Lange Jahre nach seiner Gründung figurirte Valparaiso noch auf den könig- lichen Seekarten, ohne aber eine namhafte Niederlassung zu sein; Francis Drake, der Valparaiso im Jahre 1578 unterwarf, fand kaum ein Dutzend Häuser zu zer- stören. Sechzehn Jahre später plünderte der englische Corsar Hawkins die kleine, mittlerweile wieder aufgebaute Ortschaft und deren Waarenmagazine. Von diesem Schlage kaum erholt, fiel Valparaiso 1600 in die Gewalt des holländischen See- räubers Van Noort. Diese wiederholten Heimsuchungen stählten aber die Wider- standskraft der Bewohner Valparaisos, die im Jahre 1615 einen neuen Angriff des Holländers Spielbergen energisch zurückwiesen.
Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts sendete der Vicekönig von Peru acht Kanonen zur Bestückung des bastionirten Werkes "La Concepcion", das aber -- knapp vor Beendigung seines Baues -- durch das Erdbeben vom Jahre 1730 zer- stört wurde.
Kurz vor Beginn des Unabhängigkeitskampfes zählte Valparaiso, das 1802 vom Könige zum Range einer Stadt erhoben wurde und den Namen Nuestra Sennora de la Merced de Puerto Claro erhielt, 4500 Einwohner, die sich unter dem Schutze von vier starken Forts: Concepcion, San Antonio, San Jose und el Baron, ziemlich sicher fühlen konnten.
Die Spanier steckten nach ihrer Niederlage von Chacabuco Valparaiso in Brand und schleiften die Forts. Das Erdbeben vom Jahre 1822, die Erdstösse der Jahre 1839 und 1873, die Feuersbrunst vom November 1858 und das Bombar- dement durch die spanische Flotte unter Admiral Nunez am 31. März 1866 fügten der aufstrebenden Stadt noch manchen schweren Schaden zu.
Valparaiso liegt amphitheatralisch an der Südseite einer halb- kreisförmigen Bai, die 21/2 Seemeilen breit und 11/4 Seemeilen tief ist. Von der See durch einen schmalen Streifen Landes getrennt, er- hebt sich eine kahle Hügelkette, deren Höhe zwischen 300 und 450 m beträgt. Auf einem der Hügel befindet sich die Signalstation, durch welche die ankommenden Schiffe nach Valparaiso gemeldet werden. Dem vorhandenen ebenen Boden entsprechend, bestand die Stadt seinerzeit aus einer einzigen langen Strasse, die sich längs des Gestades hinzog. Späterhin, beim Anwachsen der Stadt, baute man die neuen Häuser auch auf ansteigendem Terrain, das durch Sprengungen ge- ebnet wurde, ferners in den gegen die See zu sich öffnenden Thälern und Wasserläufen (Quebradas) zwischen den Hügeln, sowie endlich auch auf dem durch Anschüttungen gewonnenen Lande.
Ein steiler Felsvorsprung, Cueva del Chivato, theilt die Stadt in zwei Theile. Westlich liegt der ältere Stadttheil, El Puerto ge- nannt, mit den wichtigsten öffentlichen und commerciellen Bauten, von welchen insbesondere der grossartige Zollspeicher, das Zollamt und der Kuppelbau der Börse hervorzuheben sind. In dieser untern Stadt wickelt sich der ganze Geschäftsverkehr ab. El Puerto be- sitzt überdies eine Anzahl von Schiffswerften und einen Hafen, der
Der grosse Ocean.
Lange Jahre nach seiner Gründung figurirte Valparaiso noch auf den könig- lichen Seekarten, ohne aber eine namhafte Niederlassung zu sein; Francis Drake, der Valparaiso im Jahre 1578 unterwarf, fand kaum ein Dutzend Häuser zu zer- stören. Sechzehn Jahre später plünderte der englische Corsar Hawkins die kleine, mittlerweile wieder aufgebaute Ortschaft und deren Waarenmagazine. Von diesem Schlage kaum erholt, fiel Valparaiso 1600 in die Gewalt des holländischen See- räubers Van Noort. Diese wiederholten Heimsuchungen stählten aber die Wider- standskraft der Bewohner Valparaisos, die im Jahre 1615 einen neuen Angriff des Holländers Spielbergen energisch zurückwiesen.
Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts sendete der Vicekönig von Peru acht Kanonen zur Bestückung des bastionirten Werkes „La Concepcion“, das aber — knapp vor Beendigung seines Baues — durch das Erdbeben vom Jahre 1730 zer- stört wurde.
Kurz vor Beginn des Unabhängigkeitskampfes zählte Valparaiso, das 1802 vom Könige zum Range einer Stadt erhoben wurde und den Namen Nuestra Señora de la Merced de Puerto Claro erhielt, 4500 Einwohner, die sich unter dem Schutze von vier starken Forts: Concepcion, San Antonio, San José und el Baron, ziemlich sicher fühlen konnten.
Die Spanier steckten nach ihrer Niederlage von Chacabuco Valparaiso in Brand und schleiften die Forts. Das Erdbeben vom Jahre 1822, die Erdstösse der Jahre 1839 und 1873, die Feuersbrunst vom November 1858 und das Bombar- dement durch die spanische Flotte unter Admiral Nunez am 31. März 1866 fügten der aufstrebenden Stadt noch manchen schweren Schaden zu.
Valparaiso liegt amphitheatralisch an der Südseite einer halb- kreisförmigen Bai, die 2½ Seemeilen breit und 1¼ Seemeilen tief ist. Von der See durch einen schmalen Streifen Landes getrennt, er- hebt sich eine kahle Hügelkette, deren Höhe zwischen 300 und 450 m beträgt. Auf einem der Hügel befindet sich die Signalstation, durch welche die ankommenden Schiffe nach Valparaiso gemeldet werden. Dem vorhandenen ebenen Boden entsprechend, bestand die Stadt seinerzeit aus einer einzigen langen Strasse, die sich längs des Gestades hinzog. Späterhin, beim Anwachsen der Stadt, baute man die neuen Häuser auch auf ansteigendem Terrain, das durch Sprengungen ge- ebnet wurde, ferners in den gegen die See zu sich öffnenden Thälern und Wasserläufen (Quebradas) zwischen den Hügeln, sowie endlich auch auf dem durch Anschüttungen gewonnenen Lande.
Ein steiler Felsvorsprung, Cueva del Chivato, theilt die Stadt in zwei Theile. Westlich liegt der ältere Stadttheil, El Puerto ge- nannt, mit den wichtigsten öffentlichen und commerciellen Bauten, von welchen insbesondere der grossartige Zollspeicher, das Zollamt und der Kuppelbau der Börse hervorzuheben sind. In dieser untern Stadt wickelt sich der ganze Geschäftsverkehr ab. El Puerto be- sitzt überdies eine Anzahl von Schiffswerften und einen Hafen, der
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Der grosse Ocean.
Lange Jahre nach seiner Gründung figurirte Valparaiso noch auf den könig-
lichen Seekarten, ohne aber eine namhafte Niederlassung zu sein; Francis Drake,
der Valparaiso im Jahre 1578 unterwarf, fand kaum ein Dutzend Häuser zu zer-
stören. Sechzehn Jahre später plünderte der englische Corsar Hawkins die kleine,
mittlerweile wieder aufgebaute Ortschaft und deren Waarenmagazine. Von diesem
Schlage kaum erholt, fiel Valparaiso 1600 in die Gewalt des holländischen See-
räubers Van Noort. Diese wiederholten Heimsuchungen stählten aber die Wider-
standskraft der Bewohner Valparaisos, die im Jahre 1615 einen neuen Angriff des
Holländers Spielbergen energisch zurückwiesen.
Gegen Ende des XVII. Jahrhunderts sendete der Vicekönig von Peru acht
Kanonen zur Bestückung des bastionirten Werkes „La Concepcion“, das aber —
knapp vor Beendigung seines Baues — durch das Erdbeben vom Jahre 1730 zer-
stört wurde.
Kurz vor Beginn des Unabhängigkeitskampfes zählte Valparaiso, das 1802
vom Könige zum Range einer Stadt erhoben wurde und den Namen Nuestra
Señora de la Merced de Puerto Claro erhielt, 4500 Einwohner, die sich unter dem
Schutze von vier starken Forts: Concepcion, San Antonio, San José und el Baron,
ziemlich sicher fühlen konnten.
Die Spanier steckten nach ihrer Niederlage von Chacabuco Valparaiso in
Brand und schleiften die Forts. Das Erdbeben vom Jahre 1822, die Erdstösse der
Jahre 1839 und 1873, die Feuersbrunst vom November 1858 und das Bombar-
dement durch die spanische Flotte unter Admiral Nunez am 31. März 1866 fügten
der aufstrebenden Stadt noch manchen schweren Schaden zu.
Valparaiso liegt amphitheatralisch an der Südseite einer halb-
kreisförmigen Bai, die 2½ Seemeilen breit und 1¼ Seemeilen tief
ist. Von der See durch einen schmalen Streifen Landes getrennt, er-
hebt sich eine kahle Hügelkette, deren Höhe zwischen 300 und 450 m
beträgt. Auf einem der Hügel befindet sich die Signalstation, durch
welche die ankommenden Schiffe nach Valparaiso gemeldet werden.
Dem vorhandenen ebenen Boden entsprechend, bestand die Stadt
seinerzeit aus einer einzigen langen Strasse, die sich längs des Gestades
hinzog. Späterhin, beim Anwachsen der Stadt, baute man die neuen
Häuser auch auf ansteigendem Terrain, das durch Sprengungen ge-
ebnet wurde, ferners in den gegen die See zu sich öffnenden Thälern
und Wasserläufen (Quebradas) zwischen den Hügeln, sowie endlich
auch auf dem durch Anschüttungen gewonnenen Lande.
Ein steiler Felsvorsprung, Cueva del Chivato, theilt die Stadt
in zwei Theile. Westlich liegt der ältere Stadttheil, El Puerto ge-
nannt, mit den wichtigsten öffentlichen und commerciellen Bauten,
von welchen insbesondere der grossartige Zollspeicher, das Zollamt
und der Kuppelbau der Börse hervorzuheben sind. In dieser untern
Stadt wickelt sich der ganze Geschäftsverkehr ab. El Puerto be-
sitzt überdies eine Anzahl von Schiffswerften und einen Hafen, der
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/326>, abgerufen am 24.11.2024.
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