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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Westindische Häfen.

Aber erst als im Jahre 1818 allgemeine Handelsfreiheit ertheilt wurde,
also zu einer Zeit, während die Colonien aller anderen Staaten noch in den Fesseln
des strengsten Prohibitivsystems lagen, war die letzte Schranke auf dem Wege
entfernt, auf welchem Cuba nunmehr rasch zu einem Zustande der Prosperität
aufstieg, welcher diese Insel weit über alle anderen westindischen Colonien erhob.

Der Vorsprung, den Cuba damals erhielt, ist selbst in der Gegenwart, in
welcher aus später erörterten Ursachen auch auf Cuba ein Stillstand, wenn nicht
ein Rückschritt zu verzeichnen ist, von den übrigen Inseln der Antillen nicht mehr
eingeholt worden.

Mit dem zunehmenden Wohlstande wuchsen aber auch der Parteienhader und
die Zerwürfnisse im Innern; seit 1812, in welchem Jahre die erste vom freien

[Abbildung]

Habana.

Neger Aponte angestiftete Sclavenempörung unterdrückt wurde, waren Negerauf-
stände etwas Gewöhnliches. Aber auch das in den früheren Jahrhunderten nie
ernstlich getrübte Verhältniss der Colonie zum Mutterlande machte einer tief-
gehenden Unzufriedenheit Platz, die sich in einer Reihe von Verschwörungen und
blutigen Aufständen äusserte. Es bildete sich eine starke Partei im Lande, welche
den Anschluss Cubas an die Vereinigten Staaten Nordamerikas anstrebte und von
letzterer Seite moralische und materielle Unterstützung fand.

Selbst officiell traten die Unionstaaten in diese Bewegung ein, indem sie
1848 der spanischen Regierung eine Million Dollars für die Ablösung Cubas boten,
und trotz der Zurückweisung dieses Antrages konnte noch zehn Jahre später im
nordamerikanischen Senate ein Antrag, wenn auch erfolglos, zur Sprache kommen,
Spanien 30 Millionen Dollars für Cuba zu bieten.


Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 23
Westindische Häfen.

Aber erst als im Jahre 1818 allgemeine Handelsfreiheit ertheilt wurde,
also zu einer Zeit, während die Colonien aller anderen Staaten noch in den Fesseln
des strengsten Prohibitivsystems lagen, war die letzte Schranke auf dem Wege
entfernt, auf welchem Cuba nunmehr rasch zu einem Zustande der Prosperität
aufstieg, welcher diese Insel weit über alle anderen westindischen Colonien erhob.

Der Vorsprung, den Cuba damals erhielt, ist selbst in der Gegenwart, in
welcher aus später erörterten Ursachen auch auf Cuba ein Stillstand, wenn nicht
ein Rückschritt zu verzeichnen ist, von den übrigen Inseln der Antillen nicht mehr
eingeholt worden.

Mit dem zunehmenden Wohlstande wuchsen aber auch der Parteienhader und
die Zerwürfnisse im Innern; seit 1812, in welchem Jahre die erste vom freien

[Abbildung]

Habana.

Neger Aponte angestiftete Sclavenempörung unterdrückt wurde, waren Negerauf-
stände etwas Gewöhnliches. Aber auch das in den früheren Jahrhunderten nie
ernstlich getrübte Verhältniss der Colonie zum Mutterlande machte einer tief-
gehenden Unzufriedenheit Platz, die sich in einer Reihe von Verschwörungen und
blutigen Aufständen äusserte. Es bildete sich eine starke Partei im Lande, welche
den Anschluss Cubas an die Vereinigten Staaten Nordamerikas anstrebte und von
letzterer Seite moralische und materielle Unterstützung fand.

Selbst officiell traten die Unionstaaten in diese Bewegung ein, indem sie
1848 der spanischen Regierung eine Million Dollars für die Ablösung Cubas boten,
und trotz der Zurückweisung dieses Antrages konnte noch zehn Jahre später im
nordamerikanischen Senate ein Antrag, wenn auch erfolglos, zur Sprache kommen,
Spanien 30 Millionen Dollars für Cuba zu bieten.


Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 23
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[177/0193] Westindische Häfen. Aber erst als im Jahre 1818 allgemeine Handelsfreiheit ertheilt wurde, also zu einer Zeit, während die Colonien aller anderen Staaten noch in den Fesseln des strengsten Prohibitivsystems lagen, war die letzte Schranke auf dem Wege entfernt, auf welchem Cuba nunmehr rasch zu einem Zustande der Prosperität aufstieg, welcher diese Insel weit über alle anderen westindischen Colonien erhob. Der Vorsprung, den Cuba damals erhielt, ist selbst in der Gegenwart, in welcher aus später erörterten Ursachen auch auf Cuba ein Stillstand, wenn nicht ein Rückschritt zu verzeichnen ist, von den übrigen Inseln der Antillen nicht mehr eingeholt worden. Mit dem zunehmenden Wohlstande wuchsen aber auch der Parteienhader und die Zerwürfnisse im Innern; seit 1812, in welchem Jahre die erste vom freien [Abbildung Habana.] Neger Aponte angestiftete Sclavenempörung unterdrückt wurde, waren Negerauf- stände etwas Gewöhnliches. Aber auch das in den früheren Jahrhunderten nie ernstlich getrübte Verhältniss der Colonie zum Mutterlande machte einer tief- gehenden Unzufriedenheit Platz, die sich in einer Reihe von Verschwörungen und blutigen Aufständen äusserte. Es bildete sich eine starke Partei im Lande, welche den Anschluss Cubas an die Vereinigten Staaten Nordamerikas anstrebte und von letzterer Seite moralische und materielle Unterstützung fand. Selbst officiell traten die Unionstaaten in diese Bewegung ein, indem sie 1848 der spanischen Regierung eine Million Dollars für die Ablösung Cubas boten, und trotz der Zurückweisung dieses Antrages konnte noch zehn Jahre später im nordamerikanischen Senate ein Antrag, wenn auch erfolglos, zur Sprache kommen, Spanien 30 Millionen Dollars für Cuba zu bieten. Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 23

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/193>, abgerufen am 22.11.2024.