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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Der atlantische Ocean.

Stettin ist durch seine Lage an der Oder und die Nähe der
Reichshauptstadt Berlin (134 km) der bedeutendste Hafen Preussens,
der auch über die Ostsee hinaus lebhaften Handel treibt. Er leidet
aber schon heute unter dem Mitbewerbe von Hamburg, das nach
Vollendung der neuen Canalbauten zwischen Elbe und Oder noch
mehr auf Stettin drücken wird.

Je grösser die Schiffe werden, desto mehr bleiben ihrer in
Swinemünde, und eine Vertiefung des Fahrwassers in dem Haff und der
Oder zunächst auf 6 m und später auf 7 m ist ebenso dringend, wie
eine Beleuchtung desselben, damit die Schiffe auch bei einbrechender
Dunkelheit nach Stettin hinauffahren und so den Vortheil, welchen
die Beleuchtung des Sundes bietet, voll ausnützen können.

Dem Mangel an Quaianlagen wird die Ausführung des Dunzig-
Parnitz-Canales abhelfen, und damit ist auch die Möglichkeit geboten,
in Stettin ein Freihafengebiet zu errichten, wie es heute Hamburg
und Bremen haben. Im Besitze dieser Anlagen kann Stettin mit Ruhe
dem Zeitpunkte entgegensehen, welcher vielleicht die Vollendung des
projectirten Canals Stettin-Berlin bringen wird.

Der Stettiner Hafen wird jetzt durch drei Eisbrechdampfschiffe
auch im Winter für Dampfer zugänglich erhalten und steht deshalb
während des ganzen Jahres mit den eisfreien Häfen in ununter-
brochenem Verkehre.

Als Handelsplatz hat Stettin in den letzten dreissig Jahren, freilich vielfach
auf Kosten der kleineren Ostseehäfen, zugenommen; möglich dass der Zenith
erreicht ist. Im Seehandel Stettins überwiegt die Einfuhr bedeutend, wie die
folgende Tabelle zeigt:

Der Seehandel von Stettin umfasste in Tonnen:

[Tabelle]

Da Swinemünde im Wesentlichen nur als Umladeplatz Bedeutung für den
Handel hat und die Einfuhr der Hauptsache nach aus englischen Steinkohlen,
die Ausfuhr aus Zink besteht, so ziehen wir im Folgenden den Seeverkehr beider
Städte zusammen.

Stettin-Swinemünde haben durchschnittlich eine Getreideeinfuhr von mehr
als 2 Millionen q. Wenn die Roggenernte in Nordrussland günstig ausfällt, ist
Roggen an der Spitze der Einfuhr, so 1888 mit 1,723.390 q; muss aber Roggen
aus Südrussland und von der Donau bezogen werden, so kommt er zum grossen
Theile über Hamburg und Binnenwasserstrassen nach Berlin und selbst nach
Stettin. Deshalb erreichte die Roggeneinfuhr von 1889 nur 717.840 q. Aus Russ-
land kommt auch Weizen, Hafer (1889 849.380 q, 1888 351.220 q) und Gerste
(1889 216.420 q, 1888 69.460 q), aus der Union Mais (1889 227.860 q, 1888
142.100 q).


Der atlantische Ocean.

Stettin ist durch seine Lage an der Oder und die Nähe der
Reichshauptstadt Berlin (134 km) der bedeutendste Hafen Preussens,
der auch über die Ostsee hinaus lebhaften Handel treibt. Er leidet
aber schon heute unter dem Mitbewerbe von Hamburg, das nach
Vollendung der neuen Canalbauten zwischen Elbe und Oder noch
mehr auf Stettin drücken wird.

Je grösser die Schiffe werden, desto mehr bleiben ihrer in
Swinemünde, und eine Vertiefung des Fahrwassers in dem Haff und der
Oder zunächst auf 6 m und später auf 7 m ist ebenso dringend, wie
eine Beleuchtung desselben, damit die Schiffe auch bei einbrechender
Dunkelheit nach Stettin hinauffahren und so den Vortheil, welchen
die Beleuchtung des Sundes bietet, voll ausnützen können.

Dem Mangel an Quaianlagen wird die Ausführung des Dunzig-
Parnitz-Canales abhelfen, und damit ist auch die Möglichkeit geboten,
in Stettin ein Freihafengebiet zu errichten, wie es heute Hamburg
und Bremen haben. Im Besitze dieser Anlagen kann Stettin mit Ruhe
dem Zeitpunkte entgegensehen, welcher vielleicht die Vollendung des
projectirten Canals Stettin-Berlin bringen wird.

Der Stettiner Hafen wird jetzt durch drei Eisbrechdampfschiffe
auch im Winter für Dampfer zugänglich erhalten und steht deshalb
während des ganzen Jahres mit den eisfreien Häfen in ununter-
brochenem Verkehre.

Als Handelsplatz hat Stettin in den letzten dreissig Jahren, freilich vielfach
auf Kosten der kleineren Ostseehäfen, zugenommen; möglich dass der Zenith
erreicht ist. Im Seehandel Stettins überwiegt die Einfuhr bedeutend, wie die
folgende Tabelle zeigt:

Der Seehandel von Stettin umfasste in Tonnen:

[Tabelle]

Da Swinemünde im Wesentlichen nur als Umladeplatz Bedeutung für den
Handel hat und die Einfuhr der Hauptsache nach aus englischen Steinkohlen,
die Ausfuhr aus Zink besteht, so ziehen wir im Folgenden den Seeverkehr beider
Städte zusammen.

Stettin-Swinemünde haben durchschnittlich eine Getreideeinfuhr von mehr
als 2 Millionen q. Wenn die Roggenernte in Nordrussland günstig ausfällt, ist
Roggen an der Spitze der Einfuhr, so 1888 mit 1,723.390 q; muss aber Roggen
aus Südrussland und von der Donau bezogen werden, so kommt er zum grossen
Theile über Hamburg und Binnenwasserstrassen nach Berlin und selbst nach
Stettin. Deshalb erreichte die Roggeneinfuhr von 1889 nur 717.840 q. Aus Russ-
land kommt auch Weizen, Hafer (1889 849.380 q, 1888 351.220 q) und Gerste
(1889 216.420 q, 1888 69.460 q), aus der Union Mais (1889 227.860 q, 1888
142.100 q).


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[818/0838] Der atlantische Ocean. Stettin ist durch seine Lage an der Oder und die Nähe der Reichshauptstadt Berlin (134 km) der bedeutendste Hafen Preussens, der auch über die Ostsee hinaus lebhaften Handel treibt. Er leidet aber schon heute unter dem Mitbewerbe von Hamburg, das nach Vollendung der neuen Canalbauten zwischen Elbe und Oder noch mehr auf Stettin drücken wird. Je grösser die Schiffe werden, desto mehr bleiben ihrer in Swinemünde, und eine Vertiefung des Fahrwassers in dem Haff und der Oder zunächst auf 6 m und später auf 7 m ist ebenso dringend, wie eine Beleuchtung desselben, damit die Schiffe auch bei einbrechender Dunkelheit nach Stettin hinauffahren und so den Vortheil, welchen die Beleuchtung des Sundes bietet, voll ausnützen können. Dem Mangel an Quaianlagen wird die Ausführung des Dunzig- Parnitz-Canales abhelfen, und damit ist auch die Möglichkeit geboten, in Stettin ein Freihafengebiet zu errichten, wie es heute Hamburg und Bremen haben. Im Besitze dieser Anlagen kann Stettin mit Ruhe dem Zeitpunkte entgegensehen, welcher vielleicht die Vollendung des projectirten Canals Stettin-Berlin bringen wird. Der Stettiner Hafen wird jetzt durch drei Eisbrechdampfschiffe auch im Winter für Dampfer zugänglich erhalten und steht deshalb während des ganzen Jahres mit den eisfreien Häfen in ununter- brochenem Verkehre. Als Handelsplatz hat Stettin in den letzten dreissig Jahren, freilich vielfach auf Kosten der kleineren Ostseehäfen, zugenommen; möglich dass der Zenith erreicht ist. Im Seehandel Stettins überwiegt die Einfuhr bedeutend, wie die folgende Tabelle zeigt: Der Seehandel von Stettin umfasste in Tonnen: _ Da Swinemünde im Wesentlichen nur als Umladeplatz Bedeutung für den Handel hat und die Einfuhr der Hauptsache nach aus englischen Steinkohlen, die Ausfuhr aus Zink besteht, so ziehen wir im Folgenden den Seeverkehr beider Städte zusammen. Stettin-Swinemünde haben durchschnittlich eine Getreideeinfuhr von mehr als 2 Millionen q. Wenn die Roggenernte in Nordrussland günstig ausfällt, ist Roggen an der Spitze der Einfuhr, so 1888 mit 1,723.390 q; muss aber Roggen aus Südrussland und von der Donau bezogen werden, so kommt er zum grossen Theile über Hamburg und Binnenwasserstrassen nach Berlin und selbst nach Stettin. Deshalb erreichte die Roggeneinfuhr von 1889 nur 717.840 q. Aus Russ- land kommt auch Weizen, Hafer (1889 849.380 q, 1888 351.220 q) und Gerste (1889 216.420 q, 1888 69.460 q), aus der Union Mais (1889 227.860 q, 1888 142.100 q).

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 818. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/838>, abgerufen am 22.11.2024.