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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.
Canalisirung der Seine, eines Werkes, welches zwei Milliarden Francs verschlingen
würde; dann sei auch des grossartigen Planes Dr. Strousberg's gedacht, welcher
den Bau eines breiten und tiefen Seecanais von Berlin nach der unteren Elbe betraf.

Man sieht aus diesen Projecten, dass der Canalbau, der durch die Eisen-
bahnen einige Zeit vollständig überwunden schien, neuerlich in Europa viele Geister
in Bewegung setzt und der geniale Lesseps eine ganze Generation von Concurrenten
geschaffen hat, die sich aber erst den Lorbeer zu verdienen trachten muss.

Der Canalbau hat übrigens zu allen Zeiten eine gewisse Anziehungskraft
auf die Machthaber auszuüben vermocht, und wir haben gelegentlich der Darstel-
lung der Canäle von Korinth und Suez die Bestrebungen des Alterthums an jenen
berühmten Stätten hervorgehoben.

Dass die wichtige Verbindung der Nord- und Ostsee gleichfalls als ein Glied
in der Kette einer historischen Entwicklung erscheint, ist nun natürlich, denn
wenn es gemeinsame, die Menschheit umfassende Ideen gibt, so mussten sie auf
allen durch schmale Landmassen getrennten Meerestheilen zum Ausdruck ge-
langen und so auch an der Halbinsel Jütland.

Im Mittelalter handelte es sich nicht allein um Wegersparniss wie heute,
sondern um die Vermeidung der gefährlichen Umschiffung von Skagen, dann
aber auch darum, der Bedrückung zu entgehen, welche das mächtige Dänenreich der
Schiffahrt auferlegte (Sundzoll!).

Unter diesen Verhältnissen war in den Jahren 1391 bis 1398 der Stecknitz-
Canal zwischen Lauenburg an der Elbe und Lübeck an der Trave enstanden, der,
obgleich für die Seeschiffahrt nicht verwendbar, doch die erste Wasserverbindung
der Nord- mit der Ostsee bildete. Die Urheberschaft der Hansa ist dem noch
heute bestehenden, für Fahrzeuge von ganz geringem Tiefgange benutzbaren Canal
aufgeprägt, denn er verband zunächst Lübeck mit Hamburg.

Die beiden früheren Hansastädte waren es auch, welche zu Anfang des
XVI. Jahrhunderts den sogenannten Alster-Trave-Canal in Angriff nahmen, jedoch
wurde dieses Werk 1550 zerstört.

Um dieselbe Zeit plante Christian III. von Dänemark eine Durchstechung
auf den Linien Ribe und Kolding, Ribe und Hadersleben oder Ballum-Apenrade.
Diese Projecte blieben ebenso unausgeführt wie jene Wallenstein's, welcher als
kaiserlicher Generalissimus und Grossadmiral im Jahre 1628 den Befehl zum Bau
eines Nord-Ostseecanals von jetzt unbekannter Richtung ertheilte.

Auch Cromwell, der berühmte Lord-Protector von England, entwarf ein Canal-
bauproject, welches dahin zielte, von der Elbe aus mit Benützung des Schweriner
Sees einen Canal nach Wismar zu führen und letzteren Hafen für England zu
erwerben.

Erst dem Könige Christian VII. von Dänemark war es gelungen, von 1777
bis 1785 den Eider-Canal auszuführen, welcher von der Kieler Bucht bei Holtenau
ausgehend das wasserreiche Eider-Flüsschen erreicht und dessen Lauf bis Rends-
burg folgt. Bei etwa 3 m Tiefe und 30 m Breite genügte er den Anforderungen der
damaligen Zeit hinreichend, heute jedoch entspricht er dem Verkehre keineswegs
mehr. Auch ist der Eider-Canal seiner geringen Tiefe wegen kein eigentlicher See-
schifffahrts-Canal, obwohl er zu regelmässigen Dampfschiffs-Verbindungen zwischen
Kiel und Bremen, Flensburg und Hamburg benützt wird..

Von Zeit zu Zeit tauchten immer neue Projecte auf, so auch nach den Frei-
heitskriegen, wo man sich Friedenswerken zuzuwenden begann. Nach den Revolu-

Der atlantische Ocean.
Canalisirung der Seine, eines Werkes, welches zwei Milliarden Francs verschlingen
würde; dann sei auch des grossartigen Planes Dr. Strousberg’s gedacht, welcher
den Bau eines breiten und tiefen Seecanais von Berlin nach der unteren Elbe betraf.

Man sieht aus diesen Projecten, dass der Canalbau, der durch die Eisen-
bahnen einige Zeit vollständig überwunden schien, neuerlich in Europa viele Geister
in Bewegung setzt und der geniale Lesseps eine ganze Generation von Concurrenten
geschaffen hat, die sich aber erst den Lorbeer zu verdienen trachten muss.

Der Canalbau hat übrigens zu allen Zeiten eine gewisse Anziehungskraft
auf die Machthaber auszuüben vermocht, und wir haben gelegentlich der Darstel-
lung der Canäle von Korinth und Suez die Bestrebungen des Alterthums an jenen
berühmten Stätten hervorgehoben.

Dass die wichtige Verbindung der Nord- und Ostsee gleichfalls als ein Glied
in der Kette einer historischen Entwicklung erscheint, ist nun natürlich, denn
wenn es gemeinsame, die Menschheit umfassende Ideen gibt, so mussten sie auf
allen durch schmale Landmassen getrennten Meerestheilen zum Ausdruck ge-
langen und so auch an der Halbinsel Jütland.

Im Mittelalter handelte es sich nicht allein um Wegersparniss wie heute,
sondern um die Vermeidung der gefährlichen Umschiffung von Skagen, dann
aber auch darum, der Bedrückung zu entgehen, welche das mächtige Dänenreich der
Schiffahrt auferlegte (Sundzoll!).

Unter diesen Verhältnissen war in den Jahren 1391 bis 1398 der Stecknitz-
Canal zwischen Lauenburg an der Elbe und Lübeck an der Trave enstanden, der,
obgleich für die Seeschiffahrt nicht verwendbar, doch die erste Wasserverbindung
der Nord- mit der Ostsee bildete. Die Urheberschaft der Hansa ist dem noch
heute bestehenden, für Fahrzeuge von ganz geringem Tiefgange benutzbaren Canal
aufgeprägt, denn er verband zunächst Lübeck mit Hamburg.

Die beiden früheren Hansastädte waren es auch, welche zu Anfang des
XVI. Jahrhunderts den sogenannten Alster-Trave-Canal in Angriff nahmen, jedoch
wurde dieses Werk 1550 zerstört.

Um dieselbe Zeit plante Christian III. von Dänemark eine Durchstechung
auf den Linien Ribe und Kolding, Ribe und Hadersleben oder Ballum-Apenrade.
Diese Projecte blieben ebenso unausgeführt wie jene Wallenstein’s, welcher als
kaiserlicher Generalissimus und Grossadmiral im Jahre 1628 den Befehl zum Bau
eines Nord-Ostseecanals von jetzt unbekannter Richtung ertheilte.

Auch Cromwell, der berühmte Lord-Protector von England, entwarf ein Canal-
bauproject, welches dahin zielte, von der Elbe aus mit Benützung des Schweriner
Sees einen Canal nach Wismar zu führen und letzteren Hafen für England zu
erwerben.

Erst dem Könige Christian VII. von Dänemark war es gelungen, von 1777
bis 1785 den Eider-Canal auszuführen, welcher von der Kieler Bucht bei Holtenau
ausgehend das wasserreiche Eider-Flüsschen erreicht und dessen Lauf bis Rends-
burg folgt. Bei etwa 3 m Tiefe und 30 m Breite genügte er den Anforderungen der
damaligen Zeit hinreichend, heute jedoch entspricht er dem Verkehre keineswegs
mehr. Auch ist der Eider-Canal seiner geringen Tiefe wegen kein eigentlicher See-
schifffahrts-Canal, obwohl er zu regelmässigen Dampfschiffs-Verbindungen zwischen
Kiel und Bremen, Flensburg und Hamburg benützt wird..

Von Zeit zu Zeit tauchten immer neue Projecte auf, so auch nach den Frei-
heitskriegen, wo man sich Friedenswerken zuzuwenden begann. Nach den Revolu-

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[770/0790] Der atlantische Ocean. Canalisirung der Seine, eines Werkes, welches zwei Milliarden Francs verschlingen würde; dann sei auch des grossartigen Planes Dr. Strousberg’s gedacht, welcher den Bau eines breiten und tiefen Seecanais von Berlin nach der unteren Elbe betraf. Man sieht aus diesen Projecten, dass der Canalbau, der durch die Eisen- bahnen einige Zeit vollständig überwunden schien, neuerlich in Europa viele Geister in Bewegung setzt und der geniale Lesseps eine ganze Generation von Concurrenten geschaffen hat, die sich aber erst den Lorbeer zu verdienen trachten muss. Der Canalbau hat übrigens zu allen Zeiten eine gewisse Anziehungskraft auf die Machthaber auszuüben vermocht, und wir haben gelegentlich der Darstel- lung der Canäle von Korinth und Suez die Bestrebungen des Alterthums an jenen berühmten Stätten hervorgehoben. Dass die wichtige Verbindung der Nord- und Ostsee gleichfalls als ein Glied in der Kette einer historischen Entwicklung erscheint, ist nun natürlich, denn wenn es gemeinsame, die Menschheit umfassende Ideen gibt, so mussten sie auf allen durch schmale Landmassen getrennten Meerestheilen zum Ausdruck ge- langen und so auch an der Halbinsel Jütland. Im Mittelalter handelte es sich nicht allein um Wegersparniss wie heute, sondern um die Vermeidung der gefährlichen Umschiffung von Skagen, dann aber auch darum, der Bedrückung zu entgehen, welche das mächtige Dänenreich der Schiffahrt auferlegte (Sundzoll!). Unter diesen Verhältnissen war in den Jahren 1391 bis 1398 der Stecknitz- Canal zwischen Lauenburg an der Elbe und Lübeck an der Trave enstanden, der, obgleich für die Seeschiffahrt nicht verwendbar, doch die erste Wasserverbindung der Nord- mit der Ostsee bildete. Die Urheberschaft der Hansa ist dem noch heute bestehenden, für Fahrzeuge von ganz geringem Tiefgange benutzbaren Canal aufgeprägt, denn er verband zunächst Lübeck mit Hamburg. Die beiden früheren Hansastädte waren es auch, welche zu Anfang des XVI. Jahrhunderts den sogenannten Alster-Trave-Canal in Angriff nahmen, jedoch wurde dieses Werk 1550 zerstört. Um dieselbe Zeit plante Christian III. von Dänemark eine Durchstechung auf den Linien Ribe und Kolding, Ribe und Hadersleben oder Ballum-Apenrade. Diese Projecte blieben ebenso unausgeführt wie jene Wallenstein’s, welcher als kaiserlicher Generalissimus und Grossadmiral im Jahre 1628 den Befehl zum Bau eines Nord-Ostseecanals von jetzt unbekannter Richtung ertheilte. Auch Cromwell, der berühmte Lord-Protector von England, entwarf ein Canal- bauproject, welches dahin zielte, von der Elbe aus mit Benützung des Schweriner Sees einen Canal nach Wismar zu führen und letzteren Hafen für England zu erwerben. Erst dem Könige Christian VII. von Dänemark war es gelungen, von 1777 bis 1785 den Eider-Canal auszuführen, welcher von der Kieler Bucht bei Holtenau ausgehend das wasserreiche Eider-Flüsschen erreicht und dessen Lauf bis Rends- burg folgt. Bei etwa 3 m Tiefe und 30 m Breite genügte er den Anforderungen der damaligen Zeit hinreichend, heute jedoch entspricht er dem Verkehre keineswegs mehr. Auch ist der Eider-Canal seiner geringen Tiefe wegen kein eigentlicher See- schifffahrts-Canal, obwohl er zu regelmässigen Dampfschiffs-Verbindungen zwischen Kiel und Bremen, Flensburg und Hamburg benützt wird.. Von Zeit zu Zeit tauchten immer neue Projecte auf, so auch nach den Frei- heitskriegen, wo man sich Friedenswerken zuzuwenden begann. Nach den Revolu-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 770. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/790>, abgerufen am 22.11.2024.