voller Gärten einladende Landhäuser und Villen. Riesige Magnolien und Tulpenbäume streben hier mit mächtigen Kronen empor.
In einer dieser Villen starb der unglückliche König Karl Albert von Sardinien, dessen Andenken seine Schwester, die Prinzessin von Montlear, durch Errichtung einer kleinen Capelle im Parke des Kry- stallpalastes geehrt hat.
In vergangener Zeit zählte Porto bei 80 Kirchen und Klöster; seither büsste die Stadt den ausgeprägt kirchlichen Charakter ein, und es bestehen heute nur mehr verhältnissmässig wenige Kirchen. Sehenswerth ist die aus Granit aufgeführte Kathedrale, ein ehrwür- diges Bauwerk, welches, mehreren Stylarten angehörend, an der Stelle eines antiken Castells der Sueven entstanden ist und manche Sehens- würdigkeiten enthält.
Einzelne Kirchen, wie die dem S. Martinho de Codofeita geweihte (XII. Jahrhundert), entstammen weit vergangenen Zeiten und sind be- sonders für Architekten sehenswerth.
Das prächtigste Gebäude der Stadt ist der Börsepalast (Palacio da Bolsa), welcher über Räumlichkeiten von solcher Ausdehnung verfügt, dass in demselben 1861 die grosse Ausstellung abgehalten werden konnte. Der schöne Ballsaal ist im Style der berühmten Al- hambra decorirt.
Die Strassen und Gassen der Stadt sind meist steil und vielfach gewunden, die Anlage von Treppenfluchten ist des Terrains wegen an vielen Stellen nicht zu umgehen gewesen. Indes verdienen ein- zelne in neuerer Zeit regulirte Strassen das Interesse des Besuchers, so die hübsche von palastartigen Häusern mit vergoldeten Balconen ein- gefasste Rua Infante D. Henrique, gewöhnlich als Rua dos Inglezes bekannt, eine der Hauptverkehrsadern der Stadt. In der breiten Rua das Flores, die eigentlich Goldschmiedgasse heissen sollte, haben sich ausschliesslich nur Goldarbeiter angesiedelt, welche die berühmten Goldfiligranarbeiten von Porto erzeugen und in reicher Auswahl in den Schaukästen exponiren.
Gegenüber von Porto ist die Vorstadt Villa Nova de Gaya ent- standen, wo die Weinhändler ihre grossartigen Lager und Kellereien erbaut haben. Mindestens 200 grosse Weingeschäfte, darunter 50 englische Häuser, besorgen von hier aus den Vertrieb der Weine vom oberen Douro (circa 300.000 hl). Zumeist geht derselbe nach Eng- land und Brasilien. Dort liegt auch das uralte Gaya, die Pflanzstadt von Porto mit 8000 Einwohnern, eine schmutzige Vorstadt, welche die Ehre in Anspruch nimmt, Portugal den Namen gegeben zu haben.
Der atlantische Ocean.
voller Gärten einladende Landhäuser und Villen. Riesige Magnolien und Tulpenbäume streben hier mit mächtigen Kronen empor.
In einer dieser Villen starb der unglückliche König Karl Albert von Sardinien, dessen Andenken seine Schwester, die Prinzessin von Montlear, durch Errichtung einer kleinen Capelle im Parke des Kry- stallpalastes geehrt hat.
In vergangener Zeit zählte Porto bei 80 Kirchen und Klöster; seither büsste die Stadt den ausgeprägt kirchlichen Charakter ein, und es bestehen heute nur mehr verhältnissmässig wenige Kirchen. Sehenswerth ist die aus Granit aufgeführte Kathedrale, ein ehrwür- diges Bauwerk, welches, mehreren Stylarten angehörend, an der Stelle eines antiken Castells der Sueven entstanden ist und manche Sehens- würdigkeiten enthält.
Einzelne Kirchen, wie die dem S. Martinho de Codofeita geweihte (XII. Jahrhundert), entstammen weit vergangenen Zeiten und sind be- sonders für Architekten sehenswerth.
Das prächtigste Gebäude der Stadt ist der Börsepalast (Palacio da Bolsa), welcher über Räumlichkeiten von solcher Ausdehnung verfügt, dass in demselben 1861 die grosse Ausstellung abgehalten werden konnte. Der schöne Ballsaal ist im Style der berühmten Al- hambra decorirt.
Die Strassen und Gassen der Stadt sind meist steil und vielfach gewunden, die Anlage von Treppenfluchten ist des Terrains wegen an vielen Stellen nicht zu umgehen gewesen. Indes verdienen ein- zelne in neuerer Zeit regulirte Strassen das Interesse des Besuchers, so die hübsche von palastartigen Häusern mit vergoldeten Balconen ein- gefasste Rua Infante D. Henrique, gewöhnlich als Rua dos Inglezes bekannt, eine der Hauptverkehrsadern der Stadt. In der breiten Rua das Flores, die eigentlich Goldschmiedgasse heissen sollte, haben sich ausschliesslich nur Goldarbeiter angesiedelt, welche die berühmten Goldfiligranarbeiten von Porto erzeugen und in reicher Auswahl in den Schaukästen exponiren.
Gegenüber von Porto ist die Vorstadt Villa Nova de Gaya ent- standen, wo die Weinhändler ihre grossartigen Lager und Kellereien erbaut haben. Mindestens 200 grosse Weingeschäfte, darunter 50 englische Häuser, besorgen von hier aus den Vertrieb der Weine vom oberen Douro (circa 300.000 hl). Zumeist geht derselbe nach Eng- land und Brasilien. Dort liegt auch das uralte Gaya, die Pflanzstadt von Porto mit 8000 Einwohnern, eine schmutzige Vorstadt, welche die Ehre in Anspruch nimmt, Portugal den Namen gegeben zu haben.
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Der atlantische Ocean.
voller Gärten einladende Landhäuser und Villen. Riesige Magnolien
und Tulpenbäume streben hier mit mächtigen Kronen empor.
In einer dieser Villen starb der unglückliche König Karl Albert
von Sardinien, dessen Andenken seine Schwester, die Prinzessin von
Montlear, durch Errichtung einer kleinen Capelle im Parke des Kry-
stallpalastes geehrt hat.
In vergangener Zeit zählte Porto bei 80 Kirchen und Klöster;
seither büsste die Stadt den ausgeprägt kirchlichen Charakter ein,
und es bestehen heute nur mehr verhältnissmässig wenige Kirchen.
Sehenswerth ist die aus Granit aufgeführte Kathedrale, ein ehrwür-
diges Bauwerk, welches, mehreren Stylarten angehörend, an der Stelle
eines antiken Castells der Sueven entstanden ist und manche Sehens-
würdigkeiten enthält.
Einzelne Kirchen, wie die dem S. Martinho de Codofeita geweihte
(XII. Jahrhundert), entstammen weit vergangenen Zeiten und sind be-
sonders für Architekten sehenswerth.
Das prächtigste Gebäude der Stadt ist der Börsepalast (Palacio
da Bolsa), welcher über Räumlichkeiten von solcher Ausdehnung
verfügt, dass in demselben 1861 die grosse Ausstellung abgehalten
werden konnte. Der schöne Ballsaal ist im Style der berühmten Al-
hambra decorirt.
Die Strassen und Gassen der Stadt sind meist steil und vielfach
gewunden, die Anlage von Treppenfluchten ist des Terrains wegen
an vielen Stellen nicht zu umgehen gewesen. Indes verdienen ein-
zelne in neuerer Zeit regulirte Strassen das Interesse des Besuchers,
so die hübsche von palastartigen Häusern mit vergoldeten Balconen ein-
gefasste Rua Infante D. Henrique, gewöhnlich als Rua dos Inglezes
bekannt, eine der Hauptverkehrsadern der Stadt. In der breiten Rua
das Flores, die eigentlich Goldschmiedgasse heissen sollte, haben sich
ausschliesslich nur Goldarbeiter angesiedelt, welche die berühmten
Goldfiligranarbeiten von Porto erzeugen und in reicher Auswahl in
den Schaukästen exponiren.
Gegenüber von Porto ist die Vorstadt Villa Nova de Gaya ent-
standen, wo die Weinhändler ihre grossartigen Lager und Kellereien
erbaut haben. Mindestens 200 grosse Weingeschäfte, darunter 50
englische Häuser, besorgen von hier aus den Vertrieb der Weine
vom oberen Douro (circa 300.000 hl). Zumeist geht derselbe nach Eng-
land und Brasilien. Dort liegt auch das uralte Gaya, die Pflanzstadt
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/566>, abgerufen am 22.11.2024.
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