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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Javanische Häfen.
Frieden von 1816 wieder den Holländern zurückgegeben wurde, ohne
schädigenden Einfluss. Desgleichen berührten auch die Niederwer-
fung des Aufstandes Dieppo Negoros (1825--1830) und der Heeres-
zug gegen den Sultan von Bali (1849), die sonst schwere finanzielle
Schäden mit sich brachten, die Entwicklung der Hauptstadt in keiner
Weise.

Batavia zerfällt in 7 Bezirke, deren erster die alte Stadt und
die angrenzenden Vorstädte in sich begreift.

Die alte Stadt ist trotz ihres sonstigen Rückganges doch noch
immer Sitz des gesammten Handels geblieben. Längs der mit Last-
booten bedeckten und von schattigen Bäumen eingefassten Canäle ziehen
sich Bauten in holländischem Style hin, welche vielfach an die
Grachten Amsterdams erinnern. Alt-Batavia besteht zumeist nur aus
Schreibstuben, Magazinen und Speichern der Kaufleute und Handels-
und Schiffahrtsgesellschaften und den Aemtern der Consulate, sowie
aus den Wohnungen der Eingeborenen, Chinesen und Mischlinge;
hier befinden sich überdies noch das 1652 erbaute Stadhuis mit den
Amtslocalen des Residenten und der Polizei, das Justizpalais, das
meteorologisch-magnetische Observatorium, das Hafenamt, die alte
Kirche Buitenkerk, die Börse, die Bureaux zahlreicher Dampfschiff-
fahrtsgesellschaften und der chinesische Club. Am grossen Canale
Kali Besar befinden sich das Gebäude der Java-Bank, deren Noten
von der Regierung garantirt und als Papiergeld im Umlaufe sind,
ferners die meisten grossen Handelsfirmen und die Mehrzahl der Con-
sularämter.

Die Häuser der alten Stadt sind unzweckmässiger Weise nahe
aneinander und hoch gebaut, auch zumeist mit Glasfenstern ge-
schlossen und haben Kupferdächer. Besondere Sehenswürdigkeiten
finden sich hier nicht. In der Nähe des Pinangthores, des letzten
Wahrzeichens der einstigen kurzen portugiesischen Herrschaft (um
1590), liegt eine alte Kanone, bei der die Javanen opfern (beson-
ders die kinderlosen Frauen, welche dadurch ihre Fruchtbarkeit zu
fördern vermeinen). Bei der Buitenkerk liegt das Denkmal des Ver-
räthers von Batavia, Pieter Elberfeld, der 1722 hingerichtet wurde.
Eine Steinplatte trägt die Inschrift, dass auf dieser Stelle "bis in
Ewigkeit" nicht gebaut werden darf.

Zu den Vorstädten des ersten Bezirkes gehört die arabische an
der Rua Malaka. Holländische Häuser wechseln hier mit leichten
Hütten aus Bambusrohr ab, Araber und Mauren treiben daselbst Handel
mit Gold, Silber, Perlen und Edelsteinen.


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Javanische Häfen.
Frieden von 1816 wieder den Holländern zurückgegeben wurde, ohne
schädigenden Einfluss. Desgleichen berührten auch die Niederwer-
fung des Aufstandes Dieppo Negoros (1825—1830) und der Heeres-
zug gegen den Sultan von Bali (1849), die sonst schwere finanzielle
Schäden mit sich brachten, die Entwicklung der Hauptstadt in keiner
Weise.

Batavia zerfällt in 7 Bezirke, deren erster die alte Stadt und
die angrenzenden Vorstädte in sich begreift.

Die alte Stadt ist trotz ihres sonstigen Rückganges doch noch
immer Sitz des gesammten Handels geblieben. Längs der mit Last-
booten bedeckten und von schattigen Bäumen eingefassten Canäle ziehen
sich Bauten in holländischem Style hin, welche vielfach an die
Grachten Amsterdams erinnern. Alt-Batavia besteht zumeist nur aus
Schreibstuben, Magazinen und Speichern der Kaufleute und Handels-
und Schiffahrtsgesellschaften und den Aemtern der Consulate, sowie
aus den Wohnungen der Eingeborenen, Chinesen und Mischlinge;
hier befinden sich überdies noch das 1652 erbaute Stadhuis mit den
Amtslocalen des Residenten und der Polizei, das Justizpalais, das
meteorologisch-magnetische Observatorium, das Hafenamt, die alte
Kirche Buitenkerk, die Börse, die Bureaux zahlreicher Dampfschiff-
fahrtsgesellschaften und der chinesische Club. Am grossen Canale
Kali Besar befinden sich das Gebäude der Java-Bank, deren Noten
von der Regierung garantirt und als Papiergeld im Umlaufe sind,
ferners die meisten grossen Handelsfirmen und die Mehrzahl der Con-
sularämter.

Die Häuser der alten Stadt sind unzweckmässiger Weise nahe
aneinander und hoch gebaut, auch zumeist mit Glasfenstern ge-
schlossen und haben Kupferdächer. Besondere Sehenswürdigkeiten
finden sich hier nicht. In der Nähe des Pinangthores, des letzten
Wahrzeichens der einstigen kurzen portugiesischen Herrschaft (um
1590), liegt eine alte Kanone, bei der die Javanen opfern (beson-
ders die kinderlosen Frauen, welche dadurch ihre Fruchtbarkeit zu
fördern vermeinen). Bei der Buitenkerk liegt das Denkmal des Ver-
räthers von Batavia, Pieter Elberfeld, der 1722 hingerichtet wurde.
Eine Steinplatte trägt die Inschrift, dass auf dieser Stelle „bis in
Ewigkeit“ nicht gebaut werden darf.

Zu den Vorstädten des ersten Bezirkes gehört die arabische an
der Rua Malaka. Holländische Häuser wechseln hier mit leichten
Hütten aus Bambusrohr ab, Araber und Mauren treiben daselbst Handel
mit Gold, Silber, Perlen und Edelsteinen.


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[499/0515] Javanische Häfen. Frieden von 1816 wieder den Holländern zurückgegeben wurde, ohne schädigenden Einfluss. Desgleichen berührten auch die Niederwer- fung des Aufstandes Dieppo Negoros (1825—1830) und der Heeres- zug gegen den Sultan von Bali (1849), die sonst schwere finanzielle Schäden mit sich brachten, die Entwicklung der Hauptstadt in keiner Weise. Batavia zerfällt in 7 Bezirke, deren erster die alte Stadt und die angrenzenden Vorstädte in sich begreift. Die alte Stadt ist trotz ihres sonstigen Rückganges doch noch immer Sitz des gesammten Handels geblieben. Längs der mit Last- booten bedeckten und von schattigen Bäumen eingefassten Canäle ziehen sich Bauten in holländischem Style hin, welche vielfach an die Grachten Amsterdams erinnern. Alt-Batavia besteht zumeist nur aus Schreibstuben, Magazinen und Speichern der Kaufleute und Handels- und Schiffahrtsgesellschaften und den Aemtern der Consulate, sowie aus den Wohnungen der Eingeborenen, Chinesen und Mischlinge; hier befinden sich überdies noch das 1652 erbaute Stadhuis mit den Amtslocalen des Residenten und der Polizei, das Justizpalais, das meteorologisch-magnetische Observatorium, das Hafenamt, die alte Kirche Buitenkerk, die Börse, die Bureaux zahlreicher Dampfschiff- fahrtsgesellschaften und der chinesische Club. Am grossen Canale Kali Besar befinden sich das Gebäude der Java-Bank, deren Noten von der Regierung garantirt und als Papiergeld im Umlaufe sind, ferners die meisten grossen Handelsfirmen und die Mehrzahl der Con- sularämter. Die Häuser der alten Stadt sind unzweckmässiger Weise nahe aneinander und hoch gebaut, auch zumeist mit Glasfenstern ge- schlossen und haben Kupferdächer. Besondere Sehenswürdigkeiten finden sich hier nicht. In der Nähe des Pinangthores, des letzten Wahrzeichens der einstigen kurzen portugiesischen Herrschaft (um 1590), liegt eine alte Kanone, bei der die Javanen opfern (beson- ders die kinderlosen Frauen, welche dadurch ihre Fruchtbarkeit zu fördern vermeinen). Bei der Buitenkerk liegt das Denkmal des Ver- räthers von Batavia, Pieter Elberfeld, der 1722 hingerichtet wurde. Eine Steinplatte trägt die Inschrift, dass auf dieser Stelle „bis in Ewigkeit“ nicht gebaut werden darf. Zu den Vorstädten des ersten Bezirkes gehört die arabische an der Rua Malaka. Holländische Häuser wechseln hier mit leichten Hütten aus Bambusrohr ab, Araber und Mauren treiben daselbst Handel mit Gold, Silber, Perlen und Edelsteinen. 63*

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/515>, abgerufen am 22.11.2024.