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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Barcelona.
Eine der imposantesten Avenuen ist der Paseo de Gracia, welcher die
Vorstadt Gracia mit der Altstadt verbindet, dann die Rambla de
Cataluna, die Fortsetzung der eigentlichen Rambla, ferner die Calle
de las Cortes mit dem Tetuanplatze, die vom Hafen nach der Vor-
stadt Hostafranchs führende Calle Marques del Duero, die Calle del
Paseo de S. Juan u. a. Die letztgenannte Avenue führt am Bahnhof
der Eisenbahn nach Zaragoza vorbei und mündet dann als breite
Allee (Salon de S. Juan) in den prächtigen Park (Parque), der im
Jahre 1888 das glänzende Schauspiel einer reich beschickten Welt-
ausstellung geboten. Die Anwesenheit der Königin-Regentin mit ihrem
Sohne, dem damals zweijährigen König Alphons XIII., dann die
grossartige Vereinigung von Flotten und Schiffen aller Seestaaten der
Erde gab zu vielerlei glanzvollen Festlichkeiten und Kundgebungen
die Veranlassung, so dass diese Zeit, die auch die Enthüllung des
äusserst prunkvollen Columbus-Denkmals gesehen, von einere pochalen
Bedeutung für Barcelona geworden ist.

An der Stelle des Parque erhob sich bis in die jüngste Zeit
die Citadelle, welche seit Philipp V. im Verein mit dem Castell von
Montjuich die Stadt im Zaume hielt.

Die Stadt hat in den letzten Jahren durch eine rastlose Bau-
thätigkeit sich verjüngt und enorm vergrössert; sie bietet mit ihren
neuen Anlagen, ihren herrlichen Monumentalbauten und den ausge-
dehnten Hafenarbeiten das Bild eines energisch aufstrebenden Ge-
meindewesens, dessen Ziele auf die grösste Erweiterung der indu-
striellen und Handelsstellung der catalonischen Metropole gerichtet sind.
Catalonien ist ja das Lancashire von Spanien, und Barcelona, das
jährlich unter anderem über 250.000 Ballen Baumwolle verarbeitet,
ist sein Manchester. Von dem fabelhaften Aufschwung der Stadt
wird man sich eine Vorstellung bilden können, wenn man bedenkt,
dass seit 1870 eine grössere Terrainfläche verbaut wurde, als die
alte Stadt einnimmt. Wenn der Reichthum der Stadt und die Be-
völkerungszahl in demselben Verhältnisse wie bisher zunehmen sollten,
dann würde Barcelona bald alle Städte verdunkeln, an deren Quais
die Wellen des Mittelmeeres rauschen.

Deshalb stieg auch die Frequenz ihres Seeverkehrs und machte
die Erweiterung des Hafens und dessen Ausstattung nothwendig. Der
ursprüngliche Hafen wurde 1474 angelegt und erst 1880 schritt man
zu dessen Umwandlung in einen Kunsthafen nach modernen Begriffen.

Aus unserem Plane sind die Details und die gegenwärtigen
Tiefenverhältnisse sowie das Project für eine in Aussicht genommene

Barcelona.
Eine der imposantesten Avenuen ist der Paseo de Gracia, welcher die
Vorstadt Gracia mit der Altstadt verbindet, dann die Rambla de
Cataluna, die Fortsetzung der eigentlichen Rambla, ferner die Calle
de las Cortes mit dem Tetuanplatze, die vom Hafen nach der Vor-
stadt Hostafranchs führende Calle Marques del Duero, die Calle del
Paseo de S. Juan u. a. Die letztgenannte Avenue führt am Bahnhof
der Eisenbahn nach Zaragoza vorbei und mündet dann als breite
Allee (Salon de S. Juan) in den prächtigen Park (Parque), der im
Jahre 1888 das glänzende Schauspiel einer reich beschickten Welt-
ausstellung geboten. Die Anwesenheit der Königin-Regentin mit ihrem
Sohne, dem damals zweijährigen König Alphons XIII., dann die
grossartige Vereinigung von Flotten und Schiffen aller Seestaaten der
Erde gab zu vielerlei glanzvollen Festlichkeiten und Kundgebungen
die Veranlassung, so dass diese Zeit, die auch die Enthüllung des
äusserst prunkvollen Columbus-Denkmals gesehen, von einere pochalen
Bedeutung für Barcelona geworden ist.

An der Stelle des Parque erhob sich bis in die jüngste Zeit
die Citadelle, welche seit Philipp V. im Verein mit dem Castell von
Montjuich die Stadt im Zaume hielt.

Die Stadt hat in den letzten Jahren durch eine rastlose Bau-
thätigkeit sich verjüngt und enorm vergrössert; sie bietet mit ihren
neuen Anlagen, ihren herrlichen Monumentalbauten und den ausge-
dehnten Hafenarbeiten das Bild eines energisch aufstrebenden Ge-
meindewesens, dessen Ziele auf die grösste Erweiterung der indu-
striellen und Handelsstellung der catalonischen Metropole gerichtet sind.
Catalonien ist ja das Lancashire von Spanien, und Barcelona, das
jährlich unter anderem über 250.000 Ballen Baumwolle verarbeitet,
ist sein Manchester. Von dem fabelhaften Aufschwung der Stadt
wird man sich eine Vorstellung bilden können, wenn man bedenkt,
dass seit 1870 eine grössere Terrainfläche verbaut wurde, als die
alte Stadt einnimmt. Wenn der Reichthum der Stadt und die Be-
völkerungszahl in demselben Verhältnisse wie bisher zunehmen sollten,
dann würde Barcelona bald alle Städte verdunkeln, an deren Quais
die Wellen des Mittelmeeres rauschen.

Deshalb stieg auch die Frequenz ihres Seeverkehrs und machte
die Erweiterung des Hafens und dessen Ausstattung nothwendig. Der
ursprüngliche Hafen wurde 1474 angelegt und erst 1880 schritt man
zu dessen Umwandlung in einen Kunsthafen nach modernen Begriffen.

Aus unserem Plane sind die Details und die gegenwärtigen
Tiefenverhältnisse sowie das Project für eine in Aussicht genommene

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[445/0465] Barcelona. Eine der imposantesten Avenuen ist der Paseo de Gracia, welcher die Vorstadt Gracia mit der Altstadt verbindet, dann die Rambla de Cataluna, die Fortsetzung der eigentlichen Rambla, ferner die Calle de las Cortes mit dem Tetuanplatze, die vom Hafen nach der Vor- stadt Hostafranchs führende Calle Marques del Duero, die Calle del Paseo de S. Juan u. a. Die letztgenannte Avenue führt am Bahnhof der Eisenbahn nach Zaragoza vorbei und mündet dann als breite Allee (Salon de S. Juan) in den prächtigen Park (Parque), der im Jahre 1888 das glänzende Schauspiel einer reich beschickten Welt- ausstellung geboten. Die Anwesenheit der Königin-Regentin mit ihrem Sohne, dem damals zweijährigen König Alphons XIII., dann die grossartige Vereinigung von Flotten und Schiffen aller Seestaaten der Erde gab zu vielerlei glanzvollen Festlichkeiten und Kundgebungen die Veranlassung, so dass diese Zeit, die auch die Enthüllung des äusserst prunkvollen Columbus-Denkmals gesehen, von einere pochalen Bedeutung für Barcelona geworden ist. An der Stelle des Parque erhob sich bis in die jüngste Zeit die Citadelle, welche seit Philipp V. im Verein mit dem Castell von Montjuich die Stadt im Zaume hielt. Die Stadt hat in den letzten Jahren durch eine rastlose Bau- thätigkeit sich verjüngt und enorm vergrössert; sie bietet mit ihren neuen Anlagen, ihren herrlichen Monumentalbauten und den ausge- dehnten Hafenarbeiten das Bild eines energisch aufstrebenden Ge- meindewesens, dessen Ziele auf die grösste Erweiterung der indu- striellen und Handelsstellung der catalonischen Metropole gerichtet sind. Catalonien ist ja das Lancashire von Spanien, und Barcelona, das jährlich unter anderem über 250.000 Ballen Baumwolle verarbeitet, ist sein Manchester. Von dem fabelhaften Aufschwung der Stadt wird man sich eine Vorstellung bilden können, wenn man bedenkt, dass seit 1870 eine grössere Terrainfläche verbaut wurde, als die alte Stadt einnimmt. Wenn der Reichthum der Stadt und die Be- völkerungszahl in demselben Verhältnisse wie bisher zunehmen sollten, dann würde Barcelona bald alle Städte verdunkeln, an deren Quais die Wellen des Mittelmeeres rauschen. Deshalb stieg auch die Frequenz ihres Seeverkehrs und machte die Erweiterung des Hafens und dessen Ausstattung nothwendig. Der ursprüngliche Hafen wurde 1474 angelegt und erst 1880 schritt man zu dessen Umwandlung in einen Kunsthafen nach modernen Begriffen. Aus unserem Plane sind die Details und die gegenwärtigen Tiefenverhältnisse sowie das Project für eine in Aussicht genommene

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/465>, abgerufen am 22.11.2024.