Im grossen Festsaale des königlichen Palastes von Amsterdam sieht man die allegorische Gestalt der Stadt umgeben von der Kraft, der Weisheit und dem Ueberflusse. Besser konnte die Bedeutung Amsterdams im Culturleben der Gegenwart kaum dargestellt werden, denn Kraft und Weisheit schufen hier Reichthum und häuften ihn zu Ueberfluss.
Obgleich fernab von der offenen See gelegen, ist Amsterdam doch eine glänzende Königin der Meere; durch den Hafen, durch die ruhigen Grachten, ja durch die entlegensten Gässchen streicht der unendliche Hauch der Oceane, und der geheimnissvolle Geist Neptuns scheint Stadt und Hafen in ewiger Gunst zu umschlingen.
Das goldene Schiff auf der Spitze des Palastthurmes verkörpert keine Künstlerlaune, sondern symbolisirt die weltumfassende Handels- thätigkeit Amsterdams.
Weit mehr verdient die Stadt ihres commerciellen Geistes wegen mit Alt-Venedig verglichen zu werden, als wegen ihrer zahlreichen Inseln, Canäle und Brücken, welche sie gleich wie die Dogenstadt an der Adria besitzt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir den glor- reichen Traditionen der einstigen Heldenzeit Hollands und seiner reichen Hauptstadt, wir sehen die Grabstätten der berühmten Admi- rale, worunter de Ruyter, dessen Grabschrift ihn "immensi tremor Oceani" nennt; wir betrachten die Monumente der grossen Meister und Gelehrten des Landes, und die Namen der Strassen und Plätze verherrlichen die ruhmvollsten Bürger der merkwürdigen Niederlande.
Das Leben der Gegenwart, Amsterdams commercielle Macht, tritt uns aber in der Lebhaftigkeit des Verkehres entgegen, welcher in den grandiosen Hafenanlagen pulsirt. Zwischen einst und jetzt liegt ein langer Weg der Entwicklung und des Fortschrittes.
Im XII. und XIII. Jahrhunderte noch ein armes Fischerdorf, hat Amsterdam sich zu einem der ersten Handelsplätze der Erde auf- geschwungen.
Amsterdam.
Im grossen Festsaale des königlichen Palastes von Amsterdam sieht man die allegorische Gestalt der Stadt umgeben von der Kraft, der Weisheit und dem Ueberflusse. Besser konnte die Bedeutung Amsterdams im Culturleben der Gegenwart kaum dargestellt werden, denn Kraft und Weisheit schufen hier Reichthum und häuften ihn zu Ueberfluss.
Obgleich fernab von der offenen See gelegen, ist Amsterdam doch eine glänzende Königin der Meere; durch den Hafen, durch die ruhigen Grachten, ja durch die entlegensten Gässchen streicht der unendliche Hauch der Oceane, und der geheimnissvolle Geist Neptuns scheint Stadt und Hafen in ewiger Gunst zu umschlingen.
Das goldene Schiff auf der Spitze des Palastthurmes verkörpert keine Künstlerlaune, sondern symbolisirt die weltumfassende Handels- thätigkeit Amsterdams.
Weit mehr verdient die Stadt ihres commerciellen Geistes wegen mit Alt-Venedig verglichen zu werden, als wegen ihrer zahlreichen Inseln, Canäle und Brücken, welche sie gleich wie die Dogenstadt an der Adria besitzt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir den glor- reichen Traditionen der einstigen Heldenzeit Hollands und seiner reichen Hauptstadt, wir sehen die Grabstätten der berühmten Admi- rale, worunter de Ruyter, dessen Grabschrift ihn „immensi tremor Oceani“ nennt; wir betrachten die Monumente der grossen Meister und Gelehrten des Landes, und die Namen der Strassen und Plätze verherrlichen die ruhmvollsten Bürger der merkwürdigen Niederlande.
Das Leben der Gegenwart, Amsterdams commercielle Macht, tritt uns aber in der Lebhaftigkeit des Verkehres entgegen, welcher in den grandiosen Hafenanlagen pulsirt. Zwischen einst und jetzt liegt ein langer Weg der Entwicklung und des Fortschrittes.
Im XII. und XIII. Jahrhunderte noch ein armes Fischerdorf, hat Amsterdam sich zu einem der ersten Handelsplätze der Erde auf- geschwungen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0708"n="[688]"/><divn="2"><head><hirendition="#b">Amsterdam.</hi></head><lb/><p>Im grossen Festsaale des königlichen Palastes von Amsterdam<lb/>
sieht man die allegorische Gestalt der Stadt umgeben von der Kraft, der<lb/>
Weisheit und dem Ueberflusse. Besser konnte die Bedeutung Amsterdams<lb/>
im Culturleben der Gegenwart kaum dargestellt werden, denn Kraft<lb/>
und Weisheit schufen hier Reichthum und häuften ihn zu Ueberfluss.</p><lb/><p>Obgleich fernab von der offenen See gelegen, ist Amsterdam<lb/>
doch eine glänzende Königin der Meere; durch den Hafen, durch die<lb/>
ruhigen Grachten, ja durch die entlegensten Gässchen streicht der<lb/>
unendliche Hauch der Oceane, und der geheimnissvolle Geist Neptuns<lb/>
scheint Stadt und Hafen in ewiger Gunst zu umschlingen.</p><lb/><p>Das goldene Schiff auf der Spitze des Palastthurmes verkörpert<lb/>
keine Künstlerlaune, sondern symbolisirt die weltumfassende Handels-<lb/>
thätigkeit Amsterdams.</p><lb/><p>Weit mehr verdient die Stadt ihres commerciellen Geistes wegen<lb/>
mit Alt-Venedig verglichen zu werden, als wegen ihrer zahlreichen<lb/>
Inseln, Canäle und Brücken, welche sie gleich wie die Dogenstadt<lb/>
an der Adria besitzt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir den glor-<lb/>
reichen Traditionen der einstigen Heldenzeit Hollands und seiner<lb/>
reichen Hauptstadt, wir sehen die Grabstätten der berühmten Admi-<lb/>
rale, worunter de Ruyter, dessen Grabschrift ihn „immensi tremor<lb/>
Oceani“ nennt; wir betrachten die Monumente der grossen Meister<lb/>
und Gelehrten des Landes, und die Namen der Strassen und Plätze<lb/>
verherrlichen die ruhmvollsten Bürger der merkwürdigen Niederlande.</p><lb/><p>Das Leben der Gegenwart, Amsterdams commercielle Macht,<lb/>
tritt uns aber in der Lebhaftigkeit des Verkehres entgegen, welcher<lb/>
in den grandiosen Hafenanlagen pulsirt. Zwischen einst und jetzt<lb/>
liegt ein langer Weg der Entwicklung und des Fortschrittes.</p><lb/><p>Im XII. und XIII. Jahrhunderte noch ein armes Fischerdorf,<lb/>
hat Amsterdam sich zu einem der ersten Handelsplätze der Erde auf-<lb/>
geschwungen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[[688]/0708]
Amsterdam.
Im grossen Festsaale des königlichen Palastes von Amsterdam
sieht man die allegorische Gestalt der Stadt umgeben von der Kraft, der
Weisheit und dem Ueberflusse. Besser konnte die Bedeutung Amsterdams
im Culturleben der Gegenwart kaum dargestellt werden, denn Kraft
und Weisheit schufen hier Reichthum und häuften ihn zu Ueberfluss.
Obgleich fernab von der offenen See gelegen, ist Amsterdam
doch eine glänzende Königin der Meere; durch den Hafen, durch die
ruhigen Grachten, ja durch die entlegensten Gässchen streicht der
unendliche Hauch der Oceane, und der geheimnissvolle Geist Neptuns
scheint Stadt und Hafen in ewiger Gunst zu umschlingen.
Das goldene Schiff auf der Spitze des Palastthurmes verkörpert
keine Künstlerlaune, sondern symbolisirt die weltumfassende Handels-
thätigkeit Amsterdams.
Weit mehr verdient die Stadt ihres commerciellen Geistes wegen
mit Alt-Venedig verglichen zu werden, als wegen ihrer zahlreichen
Inseln, Canäle und Brücken, welche sie gleich wie die Dogenstadt
an der Adria besitzt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir den glor-
reichen Traditionen der einstigen Heldenzeit Hollands und seiner
reichen Hauptstadt, wir sehen die Grabstätten der berühmten Admi-
rale, worunter de Ruyter, dessen Grabschrift ihn „immensi tremor
Oceani“ nennt; wir betrachten die Monumente der grossen Meister
und Gelehrten des Landes, und die Namen der Strassen und Plätze
verherrlichen die ruhmvollsten Bürger der merkwürdigen Niederlande.
Das Leben der Gegenwart, Amsterdams commercielle Macht,
tritt uns aber in der Lebhaftigkeit des Verkehres entgegen, welcher
in den grandiosen Hafenanlagen pulsirt. Zwischen einst und jetzt
liegt ein langer Weg der Entwicklung und des Fortschrittes.
Im XII. und XIII. Jahrhunderte noch ein armes Fischerdorf,
hat Amsterdam sich zu einem der ersten Handelsplätze der Erde auf-
geschwungen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. [688]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/708>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.