zeugnisse der Porzellanfabriken von Kingtetschin, von denen jedoch durch die Taipings viele zerstört wurden. Kiukiang liegt am Flusse 220 km von Hankou und 716 km von Schanghai entfernt und soll von allen an den Ufern des Yangtse-Flusses gelegenen Vertrags- häfen das heisseste Klima besitzen. Die einst reiche und geschäftige Stadt erholt sich allmälig von den Folgen der Verwüstung durch die Taipings (1853--1855), seit sie 1860 Vertragshafen geworden ist, und die dermalige Einwohnerzahl wird auf 53.000 Seelen geschätzt. Die Fremdenniederlassung zählt nur ungefähr 40 Köpfe.
Die Stadt ist hart am Uferrande des Yangtseflusses erbaut, welcher auf eine Strecke von 475 m die Festungsmauern bespült. Nur ungefähr die Hälfte des von den letzteren in einer Länge von acht Kilometern eingeschlossenen Raumes ist verbaut, den Rest nehmen noch Aecker und Obstgärten ein. Chinesenstadt und Fremden- niederlassung gleichen den analogen Vierteln in Tschinkiang voll- kommen. Kiukiang ist ein Hauptsitz der katholischen Missionsthätigkeit.
Die barmherzigen Schwestern des Ordens von St. Vincent de Paula unterhalten zu Kiukiang ein Waisenhaus und ein Spital, ferner besteht daselbst eine Mission der amerikanischen Presbyterianer.
Vor dem mit schattigen Bäumen bepflanzten "Bund" liegen vier Stegschiffe, welche den verschiedenen Flussdampfergesellschaften ge- gehören. Die Compagnie der Thee- und Opiumkaufleute hat für die Dschunken eigene Landungsplätze gebaut. Zu Kiukiang bestehen dermalen zwei, Russen gehörige Thee-Briquetfabriken, über deren Betrieb bei Hankou Näheres angegeben wird.
Der Nettowerth des Handels von Kiukiang betrug in Hk. Tls.:
[Tabelle]
Kiukiang hat als Handelsplatz die Erwartungen nicht erfüllt, die man bis 1874 auf es gesetzt hatte. Es sank von da an die Ausfuhr einheimischer Pro- ducte, dafür ist der Hafen in den letzten Jahren für die Einfuhr fremder Waaren sehr wichtig geworden. Es steigt nämlich im Gegensatze zu anderen Hafenplätzen Chinas die Einfuhr von Opium, weil hier bis 1885 für Opium eine höhere Likin, d. i. Transitabgabe erhoben wurde, als in anderen Häfen. Im Jahre 1890 wurden 2012 q eingeführt, die höchste Ziffer, die an diesem Hafenplatze vorgekommen ist.
Die Einfuhr von Baumwollwaaren (England) ist 1890 auf 411.445 Stück, die von Baumwollgarnen (Indien) auf 20,357 q gegen 1333 q im Jahre 1880 gestiegen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 54
Chinesische Häfen.
zeugnisse der Porzellanfabriken von Kingtetschin, von denen jedoch durch die Taipings viele zerstört wurden. Kiukiang liegt am Flusse 220 km von Hankou und 716 km von Schanghai entfernt und soll von allen an den Ufern des Yangtse-Flusses gelegenen Vertrags- häfen das heisseste Klima besitzen. Die einst reiche und geschäftige Stadt erholt sich allmälig von den Folgen der Verwüstung durch die Taipings (1853—1855), seit sie 1860 Vertragshafen geworden ist, und die dermalige Einwohnerzahl wird auf 53.000 Seelen geschätzt. Die Fremdenniederlassung zählt nur ungefähr 40 Köpfe.
Die Stadt ist hart am Uferrande des Yangtseflusses erbaut, welcher auf eine Strecke von 475 m die Festungsmauern bespült. Nur ungefähr die Hälfte des von den letzteren in einer Länge von acht Kilometern eingeschlossenen Raumes ist verbaut, den Rest nehmen noch Aecker und Obstgärten ein. Chinesenstadt und Fremden- niederlassung gleichen den analogen Vierteln in Tschinkiang voll- kommen. Kiukiang ist ein Hauptsitz der katholischen Missionsthätigkeit.
Die barmherzigen Schwestern des Ordens von St. Vincent de Paula unterhalten zu Kiukiang ein Waisenhaus und ein Spital, ferner besteht daselbst eine Mission der amerikanischen Presbyterianer.
Vor dem mit schattigen Bäumen bepflanzten „Bund“ liegen vier Stegschiffe, welche den verschiedenen Flussdampfergesellschaften ge- gehören. Die Compagnie der Thee- und Opiumkaufleute hat für die Dschunken eigene Landungsplätze gebaut. Zu Kiukiang bestehen dermalen zwei, Russen gehörige Thee-Briquetfabriken, über deren Betrieb bei Hankou Näheres angegeben wird.
Der Nettowerth des Handels von Kiukiang betrug in Hk. Tls.:
[Tabelle]
Kiukiang hat als Handelsplatz die Erwartungen nicht erfüllt, die man bis 1874 auf es gesetzt hatte. Es sank von da an die Ausfuhr einheimischer Pro- ducte, dafür ist der Hafen in den letzten Jahren für die Einfuhr fremder Waaren sehr wichtig geworden. Es steigt nämlich im Gegensatze zu anderen Hafenplätzen Chinas die Einfuhr von Opium, weil hier bis 1885 für Opium eine höhere Likin, d. i. Transitabgabe erhoben wurde, als in anderen Häfen. Im Jahre 1890 wurden 2012 q eingeführt, die höchste Ziffer, die an diesem Hafenplatze vorgekommen ist.
Die Einfuhr von Baumwollwaaren (England) ist 1890 auf 411.445 Stück, die von Baumwollgarnen (Indien) auf 20,357 q gegen 1333 q im Jahre 1880 gestiegen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 54
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Chinesische Häfen.
zeugnisse der Porzellanfabriken von Kingtetschin, von denen jedoch
durch die Taipings viele zerstört wurden. Kiukiang liegt am Flusse
220 km von Hankou und 716 km von Schanghai entfernt und soll
von allen an den Ufern des Yangtse-Flusses gelegenen Vertrags-
häfen das heisseste Klima besitzen. Die einst reiche und geschäftige
Stadt erholt sich allmälig von den Folgen der Verwüstung durch die
Taipings (1853—1855), seit sie 1860 Vertragshafen geworden ist,
und die dermalige Einwohnerzahl wird auf 53.000 Seelen geschätzt.
Die Fremdenniederlassung zählt nur ungefähr 40 Köpfe.
Die Stadt ist hart am Uferrande des Yangtseflusses erbaut,
welcher auf eine Strecke von 475 m die Festungsmauern bespült.
Nur ungefähr die Hälfte des von den letzteren in einer Länge von
acht Kilometern eingeschlossenen Raumes ist verbaut, den Rest
nehmen noch Aecker und Obstgärten ein. Chinesenstadt und Fremden-
niederlassung gleichen den analogen Vierteln in Tschinkiang voll-
kommen. Kiukiang ist ein Hauptsitz der katholischen Missionsthätigkeit.
Die barmherzigen Schwestern des Ordens von St. Vincent de
Paula unterhalten zu Kiukiang ein Waisenhaus und ein Spital, ferner
besteht daselbst eine Mission der amerikanischen Presbyterianer.
Vor dem mit schattigen Bäumen bepflanzten „Bund“ liegen vier
Stegschiffe, welche den verschiedenen Flussdampfergesellschaften ge-
gehören. Die Compagnie der Thee- und Opiumkaufleute hat für die
Dschunken eigene Landungsplätze gebaut. Zu Kiukiang bestehen
dermalen zwei, Russen gehörige Thee-Briquetfabriken, über deren
Betrieb bei Hankou Näheres angegeben wird.
Der Nettowerth des Handels von Kiukiang betrug in Hk. Tls.:
Kiukiang hat als Handelsplatz die Erwartungen nicht erfüllt, die man bis
1874 auf es gesetzt hatte. Es sank von da an die Ausfuhr einheimischer Pro-
ducte, dafür ist der Hafen in den letzten Jahren für die Einfuhr fremder Waaren
sehr wichtig geworden. Es steigt nämlich im Gegensatze zu anderen Hafenplätzen
Chinas die Einfuhr von Opium, weil hier bis 1885 für Opium eine höhere Likin,
d. i. Transitabgabe erhoben wurde, als in anderen Häfen. Im Jahre 1890 wurden
2012 q eingeführt, die höchste Ziffer, die an diesem Hafenplatze vorgekommen ist.
Die Einfuhr von Baumwollwaaren (England) ist 1890 auf 411.445 Stück,
die von Baumwollgarnen (Indien) auf 20,357 q gegen 1333 q im Jahre 1880
gestiegen.
Die Seehäfen des Weltverkehrs. II. Band. 54
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 425. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/441>, abgerufen am 22.11.2024.
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