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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der grosse Ocean.
Tokio lagert, hinreichende Anziehungskraft besitzen und daher Ein-
heimische und Fremde in gleicher Weise bestimmen, nach des Tages
Mühen hier Ruhe und Erfrischung zu suchen.

Die Erschliessung des Wunderlandes der "aufgehenden Sonne"
brachte Yokohama, dem Hafen der Hauptstadt Tokio, dem Ausfuhr-
platze des ergiebigsten Theiles des Landes, riesigen Gewinn. Mit dem
Tage der Eröffnung des Handels mit dem Auslande wurde Yokohama
der Werthmesser der ganzen Handelsbewegung des Reiches. Es war
selbstverständlich, dass die erste Eisenbahn, welche Japan baute, nur
die Strecke Yokohama-Tokio sein konnte. Schon 1869 wurde der
erste Spatenstich gethan, aber erst am 14. October 1872 ward die
Linie dem Verkehre übergeben, weil der Bau der 485 m langen
Brücke über den Rokupawa ungeahnte Schwierigkeiten verursachte.
Yokohama erhielt gleichzeitig grosse Werkstätten für den Bau von
Eisenbahnbetriebsmitteln.

In einem Lande, wo man abseits von den Eisenbahnen und schiff-
baren Wasserstrassen heute noch wochenlange Reisen in der zweirädrigen
von einem Menschen gezogenen Jinriksha unternimmt, weil diese Art
zu reisen die bequemste und billigste ist, musste die Eröffnung einer
Eisenbahn die Zufuhr von Gütern aus dem Innern nach Yokohama
ungemein fördern, während die Reformbewegung, die von der Haupt-
stadt ausging, naturgemäss zunächst in ihrer Umgebung die steigende
Einfuhr europäischer Waaren zur Folge hatte.

Als Station der grossen Eisenbahnlinie, welche ganz Nippon
längs der Ostküste von Norden nach Süden durchzieht, als Nachbar-
stadt von Tokio, dem Ausgangspunkte westwärts gerichteter eiserner
Spurwege, blieb die Handelsstellung Yokohamas als dominirenden
Hafens von Japan lange unangefochten; erst in den letzten Jahren
strebt hinter ihm das südwärts gelegene Kobe-Hiogo empor und wird
ein gefährlicher Rivale. Die Kaufmannswelt von Yokohama sucht
nach Möglichkeit einem Rückgange seines Handels entgegenzuwirken.
Dahin gehört die Thatsache, dass man 1890 junge Leute, welche die
Handelsschule absolvirt hatten, nach Shanghai schickte, damit sie
dort die chinesischen Handelsusancen kennen lernen und befähigt
seien, japanische Exporthäuser zu gründen. Denn bisher gibt es
zahlreiche und geachtete chinesische Handelshäuser in Japan, aber
keine japanischen in China, und von den 4542 Fremden, die Ende
1889 in Yokohama wohnten, waren 2993 Chinesen.


Der grosse Ocean.
Tokio lagert, hinreichende Anziehungskraft besitzen und daher Ein-
heimische und Fremde in gleicher Weise bestimmen, nach des Tages
Mühen hier Ruhe und Erfrischung zu suchen.

Die Erschliessung des Wunderlandes der „aufgehenden Sonne“
brachte Yokohama, dem Hafen der Hauptstadt Tokio, dem Ausfuhr-
platze des ergiebigsten Theiles des Landes, riesigen Gewinn. Mit dem
Tage der Eröffnung des Handels mit dem Auslande wurde Yokohama
der Werthmesser der ganzen Handelsbewegung des Reiches. Es war
selbstverständlich, dass die erste Eisenbahn, welche Japan baute, nur
die Strecke Yokohama-Tokio sein konnte. Schon 1869 wurde der
erste Spatenstich gethan, aber erst am 14. October 1872 ward die
Linie dem Verkehre übergeben, weil der Bau der 485 m langen
Brücke über den Rokupawa ungeahnte Schwierigkeiten verursachte.
Yokohama erhielt gleichzeitig grosse Werkstätten für den Bau von
Eisenbahnbetriebsmitteln.

In einem Lande, wo man abseits von den Eisenbahnen und schiff-
baren Wasserstrassen heute noch wochenlange Reisen in der zweirädrigen
von einem Menschen gezogenen Jinriksha unternimmt, weil diese Art
zu reisen die bequemste und billigste ist, musste die Eröffnung einer
Eisenbahn die Zufuhr von Gütern aus dem Innern nach Yokohama
ungemein fördern, während die Reformbewegung, die von der Haupt-
stadt ausging, naturgemäss zunächst in ihrer Umgebung die steigende
Einfuhr europäischer Waaren zur Folge hatte.

Als Station der grossen Eisenbahnlinie, welche ganz Nippon
längs der Ostküste von Norden nach Süden durchzieht, als Nachbar-
stadt von Tokio, dem Ausgangspunkte westwärts gerichteter eiserner
Spurwege, blieb die Handelsstellung Yokohamas als dominirenden
Hafens von Japan lange unangefochten; erst in den letzten Jahren
strebt hinter ihm das südwärts gelegene Kobé-Hiogo empor und wird
ein gefährlicher Rivale. Die Kaufmannswelt von Yokohama sucht
nach Möglichkeit einem Rückgange seines Handels entgegenzuwirken.
Dahin gehört die Thatsache, dass man 1890 junge Leute, welche die
Handelsschule absolvirt hatten, nach Shanghai schickte, damit sie
dort die chinesischen Handelsusancen kennen lernen und befähigt
seien, japanische Exporthäuser zu gründen. Denn bisher gibt es
zahlreiche und geachtete chinesische Handelshäuser in Japan, aber
keine japanischen in China, und von den 4542 Fremden, die Ende
1889 in Yokohama wohnten, waren 2993 Chinesen.


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[356/0372] Der grosse Ocean. Tokio lagert, hinreichende Anziehungskraft besitzen und daher Ein- heimische und Fremde in gleicher Weise bestimmen, nach des Tages Mühen hier Ruhe und Erfrischung zu suchen. Die Erschliessung des Wunderlandes der „aufgehenden Sonne“ brachte Yokohama, dem Hafen der Hauptstadt Tokio, dem Ausfuhr- platze des ergiebigsten Theiles des Landes, riesigen Gewinn. Mit dem Tage der Eröffnung des Handels mit dem Auslande wurde Yokohama der Werthmesser der ganzen Handelsbewegung des Reiches. Es war selbstverständlich, dass die erste Eisenbahn, welche Japan baute, nur die Strecke Yokohama-Tokio sein konnte. Schon 1869 wurde der erste Spatenstich gethan, aber erst am 14. October 1872 ward die Linie dem Verkehre übergeben, weil der Bau der 485 m langen Brücke über den Rokupawa ungeahnte Schwierigkeiten verursachte. Yokohama erhielt gleichzeitig grosse Werkstätten für den Bau von Eisenbahnbetriebsmitteln. In einem Lande, wo man abseits von den Eisenbahnen und schiff- baren Wasserstrassen heute noch wochenlange Reisen in der zweirädrigen von einem Menschen gezogenen Jinriksha unternimmt, weil diese Art zu reisen die bequemste und billigste ist, musste die Eröffnung einer Eisenbahn die Zufuhr von Gütern aus dem Innern nach Yokohama ungemein fördern, während die Reformbewegung, die von der Haupt- stadt ausging, naturgemäss zunächst in ihrer Umgebung die steigende Einfuhr europäischer Waaren zur Folge hatte. Als Station der grossen Eisenbahnlinie, welche ganz Nippon längs der Ostküste von Norden nach Süden durchzieht, als Nachbar- stadt von Tokio, dem Ausgangspunkte westwärts gerichteter eiserner Spurwege, blieb die Handelsstellung Yokohamas als dominirenden Hafens von Japan lange unangefochten; erst in den letzten Jahren strebt hinter ihm das südwärts gelegene Kobé-Hiogo empor und wird ein gefährlicher Rivale. Die Kaufmannswelt von Yokohama sucht nach Möglichkeit einem Rückgange seines Handels entgegenzuwirken. Dahin gehört die Thatsache, dass man 1890 junge Leute, welche die Handelsschule absolvirt hatten, nach Shanghai schickte, damit sie dort die chinesischen Handelsusancen kennen lernen und befähigt seien, japanische Exporthäuser zu gründen. Denn bisher gibt es zahlreiche und geachtete chinesische Handelshäuser in Japan, aber keine japanischen in China, und von den 4542 Fremden, die Ende 1889 in Yokohama wohnten, waren 2993 Chinesen.

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/372>, abgerufen am 22.11.2024.