigen Eingang des<lb/>
Canals schiffbar zu erhalten. Allen diesen in der öffentlichen Meinung,<lb/><fwplace="bottom"type="sig">33*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[259/0279]
Der Suez-Canal.
nicht hinreichten, trat der Vicekönig ein mit baarem Gelde und der
Ausführung von Bauten, die den Zwecken des Suez-Canals dienten.
Er erhielt dafür 176.602 Stück Actien der Compagnie universelle du
Canal maritime de Suez, welche seit 1875 im Besitze des englischen
Staates sind. Die Coupons derselben bis Juli 1894 sind abgetrennt,
aber der Eigenthümer hat das Recht auf 10 Stimmen in der General-
versammlung des Canal-Unternehmens.
Es ist bekannt, dass Lesseps’ Unternehmen am nachdrücklichsten
von jener Macht bekämpft wurde, welche seither, da das Werk ge-
lungen, von demselben den grössten Vortheil zieht und sich auch,
wie oben erwähnt wurde, zum Mitbesitz des Canals, sowie auch zu
einer Art thatsächlicher Oberherrschaft über Egypten zu verhelfen
gewusst hat. Direct und indirect wurde die Ausführung des Canal-
projectes von englischer Seite geschädigt. Die Hindernisse, welche
Englands Einfluss in Kairo und Constantinopel dem Lesseps’schen
Unternehmen zu schaffen wusste — wodurch unter anderem die gross-
herrliche Gutheissung der Beistellung egyptischer Arbeitskräfte en masse
gegen Bezahlung durch zehn Jahre hindurch verzögert wurde — waren
vielleicht dem Fortschritt der Sache noch weniger abträglich, als die
ungünstige Beeinflussung der öffentlichen Meinung durch Gutachten
hervorragender technischer Autoritäten, wodurch natürlich die Capitals-
beschaffung sehr erschwert wurde. Schwierigkeiten und Hindernisse
aller Art bezeichnen demnach die einzelnen Etappen der Geschichte
des Canalbaues. Selbst Mohammed Saïd, anfänglich ein Enthusiast
für die Lesseps’schen Projecte, begann am Erfolge zu zweifeln, und es
ist bezeichnend, dass er im Jahre 1862, kurz vor seinem Tode, ein
englisches Gutachten über die Lebensfähigkeit des Unternehmens ver-
langte. Sir John Hawkshaw gab ein solches ab, nachdem er die Ar-
beiten in Augenschein genommen hatte, und kam zum Endurtheil,
dass weder er glücklichen Beendigung des Baues noch der Möglichkeit
den Canal in benutzbarem Zustande zu erhalten, unübersteigliche tech-
nische, natürliche oder finanzielle Hindernisse entgegenstünden. Die
landläufigen Einwendungen, von den Gegnern des Werkes eifrig pro-
pagirt, waren: voraussichtliche Verschlammung des Canals und Ver-
schüttung desselben durch Flugsand und das Rutschterrain der Bö-
schungen und Dämme; Eintrocknung der Bitterseen zu einer dicken
Salzlauge; Schwierigkeit der Beschiffung des Rothen Meeres; Gefähr-
lichkeit des Anlaufens von Port Saïd an der Leeküste; Schwierig-
keit, wenn nicht Unmöglichkeit, den mittelmeerseitigen Eingang des
Canals schiffbar zu erhalten. Allen diesen in der öffentlichen Meinung,
33*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/279>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.