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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.

Selbst die Bitternisse des Winters, die in dem unsteten Klima
Philadelphias oft sehr empfunden werden, bilden am Delaware kein
Hinderniss für die regste Schiffahrt. Wie an der ganzen Ostküste der
Union, wird auch in Philadelphia während des Winters der Strom
bis weit hinab in die Bai mit Eis bedeckt, aber mittelst starker
Dampfer, welche fortwährend in Bewegung erhalten werden und das
Eis durchbrechen, wird die Bahn zum Ocean frei erhalten.

Von wo immer man sich der Stadt nähern mag, ist die Fahrt
und der Anblick fesselnd und interessant. Alle Bahnen, von welchen
fünf auf die eigentliche Stadt entfallen, durchlaufen herrliche Gegenden.
Die meisten übersetzen den Schuylkill auf fünf verschiedenen Brücken,
und sind alle Stationen durch mehrfache Verbindungsbahnen, welche
auch den Verkehr nach den Quais herstellen, wie in einen Ring inein-
ander geschlossen. Nur der Delaware hat dem Laufe der Eisenbahnen
gewisse Grenzen angewiesen. Die wichtigste Bahn, die Main-Line der
Pennsylvania Rail-Road, hat mit immensen Kosten ganze Strassen-
gevierte an sich gebracht und im Centrum der Stadt neben den
Public buildings einen Prachtbahnhof gebaut, der an Luxus, Gross-
artigkeit und Comfort kaum von irgend einer europäischen Station
übertroffen wird. West-Philadelphia durchlaufend, übersetzt der Schienen-
weg der Main-Line den Schuylkillfluss auf jener Strasse, welche die
Fortsetzung der Marketstrasse bildet. Der Viaduct, welcher an Stelle
der demolirten Häuserreihe die Zufahrt über das Terrain ebnet, ist ein
Meisterwerk der Baukunst und deshalb eine Sehenswürdigkeit und
eine Zierde der Stadt; unter dessen Bögen erleidet keine einzige der
Nord-Süd laufenden Strassen eine Unterbrechung.

Am Südende der Stadt, wo Schuylkill und Delaware sich ver-
einigen, auf dem niederen League-Island, liegt der Navy-Yard, das
Seearsenal der Vereinigten Staaten. Wenn man von Philadelphia süd-
wärts dem Ocean zusteuert, so entschwinden nach unzähligen Win-
dungen des Flusses die qualmenden Schlote, der Rauch und Dampf,
die letzten Zeichen des nie ruhenden Arbeitslebens einer der arbeit-
samsten Städte des Erdballs. Das Fahrwasser des Delaware ist, wie
unsere Karte zeigt, durch Betonnung und reichliche Leuchtfeuer markirt.
Ueber 24 derlei Lichter weisen den Seeweg, der gegen Süden zu sich
rasch erweitert, aber unter der trügerischen Wasserfläche doch nur
bestimmte tiefere Furchen der Schiffahrt offen lässt. Oft brandet und
stürmt es schon gewaltig und die hohen Wogen des Oceans rollen
mit Macht an die flachen, meist sandigen Küsten der Bai, ehe bei
Cap May das nördliche oder bei Cap Henlopen das südliche grosse

Die atlantische Küste von Amerika.

Selbst die Bitternisse des Winters, die in dem unsteten Klima
Philadelphias oft sehr empfunden werden, bilden am Delaware kein
Hinderniss für die regste Schiffahrt. Wie an der ganzen Ostküste der
Union, wird auch in Philadelphia während des Winters der Strom
bis weit hinab in die Bai mit Eis bedeckt, aber mittelst starker
Dampfer, welche fortwährend in Bewegung erhalten werden und das
Eis durchbrechen, wird die Bahn zum Ocean frei erhalten.

Von wo immer man sich der Stadt nähern mag, ist die Fahrt
und der Anblick fesselnd und interessant. Alle Bahnen, von welchen
fünf auf die eigentliche Stadt entfallen, durchlaufen herrliche Gegenden.
Die meisten übersetzen den Schuylkill auf fünf verschiedenen Brücken,
und sind alle Stationen durch mehrfache Verbindungsbahnen, welche
auch den Verkehr nach den Quais herstellen, wie in einen Ring inein-
ander geschlossen. Nur der Delaware hat dem Laufe der Eisenbahnen
gewisse Grenzen angewiesen. Die wichtigste Bahn, die Main-Line der
Pennsylvania Rail-Road, hat mit immensen Kosten ganze Strassen-
gevierte an sich gebracht und im Centrum der Stadt neben den
Public buildings einen Prachtbahnhof gebaut, der an Luxus, Gross-
artigkeit und Comfort kaum von irgend einer europäischen Station
übertroffen wird. West-Philadelphia durchlaufend, übersetzt der Schienen-
weg der Main-Line den Schuylkillfluss auf jener Strasse, welche die
Fortsetzung der Marketstrasse bildet. Der Viaduct, welcher an Stelle
der demolirten Häuserreihe die Zufahrt über das Terrain ebnet, ist ein
Meisterwerk der Baukunst und deshalb eine Sehenswürdigkeit und
eine Zierde der Stadt; unter dessen Bögen erleidet keine einzige der
Nord-Süd laufenden Strassen eine Unterbrechung.

Am Südende der Stadt, wo Schuylkill und Delaware sich ver-
einigen, auf dem niederen League-Island, liegt der Navy-Yard, das
Seearsenal der Vereinigten Staaten. Wenn man von Philadelphia süd-
wärts dem Ocean zusteuert, so entschwinden nach unzähligen Win-
dungen des Flusses die qualmenden Schlote, der Rauch und Dampf,
die letzten Zeichen des nie ruhenden Arbeitslebens einer der arbeit-
samsten Städte des Erdballs. Das Fahrwasser des Delaware ist, wie
unsere Karte zeigt, durch Betonnung und reichliche Leuchtfeuer markirt.
Ueber 24 derlei Lichter weisen den Seeweg, der gegen Süden zu sich
rasch erweitert, aber unter der trügerischen Wasserfläche doch nur
bestimmte tiefere Furchen der Schiffahrt offen lässt. Oft brandet und
stürmt es schon gewaltig und die hohen Wogen des Oceans rollen
mit Macht an die flachen, meist sandigen Küsten der Bai, ehe bei
Cap May das nördliche oder bei Cap Henlopen das südliche grosse

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[102/0118] Die atlantische Küste von Amerika. Selbst die Bitternisse des Winters, die in dem unsteten Klima Philadelphias oft sehr empfunden werden, bilden am Delaware kein Hinderniss für die regste Schiffahrt. Wie an der ganzen Ostküste der Union, wird auch in Philadelphia während des Winters der Strom bis weit hinab in die Bai mit Eis bedeckt, aber mittelst starker Dampfer, welche fortwährend in Bewegung erhalten werden und das Eis durchbrechen, wird die Bahn zum Ocean frei erhalten. Von wo immer man sich der Stadt nähern mag, ist die Fahrt und der Anblick fesselnd und interessant. Alle Bahnen, von welchen fünf auf die eigentliche Stadt entfallen, durchlaufen herrliche Gegenden. Die meisten übersetzen den Schuylkill auf fünf verschiedenen Brücken, und sind alle Stationen durch mehrfache Verbindungsbahnen, welche auch den Verkehr nach den Quais herstellen, wie in einen Ring inein- ander geschlossen. Nur der Delaware hat dem Laufe der Eisenbahnen gewisse Grenzen angewiesen. Die wichtigste Bahn, die Main-Line der Pennsylvania Rail-Road, hat mit immensen Kosten ganze Strassen- gevierte an sich gebracht und im Centrum der Stadt neben den Public buildings einen Prachtbahnhof gebaut, der an Luxus, Gross- artigkeit und Comfort kaum von irgend einer europäischen Station übertroffen wird. West-Philadelphia durchlaufend, übersetzt der Schienen- weg der Main-Line den Schuylkillfluss auf jener Strasse, welche die Fortsetzung der Marketstrasse bildet. Der Viaduct, welcher an Stelle der demolirten Häuserreihe die Zufahrt über das Terrain ebnet, ist ein Meisterwerk der Baukunst und deshalb eine Sehenswürdigkeit und eine Zierde der Stadt; unter dessen Bögen erleidet keine einzige der Nord-Süd laufenden Strassen eine Unterbrechung. Am Südende der Stadt, wo Schuylkill und Delaware sich ver- einigen, auf dem niederen League-Island, liegt der Navy-Yard, das Seearsenal der Vereinigten Staaten. Wenn man von Philadelphia süd- wärts dem Ocean zusteuert, so entschwinden nach unzähligen Win- dungen des Flusses die qualmenden Schlote, der Rauch und Dampf, die letzten Zeichen des nie ruhenden Arbeitslebens einer der arbeit- samsten Städte des Erdballs. Das Fahrwasser des Delaware ist, wie unsere Karte zeigt, durch Betonnung und reichliche Leuchtfeuer markirt. Ueber 24 derlei Lichter weisen den Seeweg, der gegen Süden zu sich rasch erweitert, aber unter der trügerischen Wasserfläche doch nur bestimmte tiefere Furchen der Schiffahrt offen lässt. Oft brandet und stürmt es schon gewaltig und die hohen Wogen des Oceans rollen mit Macht an die flachen, meist sandigen Küsten der Bai, ehe bei Cap May das nördliche oder bei Cap Henlopen das südliche grosse

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/118>, abgerufen am 21.11.2024.