schen Halbinsel; Bajae (das jetzige Baja), einst berühmt durch die Herrlichkeit und den Glanz seiner Bäder, die Horaz begeistert nennt; Misenium, der ehemalige Kriegshafen der Römer; das reiche Cumae (griechisch Kyme), die älteste griechische Colonie auf italischem Boden, einst hervorragend durch die Pracht seiner Bauwerke, aber gegen- wärtig nur mehr ein Ruinenfeld.
Reich sind denn auch die Ueberreste der antiken Cultur, die hier geherrscht. Die Verbindung Puteolis mit Egypten und dem Osten ver- mittelte den Eingang orientalischer Culte, die neben den griechischen und römischen bestanden und deren Tempelbauten in schweigenden Ruinen noch heute zu uns blicken.
Der zum felsigen Vorgebirge Posilipo streichende massige Berg- rücken gleichen Namens, ein Gebilde von lockerem Tuffstein, trennt das Gebiet von Pozzuoli von dem Weichbilde der Stadt Neapel. Die Römer bohrten, wahrscheinlich unter Augustus, einen Tunnel durch das Hinderniss, der nach mehreren Erweiterungen gegenwärtig 689 m Länge, bei variirender Höhe (bis 16 m) und Breite (bis 10 m), misst und den Namen Grotta vecchia di Pozzuoli führt. Neben diesem besteht die 1882 bis 1885 hergestellte Grotta nuova, ebenfalls ein Tunnel, durch welchen die Strassenbahn nach Pozzuoli führt.
Die sanft gewellte Posilipohöhe und ihre nördlichen Ausläufer umrahmen höchst malerisch das Weichbild von Neapel, das mit seinen reichen Details als effectvolles Gemälde aus der reizenden Um- gebung hervortritt. Vom Meere, das zahllose Schiffe und Barken be- leben, steigt die Stadt, anscheinend eine regellose Masse von Häusern und Bauwerken, längs der Abhänge und auf dem Rücken der Höhe empor. Zahlreiche Thürme, Kuppeln und palastähnliche Gebäude, dann wieder die finster blickenden Umwallungen des Forts St. Elmo, oder das dunkle Gemäuer des romantischen Castello dell' Ovo und gleich daran der blühende Park der reizenden Promenade Spiaggia di Chiaja mit dem freundlichen Kranz reizender Villen zu ihren Häupten, endlich aufwärts ein herrliches Paradies von Gärten, in welche die letzten Ausläufer der sich dehnenden imposanten Stadt sich gebettet haben; das sind die hervorstechendsten Einzelnheiten des bestrickenden Bildes der Stadt.
Scheinbar setzt sich Neapel in der langen Reihe von Ortschaften, Villen und Gehöften, welche den östlichen Strand beleben, endlos fort, denn man gewahrt keine Unterbrechung des Häuserzuges, der hier umgeben von Pinien und duftenden Orangenhainen fortflutet, so- weit das Auge reicht, vorbei am Fusse des isolirten Vesuvkegels, des
Neapel.
schen Halbinsel; Bajae (das jetzige Baja), einst berühmt durch die Herrlichkeit und den Glanz seiner Bäder, die Horaz begeistert nennt; Misenium, der ehemalige Kriegshafen der Römer; das reiche Cumae (griechisch Kyme), die älteste griechische Colonie auf italischem Boden, einst hervorragend durch die Pracht seiner Bauwerke, aber gegen- wärtig nur mehr ein Ruinenfeld.
Reich sind denn auch die Ueberreste der antiken Cultur, die hier geherrscht. Die Verbindung Puteolis mit Egypten und dem Osten ver- mittelte den Eingang orientalischer Culte, die neben den griechischen und römischen bestanden und deren Tempelbauten in schweigenden Ruinen noch heute zu uns blicken.
Der zum felsigen Vorgebirge Posilipo streichende massige Berg- rücken gleichen Namens, ein Gebilde von lockerem Tuffstein, trennt das Gebiet von Pozzuoli von dem Weichbilde der Stadt Neapel. Die Römer bohrten, wahrscheinlich unter Augustus, einen Tunnel durch das Hinderniss, der nach mehreren Erweiterungen gegenwärtig 689 m Länge, bei variirender Höhe (bis 16 m) und Breite (bis 10 m), misst und den Namen Grotta vecchia di Pozzuoli führt. Neben diesem besteht die 1882 bis 1885 hergestellte Grotta nuova, ebenfalls ein Tunnel, durch welchen die Strassenbahn nach Pozzuoli führt.
Die sanft gewellte Posilipohöhe und ihre nördlichen Ausläufer umrahmen höchst malerisch das Weichbild von Neapel, das mit seinen reichen Details als effectvolles Gemälde aus der reizenden Um- gebung hervortritt. Vom Meere, das zahllose Schiffe und Barken be- leben, steigt die Stadt, anscheinend eine regellose Masse von Häusern und Bauwerken, längs der Abhänge und auf dem Rücken der Höhe empor. Zahlreiche Thürme, Kuppeln und palastähnliche Gebäude, dann wieder die finster blickenden Umwallungen des Forts St. Elmo, oder das dunkle Gemäuer des romantischen Castello dell’ Ovo und gleich daran der blühende Park der reizenden Promenade Spiaggia di Chiaja mit dem freundlichen Kranz reizender Villen zu ihren Häupten, endlich aufwärts ein herrliches Paradies von Gärten, in welche die letzten Ausläufer der sich dehnenden imposanten Stadt sich gebettet haben; das sind die hervorstechendsten Einzelnheiten des bestrickenden Bildes der Stadt.
Scheinbar setzt sich Neapel in der langen Reihe von Ortschaften, Villen und Gehöften, welche den östlichen Strand beleben, endlos fort, denn man gewahrt keine Unterbrechung des Häuserzuges, der hier umgeben von Pinien und duftenden Orangenhainen fortflutet, so- weit das Auge reicht, vorbei am Fusse des isolirten Vesuvkegels, des
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Neapel.
schen Halbinsel; Bajae (das jetzige Baja), einst berühmt durch die
Herrlichkeit und den Glanz seiner Bäder, die Horaz begeistert nennt;
Misenium, der ehemalige Kriegshafen der Römer; das reiche Cumae
(griechisch Kyme), die älteste griechische Colonie auf italischem Boden,
einst hervorragend durch die Pracht seiner Bauwerke, aber gegen-
wärtig nur mehr ein Ruinenfeld.
Reich sind denn auch die Ueberreste der antiken Cultur, die hier
geherrscht. Die Verbindung Puteolis mit Egypten und dem Osten ver-
mittelte den Eingang orientalischer Culte, die neben den griechischen
und römischen bestanden und deren Tempelbauten in schweigenden
Ruinen noch heute zu uns blicken.
Der zum felsigen Vorgebirge Posilipo streichende massige Berg-
rücken gleichen Namens, ein Gebilde von lockerem Tuffstein, trennt
das Gebiet von Pozzuoli von dem Weichbilde der Stadt Neapel. Die
Römer bohrten, wahrscheinlich unter Augustus, einen Tunnel durch
das Hinderniss, der nach mehreren Erweiterungen gegenwärtig 689 m
Länge, bei variirender Höhe (bis 16 m) und Breite (bis 10 m), misst
und den Namen Grotta vecchia di Pozzuoli führt. Neben diesem
besteht die 1882 bis 1885 hergestellte Grotta nuova, ebenfalls ein
Tunnel, durch welchen die Strassenbahn nach Pozzuoli führt.
Die sanft gewellte Posilipohöhe und ihre nördlichen Ausläufer
umrahmen höchst malerisch das Weichbild von Neapel, das mit
seinen reichen Details als effectvolles Gemälde aus der reizenden Um-
gebung hervortritt. Vom Meere, das zahllose Schiffe und Barken be-
leben, steigt die Stadt, anscheinend eine regellose Masse von Häusern
und Bauwerken, längs der Abhänge und auf dem Rücken der Höhe
empor. Zahlreiche Thürme, Kuppeln und palastähnliche Gebäude, dann
wieder die finster blickenden Umwallungen des Forts St. Elmo, oder
das dunkle Gemäuer des romantischen Castello dell’ Ovo und gleich
daran der blühende Park der reizenden Promenade Spiaggia di Chiaja
mit dem freundlichen Kranz reizender Villen zu ihren Häupten, endlich
aufwärts ein herrliches Paradies von Gärten, in welche die letzten
Ausläufer der sich dehnenden imposanten Stadt sich gebettet haben;
das sind die hervorstechendsten Einzelnheiten des bestrickenden Bildes
der Stadt.
Scheinbar setzt sich Neapel in der langen Reihe von Ortschaften,
Villen und Gehöften, welche den östlichen Strand beleben, endlos
fort, denn man gewahrt keine Unterbrechung des Häuserzuges, der
hier umgeben von Pinien und duftenden Orangenhainen fortflutet, so-
weit das Auge reicht, vorbei am Fusse des isolirten Vesuvkegels, des
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/363>, abgerufen am 24.11.2024.
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