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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Amerika.
Stein gebaut und ohne architektonischen Schmuck, die öffentlichen
Gebäude nur selten bemerkenswerth. Die Strassen sind eng und nicht
rein, doch durchkreuzen sie sich zumeist unter rechten Winkeln. Das
regste Geschäftsleben findet sich in den Parallelstrassen, die das
Meeresufer mit dem Constitutionsplatze -- Praca do Constitucao --
verbinden. Dieser Platz ist ebenfalls mit Parkanlagen versehen und
mit einem durch Volkssubscription errichteten Reiterstandbild Dom
Pedro's I. geschmückt, das den Kaiser die Constitution überbringend
darstellt. Der Sockel ist mit allegorischen Figuren verziert, welche
die Ströme und Völker des Reiches versinnlichen. An diesem Platze
liegt auch das Ministerium des Innern und das zweite Theater der
Stadt, das 1813 eröffnete Teatro Sao Pedro d'Alcantara.

Die bedeutendste Strasse der Altstadt ist die Rua Direita, gegen-
wärtig officiell Rua Primeiro Marco benannt. Sie ist breiter als die
übrigen Strassen, mit kleinen Steinquadern gepflastert und führt vom
Kloster Sao Benito, das eine reiche und schöne Kapelle besitzt, süd-
lich bis zum Largo do Paco, an welchem das ehemalige kaiserliche
Palais, das Handelsministerium, das Abgeordnetenhaus und die Markt-
halle liegen. Das Palais ist ein grosser Steinbau, in altportugiesischem
Style ausgeführt. Zuerst Residenz der Vicekönige und für einige Zeit
auch Joao's VI., diente es in den letzten Jahrzehnten nur für Gala-
empfänge des Hofes und enthielt auch schon zu dieser Zeit verschie-
dene öffentliche Aemter. Die Rua Primeiro de Marco ist sehr belebt
und der Sitz der Kaufleute; in ihr befindet sich die Börse, das Zoll-
haus, die Kathedrale und das Postgebäude. Die Börse, ehemals ein
Theil des Zollamtes, wurde 1834 von der Regierung ihrer jetzigen
Bestimmung abgetreten, seither jedoch durch einen hübschen Neubau
ersetzt; die Kathedrale Nossa Senhora do Carmo ist sowohl durch
ihr Aeusseres als auch durch die innere Ornamentik eine der schönsten
Kirchen der Stadt; das Postgebäude ist sehr einfach, jedoch geräumig.
Am Ende der Rua Primeiro de Marco befindet sich das Seearsenal
mit dem Amtssitze des Marineministers.

Die in die Rua Primeiro de Marco einmündende Rua do Ouvidor,
der Broadway Rios, ist die eleganteste Strasse der Stadt und reich
an luxuriös ausgestatteten Läden, doch macht deren Enge auf den
Fremden einen auffälligen Eindruck. In ihr befinden sich die Redac-
tionen der ersten Tagesblätter der Hauptstadt und die 40.000 Bände
enthaltende Bibliothek Fluminense. Die Rua do Ouvidor führt zu dem
Platze Largo de Sao Francisco de Paulo, in dessen Mitte Jose Boni-
facio de Andrade ein mit den allegorischen Figuren der Gerechtig-

Die atlantische Küste von Amerika.
Stein gebaut und ohne architektonischen Schmuck, die öffentlichen
Gebäude nur selten bemerkenswerth. Die Strassen sind eng und nicht
rein, doch durchkreuzen sie sich zumeist unter rechten Winkeln. Das
regste Geschäftsleben findet sich in den Parallelstrassen, die das
Meeresufer mit dem Constitutionsplatze — Praça do Constitução —
verbinden. Dieser Platz ist ebenfalls mit Parkanlagen versehen und
mit einem durch Volkssubscription errichteten Reiterstandbild Dom
Pedro’s I. geschmückt, das den Kaiser die Constitution überbringend
darstellt. Der Sockel ist mit allegorischen Figuren verziert, welche
die Ströme und Völker des Reiches versinnlichen. An diesem Platze
liegt auch das Ministerium des Innern und das zweite Theater der
Stadt, das 1813 eröffnete Teatro São Pedro d’Alcantara.

Die bedeutendste Strasse der Altstadt ist die Rua Direita, gegen-
wärtig officiell Rua Primeiro Março benannt. Sie ist breiter als die
übrigen Strassen, mit kleinen Steinquadern gepflastert und führt vom
Kloster São Benito, das eine reiche und schöne Kapelle besitzt, süd-
lich bis zum Largo do Paço, an welchem das ehemalige kaiserliche
Palais, das Handelsministerium, das Abgeordnetenhaus und die Markt-
halle liegen. Das Palais ist ein grosser Steinbau, in altportugiesischem
Style ausgeführt. Zuerst Residenz der Vicekönige und für einige Zeit
auch João’s VI., diente es in den letzten Jahrzehnten nur für Gala-
empfänge des Hofes und enthielt auch schon zu dieser Zeit verschie-
dene öffentliche Aemter. Die Rua Primeiro de Março ist sehr belebt
und der Sitz der Kaufleute; in ihr befindet sich die Börse, das Zoll-
haus, die Kathedrale und das Postgebäude. Die Börse, ehemals ein
Theil des Zollamtes, wurde 1834 von der Regierung ihrer jetzigen
Bestimmung abgetreten, seither jedoch durch einen hübschen Neubau
ersetzt; die Kathedrale Nossa Senhora do Carmo ist sowohl durch
ihr Aeusseres als auch durch die innere Ornamentik eine der schönsten
Kirchen der Stadt; das Postgebäude ist sehr einfach, jedoch geräumig.
Am Ende der Rua Primeiro de Março befindet sich das Seearsenal
mit dem Amtssitze des Marineministers.

Die in die Rua Primeiro de Março einmündende Rua do Ouvidor,
der Broadway Rios, ist die eleganteste Strasse der Stadt und reich
an luxuriös ausgestatteten Läden, doch macht deren Enge auf den
Fremden einen auffälligen Eindruck. In ihr befinden sich die Redac-
tionen der ersten Tagesblätter der Hauptstadt und die 40.000 Bände
enthaltende Bibliothek Fluminense. Die Rua do Ouvidor führt zu dem
Platze Largo de São Francisco de Paulo, in dessen Mitte José Boni-
facio de Andrade ein mit den allegorischen Figuren der Gerechtig-

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[262/0278] Die atlantische Küste von Amerika. Stein gebaut und ohne architektonischen Schmuck, die öffentlichen Gebäude nur selten bemerkenswerth. Die Strassen sind eng und nicht rein, doch durchkreuzen sie sich zumeist unter rechten Winkeln. Das regste Geschäftsleben findet sich in den Parallelstrassen, die das Meeresufer mit dem Constitutionsplatze — Praça do Constitução — verbinden. Dieser Platz ist ebenfalls mit Parkanlagen versehen und mit einem durch Volkssubscription errichteten Reiterstandbild Dom Pedro’s I. geschmückt, das den Kaiser die Constitution überbringend darstellt. Der Sockel ist mit allegorischen Figuren verziert, welche die Ströme und Völker des Reiches versinnlichen. An diesem Platze liegt auch das Ministerium des Innern und das zweite Theater der Stadt, das 1813 eröffnete Teatro São Pedro d’Alcantara. Die bedeutendste Strasse der Altstadt ist die Rua Direita, gegen- wärtig officiell Rua Primeiro Março benannt. Sie ist breiter als die übrigen Strassen, mit kleinen Steinquadern gepflastert und führt vom Kloster São Benito, das eine reiche und schöne Kapelle besitzt, süd- lich bis zum Largo do Paço, an welchem das ehemalige kaiserliche Palais, das Handelsministerium, das Abgeordnetenhaus und die Markt- halle liegen. Das Palais ist ein grosser Steinbau, in altportugiesischem Style ausgeführt. Zuerst Residenz der Vicekönige und für einige Zeit auch João’s VI., diente es in den letzten Jahrzehnten nur für Gala- empfänge des Hofes und enthielt auch schon zu dieser Zeit verschie- dene öffentliche Aemter. Die Rua Primeiro de Março ist sehr belebt und der Sitz der Kaufleute; in ihr befindet sich die Börse, das Zoll- haus, die Kathedrale und das Postgebäude. Die Börse, ehemals ein Theil des Zollamtes, wurde 1834 von der Regierung ihrer jetzigen Bestimmung abgetreten, seither jedoch durch einen hübschen Neubau ersetzt; die Kathedrale Nossa Senhora do Carmo ist sowohl durch ihr Aeusseres als auch durch die innere Ornamentik eine der schönsten Kirchen der Stadt; das Postgebäude ist sehr einfach, jedoch geräumig. Am Ende der Rua Primeiro de Março befindet sich das Seearsenal mit dem Amtssitze des Marineministers. Die in die Rua Primeiro de Março einmündende Rua do Ouvidor, der Broadway Rios, ist die eleganteste Strasse der Stadt und reich an luxuriös ausgestatteten Läden, doch macht deren Enge auf den Fremden einen auffälligen Eindruck. In ihr befinden sich die Redac- tionen der ersten Tagesblätter der Hauptstadt und die 40.000 Bände enthaltende Bibliothek Fluminense. Die Rua do Ouvidor führt zu dem Platze Largo de São Francisco de Paulo, in dessen Mitte José Boni- facio de Andrade ein mit den allegorischen Figuren der Gerechtig-

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/278>, abgerufen am 26.11.2024.