mit den übrigen Staaten Verträge folgenden Inhaltes abgeschlossen wurden:
1. Diplomatische Agenten der betreffenden Staaten erhalten das Recht in Yeddo zu wohnen, stehen unter dem Schutze des Shoguns und dürfen im Lande ungehindert reisen.
2. In allen Häfen, welche dem auswärtigen Handel geöffnet werden, können die Vertragsmächte Consulate errichten.
3. Den Fremden wird ein bestimmtes Terrain eingeräumt, das sie nach Zahlung einer festgesetzten Taxe bebauen können.
4. Die Fremden bleiben unter der Jurisdiction ihrer eigenen Consulate.
5. Die Fremden geniessen Religions- und Handelsfreiheit, so lange sie die festgesetzten Zollabgaben entrichten.
6. Innerhalb eines Rayons von 10 Ri (2 Ri = 3·9 km) können sich die Fremden frei bewegen, dürfen aber diese Grenzen ihrer Territorien ohne Erlaubniss der japanischen Regierung unter keiner Bedingung überschreiten.
Der Abschluss dieser Verträge mit den Fremden erhöhte die Spannung zwischen dem Shogun und dem Mikado. Die Daimios, die bis nun treue Anhänger des Shoguns gewesen waren, sahen sich durch die Freiheiten, welche den Fremden eingeräumt wurden, in ihren Rechten verkürzt und schlossen sich, da der Mikado bei Abschluss der Ver- träge nicht betheiligt war, enger an diesen, um durch Erhöhung der Macht desselben die ihnen lieb gewordene Feudalgewalt zu behaupten. Thatsächlich wurden auch am Hofe von Kioto die abgeschlossenen Verträge als ungiltig betrachtet und zu umgehen gesucht.
Die Zerstörung von Kagoshima, der Hauptstadt des Fürstenthums Satsuma, durch die Engländer (1863) infolge der Niedermetzelung eines Engländers, der sich nach Anschauung der Japaner einer Eti- ketteverletzung schuldig gemacht hatte, und das Bombardement von Shimonoseki, das im Gegensatze zu den abgeschlossenen Verträgen den fremden Schiffen die Passirung verweigerte, durch Engländer, Fran- zosen, Holländer und Nordamerikaner 1864, belehrte die Japaner in nicht misszuverstehender Weise über die Ausdehnung der Machtmittel, welche den Fremden zu Gebote standen, und machte jeden ferneren Widerstand illusorisch.
Der Anschluss der Daimios an den Mikado hatte nur insoferne eine Aenderung der Situation herbeigeführt, dass der Shogun zum Abdanken gezwungen wurde und der Mikado selbst die Regierung mit deren Sitz in Yeddo, das von 1868 an Tokio genannt wird, übernahm.
Der grosse Ocean.
mit den übrigen Staaten Verträge folgenden Inhaltes abgeschlossen wurden:
1. Diplomatische Agenten der betreffenden Staaten erhalten das Recht in Yeddo zu wohnen, stehen unter dem Schutze des Shoguns und dürfen im Lande ungehindert reisen.
2. In allen Häfen, welche dem auswärtigen Handel geöffnet werden, können die Vertragsmächte Consulate errichten.
3. Den Fremden wird ein bestimmtes Terrain eingeräumt, das sie nach Zahlung einer festgesetzten Taxe bebauen können.
4. Die Fremden bleiben unter der Jurisdiction ihrer eigenen Consulate.
5. Die Fremden geniessen Religions- und Handelsfreiheit, so lange sie die festgesetzten Zollabgaben entrichten.
6. Innerhalb eines Rayons von 10 Ri (2 Ri = 3·9 km) können sich die Fremden frei bewegen, dürfen aber diese Grenzen ihrer Territorien ohne Erlaubniss der japanischen Regierung unter keiner Bedingung überschreiten.
Der Abschluss dieser Verträge mit den Fremden erhöhte die Spannung zwischen dem Shogun und dem Mikado. Die Daimios, die bis nun treue Anhänger des Shoguns gewesen waren, sahen sich durch die Freiheiten, welche den Fremden eingeräumt wurden, in ihren Rechten verkürzt und schlossen sich, da der Mikado bei Abschluss der Ver- träge nicht betheiligt war, enger an diesen, um durch Erhöhung der Macht desselben die ihnen lieb gewordene Feudalgewalt zu behaupten. Thatsächlich wurden auch am Hofe von Kioto die abgeschlossenen Verträge als ungiltig betrachtet und zu umgehen gesucht.
Die Zerstörung von Kagoshima, der Hauptstadt des Fürstenthums Satsuma, durch die Engländer (1863) infolge der Niedermetzelung eines Engländers, der sich nach Anschauung der Japaner einer Eti- ketteverletzung schuldig gemacht hatte, und das Bombardement von Shimonoseki, das im Gegensatze zu den abgeschlossenen Verträgen den fremden Schiffen die Passirung verweigerte, durch Engländer, Fran- zosen, Holländer und Nordamerikaner 1864, belehrte die Japaner in nicht misszuverstehender Weise über die Ausdehnung der Machtmittel, welche den Fremden zu Gebote standen, und machte jeden ferneren Widerstand illusorisch.
Der Anschluss der Daimios an den Mikado hatte nur insoferne eine Aenderung der Situation herbeigeführt, dass der Shogun zum Abdanken gezwungen wurde und der Mikado selbst die Regierung mit deren Sitz in Yeddo, das von 1868 an Tokio genannt wird, übernahm.
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Der grosse Ocean.
mit den übrigen Staaten Verträge folgenden Inhaltes abgeschlossen
wurden:
1. Diplomatische Agenten der betreffenden Staaten erhalten das
Recht in Yeddo zu wohnen, stehen unter dem Schutze des Shoguns
und dürfen im Lande ungehindert reisen.
2. In allen Häfen, welche dem auswärtigen Handel geöffnet
werden, können die Vertragsmächte Consulate errichten.
3. Den Fremden wird ein bestimmtes Terrain eingeräumt, das
sie nach Zahlung einer festgesetzten Taxe bebauen können.
4. Die Fremden bleiben unter der Jurisdiction ihrer eigenen
Consulate.
5. Die Fremden geniessen Religions- und Handelsfreiheit, so
lange sie die festgesetzten Zollabgaben entrichten.
6. Innerhalb eines Rayons von 10 Ri (2 Ri = 3·9 km) können
sich die Fremden frei bewegen, dürfen aber diese Grenzen ihrer
Territorien ohne Erlaubniss der japanischen Regierung unter keiner
Bedingung überschreiten.
Der Abschluss dieser Verträge mit den Fremden erhöhte die
Spannung zwischen dem Shogun und dem Mikado. Die Daimios, die
bis nun treue Anhänger des Shoguns gewesen waren, sahen sich durch
die Freiheiten, welche den Fremden eingeräumt wurden, in ihren Rechten
verkürzt und schlossen sich, da der Mikado bei Abschluss der Ver-
träge nicht betheiligt war, enger an diesen, um durch Erhöhung der
Macht desselben die ihnen lieb gewordene Feudalgewalt zu behaupten.
Thatsächlich wurden auch am Hofe von Kioto die abgeschlossenen
Verträge als ungiltig betrachtet und zu umgehen gesucht.
Die Zerstörung von Kagoshima, der Hauptstadt des Fürstenthums
Satsuma, durch die Engländer (1863) infolge der Niedermetzelung
eines Engländers, der sich nach Anschauung der Japaner einer Eti-
ketteverletzung schuldig gemacht hatte, und das Bombardement von
Shimonoseki, das im Gegensatze zu den abgeschlossenen Verträgen den
fremden Schiffen die Passirung verweigerte, durch Engländer, Fran-
zosen, Holländer und Nordamerikaner 1864, belehrte die Japaner in
nicht misszuverstehender Weise über die Ausdehnung der Machtmittel,
welche den Fremden zu Gebote standen, und machte jeden ferneren
Widerstand illusorisch.
Der Anschluss der Daimios an den Mikado hatte nur insoferne
eine Aenderung der Situation herbeigeführt, dass der Shogun zum
Abdanken gezwungen wurde und der Mikado selbst die Regierung
mit deren Sitz in Yeddo, das von 1868 an Tokio genannt wird, übernahm.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/364>, abgerufen am 22.11.2024.
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