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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891.

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Das Mittelmeerbecken.

Gleichzeitig entstanden wie von unsichtbarer Macht hingezaubert
neue kleine Städte mit schönen Häfen an den Ausmündungen der wer-
denden Wasserstrasse, wohl die Erben des einst so stolzen Korinth.

Das historische Panorama, welches die uralte Burg Akrokorinth erschaute,
sucht fürwahr seinesgleichen.

Die Blüthezeit von Korinth fällt weit zurück in das vorchristliche Alter-
thum. Der Sage nach von Ephira, einer Fürstentochter 1900 v. Chr., nach anderen
Ueberlieferungen aber von dem schlauen Sisyphos 1350 v. Chr. gegründet (die
überaus günstige Lage der Stadt bestätigt seinen Scharfsinn) und dreihundert
Jahre später von den Doriern genommen, wurde Korinth, die älteste Culturstätte
auf europäischem Boden, dank dem stärkeren phönikischen Elemente in seiner
Bevölkerung frühzeitig der Ausgangspunkt grossartiger Unternehmungen. Handel
und Industrie, besonders die Purpur- und Teppich-Industrie, waren bereits im
IX. Jahrhundert v. Chr. hoch entwickelt. Korinth war der Mittelpunkt des grossen
Verkehres zwischen Asien, Italien und Griechenland geworden und seine Bewohner
ihres Erfindungsgeistes und Kunstsinnes wegen ausgezeichnet.

Die überflutende Lebenskraft des üppigen Emporiums am Isthmus äusserte
sich durch die Gründung zahlreicher Colonien, von welchen Syrakus, Potidäa und
die bereits erwähnte Insel Kerkyra die hervorragendsten waren.

In der ganzen griechischen Welt vermochten bis zur Zeit der Perserkriege
nur Aegina und das kleinasiatische Milet mit Korinth sich zu messen, das als
grösstes Handelsemporium des Ostens galt.

Unter der Herrschaft der Tyrannen (657 bis 582 v. Chr.) war Korinth am
mächtigsten, sein Volk am glücklichsten.

Am Kampfe wider die persische Macht betheiligte sich Korinth, dessen
Bewohner wenig kriegerischen Ehrgeiz hatten, nur in bescheidenem Masse.

Sein Stern begann zu erbleichen, und selbst die Demüthigung der grossen
Nebenbuhlerin Athen im Kriege gegen Sparta (404 n. Chr.) konnte den erlöschenden
Glanz nicht wieder beleben. Zehn Jahre später erkämpft es in einem blutigen K[ri]ege
gegen das mächtig gewordene Sparta (394--387) das Uebergewicht in Griechen-
land, allein um 335 erstürmen die Makedonier unter Alexander dem Grossen, der
hier mit Diogenes, dem genügsamen Philosophen, zusammentrifft, die Burg; sie
werden im Jahre 243 vertrieben und es folgt für 21 Jahre die Blüthezeit des
achäischen Bundes.

Schon lange ist aber Griechenland in die Machtsphäre Roms gelangt und
im Jahre 196 verkündet T. Quinctius Flaminius in Stadion am Isthmus den
Griechen die ihnen von den Römern geschenkte Unabhängigkeit. Am selben Orte
hatte Alexander der Grosse (336) vor dem Kriege gegen Persien zum Heerführer
aller Griechen sich ausrufen lassen. Korinth trat an die Spitze des neuen achäi-
schen Bundes, der sich gegen Rom auflehnte, letzteres besiegelte den Untergang
der Gegnerin.

Die Legionen des siegreichen Consuls Lucius Mummius erschienen 194 vor
Korinth, legten die ehrwürdige Kunststätte in Schutt und trieben die Einwohner
in die Sclaverei. So endete das alte Korinth.

Nach anderthalb Jahrhunderten gründet Cäsar (46) auf den Trümmern eine
neue Colonie, die wieder zu grosser Blüthe gedeiht und zur glänzendsten Handels-
stadt von Griechenland sich aufschwingt.


Das Mittelmeerbecken.

Gleichzeitig entstanden wie von unsichtbarer Macht hingezaubert
neue kleine Städte mit schönen Häfen an den Ausmündungen der wer-
denden Wasserstrasse, wohl die Erben des einst so stolzen Korinth.

Das historische Panorama, welches die uralte Burg Akrokorinth erschaute,
sucht fürwahr seinesgleichen.

Die Blüthezeit von Korinth fällt weit zurück in das vorchristliche Alter-
thum. Der Sage nach von Ephira, einer Fürstentochter 1900 v. Chr., nach anderen
Ueberlieferungen aber von dem schlauen Sisyphos 1350 v. Chr. gegründet (die
überaus günstige Lage der Stadt bestätigt seinen Scharfsinn) und dreihundert
Jahre später von den Doriern genommen, wurde Korinth, die älteste Culturstätte
auf europäischem Boden, dank dem stärkeren phönikischen Elemente in seiner
Bevölkerung frühzeitig der Ausgangspunkt grossartiger Unternehmungen. Handel
und Industrie, besonders die Purpur- und Teppich-Industrie, waren bereits im
IX. Jahrhundert v. Chr. hoch entwickelt. Korinth war der Mittelpunkt des grossen
Verkehres zwischen Asien, Italien und Griechenland geworden und seine Bewohner
ihres Erfindungsgeistes und Kunstsinnes wegen ausgezeichnet.

Die überflutende Lebenskraft des üppigen Emporiums am Isthmus äusserte
sich durch die Gründung zahlreicher Colonien, von welchen Syrakus, Potidäa und
die bereits erwähnte Insel Kerkyra die hervorragendsten waren.

In der ganzen griechischen Welt vermochten bis zur Zeit der Perserkriege
nur Aegina und das kleinasiatische Milet mit Korinth sich zu messen, das als
grösstes Handelsemporium des Ostens galt.

Unter der Herrschaft der Tyrannen (657 bis 582 v. Chr.) war Korinth am
mächtigsten, sein Volk am glücklichsten.

Am Kampfe wider die persische Macht betheiligte sich Korinth, dessen
Bewohner wenig kriegerischen Ehrgeiz hatten, nur in bescheidenem Masse.

Sein Stern begann zu erbleichen, und selbst die Demüthigung der grossen
Nebenbuhlerin Athen im Kriege gegen Sparta (404 n. Chr.) konnte den erlöschenden
Glanz nicht wieder beleben. Zehn Jahre später erkämpft es in einem blutigen K[ri]ege
gegen das mächtig gewordene Sparta (394—387) das Uebergewicht in Griechen-
land, allein um 335 erstürmen die Makedonier unter Alexander dem Grossen, der
hier mit Diogenes, dem genügsamen Philosophen, zusammentrifft, die Burg; sie
werden im Jahre 243 vertrieben und es folgt für 21 Jahre die Blüthezeit des
achäischen Bundes.

Schon lange ist aber Griechenland in die Machtsphäre Roms gelangt und
im Jahre 196 verkündet T. Quinctius Flaminius in Stadion am Isthmus den
Griechen die ihnen von den Römern geschenkte Unabhängigkeit. Am selben Orte
hatte Alexander der Grosse (336) vor dem Kriege gegen Persien zum Heerführer
aller Griechen sich ausrufen lassen. Korinth trat an die Spitze des neuen achäi-
schen Bundes, der sich gegen Rom auflehnte, letzteres besiegelte den Untergang
der Gegnerin.

Die Legionen des siegreichen Consuls Lucius Mummius erschienen 194 vor
Korinth, legten die ehrwürdige Kunststätte in Schutt und trieben die Einwohner
in die Sclaverei. So endete das alte Korinth.

Nach anderthalb Jahrhunderten gründet Cäsar (46) auf den Trümmern eine
neue Colonie, die wieder zu grosser Blüthe gedeiht und zur glänzendsten Handels-
stadt von Griechenland sich aufschwingt.


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[74/0094] Das Mittelmeerbecken. Gleichzeitig entstanden wie von unsichtbarer Macht hingezaubert neue kleine Städte mit schönen Häfen an den Ausmündungen der wer- denden Wasserstrasse, wohl die Erben des einst so stolzen Korinth. Das historische Panorama, welches die uralte Burg Akrokorinth erschaute, sucht fürwahr seinesgleichen. Die Blüthezeit von Korinth fällt weit zurück in das vorchristliche Alter- thum. Der Sage nach von Ephira, einer Fürstentochter 1900 v. Chr., nach anderen Ueberlieferungen aber von dem schlauen Sisyphos 1350 v. Chr. gegründet (die überaus günstige Lage der Stadt bestätigt seinen Scharfsinn) und dreihundert Jahre später von den Doriern genommen, wurde Korinth, die älteste Culturstätte auf europäischem Boden, dank dem stärkeren phönikischen Elemente in seiner Bevölkerung frühzeitig der Ausgangspunkt grossartiger Unternehmungen. Handel und Industrie, besonders die Purpur- und Teppich-Industrie, waren bereits im IX. Jahrhundert v. Chr. hoch entwickelt. Korinth war der Mittelpunkt des grossen Verkehres zwischen Asien, Italien und Griechenland geworden und seine Bewohner ihres Erfindungsgeistes und Kunstsinnes wegen ausgezeichnet. Die überflutende Lebenskraft des üppigen Emporiums am Isthmus äusserte sich durch die Gründung zahlreicher Colonien, von welchen Syrakus, Potidäa und die bereits erwähnte Insel Kerkyra die hervorragendsten waren. In der ganzen griechischen Welt vermochten bis zur Zeit der Perserkriege nur Aegina und das kleinasiatische Milet mit Korinth sich zu messen, das als grösstes Handelsemporium des Ostens galt. Unter der Herrschaft der Tyrannen (657 bis 582 v. Chr.) war Korinth am mächtigsten, sein Volk am glücklichsten. Am Kampfe wider die persische Macht betheiligte sich Korinth, dessen Bewohner wenig kriegerischen Ehrgeiz hatten, nur in bescheidenem Masse. Sein Stern begann zu erbleichen, und selbst die Demüthigung der grossen Nebenbuhlerin Athen im Kriege gegen Sparta (404 n. Chr.) konnte den erlöschenden Glanz nicht wieder beleben. Zehn Jahre später erkämpft es in einem blutigen Kriege gegen das mächtig gewordene Sparta (394—387) das Uebergewicht in Griechen- land, allein um 335 erstürmen die Makedonier unter Alexander dem Grossen, der hier mit Diogenes, dem genügsamen Philosophen, zusammentrifft, die Burg; sie werden im Jahre 243 vertrieben und es folgt für 21 Jahre die Blüthezeit des achäischen Bundes. Schon lange ist aber Griechenland in die Machtsphäre Roms gelangt und im Jahre 196 verkündet T. Quinctius Flaminius in Stadion am Isthmus den Griechen die ihnen von den Römern geschenkte Unabhängigkeit. Am selben Orte hatte Alexander der Grosse (336) vor dem Kriege gegen Persien zum Heerführer aller Griechen sich ausrufen lassen. Korinth trat an die Spitze des neuen achäi- schen Bundes, der sich gegen Rom auflehnte, letzteres besiegelte den Untergang der Gegnerin. Die Legionen des siegreichen Consuls Lucius Mummius erschienen 194 vor Korinth, legten die ehrwürdige Kunststätte in Schutt und trieben die Einwohner in die Sclaverei. So endete das alte Korinth. Nach anderthalb Jahrhunderten gründet Cäsar (46) auf den Trümmern eine neue Colonie, die wieder zu grosser Blüthe gedeiht und zur glänzendsten Handels- stadt von Griechenland sich aufschwingt.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 1. Wien, 1891, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen01_1891/94>, abgerufen am 21.11.2024.