Deshalb ist es in solchen Fällen rathsam, die See zu halten bis das Wetter ausgetobt hat.
Muss aber ein Segler um jeden Preis einlaufen, weil er dem Sturme nicht mehr zu widerstehen vermag, so wählt er bei San- tander die schmale Einfahrt zwischen der Felseninsel Mouro und dem Festlande, luvt knapp unter Pt. del Puerto an und ankert so- gleich, wenn er aus den Bereich der brechenden Wellen gekommen ist. Bei solchen Gelegenheiten soll mit dem günstigen Flutstrom eingelaufen werden, denn der hinausführende Ebbestrom würde das Schiff unfehlbar auf die gefährliche Quebrantas-Bank (siehe unseren Plan) treiben.
Von der Gewalt der furchtbaren Roller auf dieser Bank zeugt die Thatsache, dass ein daselbst gestrandetes Schiff, die italienische Bark "La Pace" von 900 t Gehalt in der Zeit von einer Stunde gänz- lich zertrümmert war und nur einzelne Spantengruppen von dem Schiffe sichtbar blieben. Von der Bemannung konnten nur zwei Mann gerettet werden.
Jeder Winter häuft an dieser Küste eine beträchtliche Zahl von Schiffsverlusten und tausende braver Seeleute haben hier das nasse Grab gefunden. Der Hafen selbst gehört aber seiner Grösse und Sicherheit wegen zu den spanischen Häfen erster Classe.
Santander, in welcher Stadt man den Portus Blendium der Römer vermuthet, ist sowohl der herrlichen Lage wegen als auch seiner modernen schönen Anlage nach eine der schönsten Städte Spaniens, wobei nicht unerwähnt bleiben kann, dass Santander, ähn- lich wie Barcelona, gerade durch die modernen Bauten, wie die ganze Quaifront, weit mehr das Aussehen einer französischen als einer spanischen Stadt hat. Santander lagert anmuthig an der Süd- seite einer Halbinsel, welche den fjordartig eingerissenen, aber ver- sandeten und nur von Wasseradern durchzogenen Ria (Fjörd) gleichen Namens bildet. Ein etwa 70 m hoher Hügelzug dessen gartenbedeckte Abhänge reizende Villen zieren, deckt Stadt und Hafen gegen die ge- fürchteten Nordwest- und Weststürme. Von jenen Höhen aus über- blickt man den von steilen Ufern eingefassten Plan des Ria in seiner ganzer Ausdehnug.
Im Nordosten schimmert die helle Sandfläche der Playa del Sardiniero, ein köstlicher Badestrand mit kräftigstem Wellenschlag. Dort entstand eine ganze Colonie von Hotels, Badehäusern und an- deren dem Comfort dienenden Gebäuden. Hieher und zum Leucht- feuer an den Pt. del Puerto führen hübsche Promenaden, welche
Der atlantische Ocean.
Deshalb ist es in solchen Fällen rathsam, die See zu halten bis das Wetter ausgetobt hat.
Muss aber ein Segler um jeden Preis einlaufen, weil er dem Sturme nicht mehr zu widerstehen vermag, so wählt er bei San- tander die schmale Einfahrt zwischen der Felseninsel Mouro und dem Festlande, luvt knapp unter Pt. del Puerto an und ankert so- gleich, wenn er aus den Bereich der brechenden Wellen gekommen ist. Bei solchen Gelegenheiten soll mit dem günstigen Flutstrom eingelaufen werden, denn der hinausführende Ebbestrom würde das Schiff unfehlbar auf die gefährliche Quebrantas-Bank (siehe unseren Plan) treiben.
Von der Gewalt der furchtbaren Roller auf dieser Bank zeugt die Thatsache, dass ein daselbst gestrandetes Schiff, die italienische Bark „La Pace“ von 900 t Gehalt in der Zeit von einer Stunde gänz- lich zertrümmert war und nur einzelne Spantengruppen von dem Schiffe sichtbar blieben. Von der Bemannung konnten nur zwei Mann gerettet werden.
Jeder Winter häuft an dieser Küste eine beträchtliche Zahl von Schiffsverlusten und tausende braver Seeleute haben hier das nasse Grab gefunden. Der Hafen selbst gehört aber seiner Grösse und Sicherheit wegen zu den spanischen Häfen erster Classe.
Santander, in welcher Stadt man den Portus Blendium der Römer vermuthet, ist sowohl der herrlichen Lage wegen als auch seiner modernen schönen Anlage nach eine der schönsten Städte Spaniens, wobei nicht unerwähnt bleiben kann, dass Santander, ähn- lich wie Barcelona, gerade durch die modernen Bauten, wie die ganze Quaifront, weit mehr das Aussehen einer französischen als einer spanischen Stadt hat. Santander lagert anmuthig an der Süd- seite einer Halbinsel, welche den fjordartig eingerissenen, aber ver- sandeten und nur von Wasseradern durchzogenen Ria (Fjörd) gleichen Namens bildet. Ein etwa 70 m hoher Hügelzug dessen gartenbedeckte Abhänge reizende Villen zieren, deckt Stadt und Hafen gegen die ge- fürchteten Nordwest- und Weststürme. Von jenen Höhen aus über- blickt man den von steilen Ufern eingefassten Plan des Ria in seiner ganzer Ausdehnug.
Im Nordosten schimmert die helle Sandfläche der Playa del Sardiniero, ein köstlicher Badestrand mit kräftigstem Wellenschlag. Dort entstand eine ganze Colonie von Hôtels, Badehäusern und an- deren dem Comfort dienenden Gebäuden. Hieher und zum Leucht- feuer an den Pt. del Puerto führen hübsche Promenaden, welche
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[554/0574]
Der atlantische Ocean.
Deshalb ist es in solchen Fällen rathsam, die See zu halten
bis das Wetter ausgetobt hat.
Muss aber ein Segler um jeden Preis einlaufen, weil er dem
Sturme nicht mehr zu widerstehen vermag, so wählt er bei San-
tander die schmale Einfahrt zwischen der Felseninsel Mouro und
dem Festlande, luvt knapp unter Pt. del Puerto an und ankert so-
gleich, wenn er aus den Bereich der brechenden Wellen gekommen
ist. Bei solchen Gelegenheiten soll mit dem günstigen Flutstrom
eingelaufen werden, denn der hinausführende Ebbestrom würde das
Schiff unfehlbar auf die gefährliche Quebrantas-Bank (siehe unseren
Plan) treiben.
Von der Gewalt der furchtbaren Roller auf dieser Bank zeugt
die Thatsache, dass ein daselbst gestrandetes Schiff, die italienische
Bark „La Pace“ von 900 t Gehalt in der Zeit von einer Stunde gänz-
lich zertrümmert war und nur einzelne Spantengruppen von dem
Schiffe sichtbar blieben. Von der Bemannung konnten nur zwei Mann
gerettet werden.
Jeder Winter häuft an dieser Küste eine beträchtliche Zahl
von Schiffsverlusten und tausende braver Seeleute haben hier das
nasse Grab gefunden. Der Hafen selbst gehört aber seiner Grösse
und Sicherheit wegen zu den spanischen Häfen erster Classe.
Santander, in welcher Stadt man den Portus Blendium der
Römer vermuthet, ist sowohl der herrlichen Lage wegen als auch
seiner modernen schönen Anlage nach eine der schönsten Städte
Spaniens, wobei nicht unerwähnt bleiben kann, dass Santander, ähn-
lich wie Barcelona, gerade durch die modernen Bauten, wie die
ganze Quaifront, weit mehr das Aussehen einer französischen als
einer spanischen Stadt hat. Santander lagert anmuthig an der Süd-
seite einer Halbinsel, welche den fjordartig eingerissenen, aber ver-
sandeten und nur von Wasseradern durchzogenen Ria (Fjörd) gleichen
Namens bildet. Ein etwa 70 m hoher Hügelzug dessen gartenbedeckte
Abhänge reizende Villen zieren, deckt Stadt und Hafen gegen die ge-
fürchteten Nordwest- und Weststürme. Von jenen Höhen aus über-
blickt man den von steilen Ufern eingefassten Plan des Ria in seiner
ganzer Ausdehnug.
Im Nordosten schimmert die helle Sandfläche der Playa del
Sardiniero, ein köstlicher Badestrand mit kräftigstem Wellenschlag.
Dort entstand eine ganze Colonie von Hôtels, Badehäusern und an-
deren dem Comfort dienenden Gebäuden. Hieher und zum Leucht-
feuer an den Pt. del Puerto führen hübsche Promenaden, welche
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 554. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/574>, abgerufen am 22.11.2024.
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