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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Der indische Ocean.
Aber eine gewisse Klugheit ist immer noch geboten, namentlich ge-
genüber den Aeusserungen der Frömmigkeit, welchen der Fremde mit
aller Rücksicht und äusserlichen Achtung begegnen muss.

Seit der Besitznahme von Aden durch die Engländer und die
Occupation von Massaua durch die Italiener ist die commercielle
Bedeutung von Dscheddah im Abnehmen begriffen. Aden als Frei-
hafen im Gegensatze zu dem in den türkischen Seeplätzen herrschenden
8percentigen Werthzoll bildete bald eine fühlbare Concurrenz für den
Handel von Dscheddah. Dscheddah, ehemals der Mittelpunkt für den
Handel des Rothen Meeres mit Abessinien, Nubien, Aegypten, Indien,
Afrika und Europa erlitt auch einen bedeutenden Schaden infolge der
durch den Suezcanal bewirkten directen Verbindung dieser Länder mit
Europa. Bedeutung hat dieser Hafen nur noch durch den Umstand,
dass er der Landungsplatz für die Mekkapilger ist und dass von hier
aus auch die Versorgung der heiligen Stätte des Islams mit den ver-
schiedenen Bedarfsartikeln stattfindet.

Dscheddah, welches in seiner Blüthezeit einen Handelsverkehr im Werthe
von 1,600.000 L aufwies, verzeichnet heute kaum mehr einen Waarenumsatz von
1,000.000 L. Davon entfallen circa 720.000 L auf die Einfuhr und nur 280.000 L
auf die Ausfuhr. Nach den vorliegenden Berichten wurden im Jahre 1890 auch
diese Ziffern nicht mehr erreicht.

Die nun folgenden Ein- und Ausfuhrziffern erscheinen in Ermanglung einer
genauen officiellen Statistik das Ergebniss einer Schätzung, dürften jedoch von
der Wirklichkeit kaum wesentlich abweichen.

Fassen wir zunächst die Einfuhr Dscheddahs als den wichtigeren Theil
seines Aussenhandels, und zwar für das Jahr 1890, ins Auge. so finden wir
Manufactur- und Textilwaaren mit einem Werthe von 150.000 L an der
Spitze. Davon kamen für 80.000 L aus England und für 70.000 L aus Indien. --
12.000 L repräsentirte die Einfuhr von Teppichen aller Art, worin Dscheddah
einen sehr bedeutenden Handel betreibt, da Teppiche von den Mekka-Pilgern aus
Algerien, Aegypten und Indien gern gekauft werden.

In nachstehender Tabelle verzeichnen wir die Importziffern der wichtigsten
Nahrungs- und Genussmittel. Es erreichte im Berichtsjahre die Einfuhr von


[Spaltenumbruch]
Werth
Zucker .......... 27.000 L
Kaffee ........... 33.500 "
Weizen (Indien u. Aegypt.) 87.000 "
Gerste (Indien) ..... 24.500 "
Reis............ 20.000 "

[Spaltenumbruch]
Werth
Gewürzen und Droguen.. 15.000 L
Butter ........... 18.000 "
Thee............. 30.000 "
Bohnen ........... 3.000 "

Von Tabak gelangt eine specielle Sorte aus Persien und Mukalla zur
Einfuhr. Es ist ungeschnittener Tabak (Dembikih), der für das Nargileh-Rauchen
mit Vorliebe verwendet wird. Da dieser Tabak in der Türkei nicht gepflanzt wird,
ist seine Einfuhr nur gegen einen 75 %igen Zoll gestattet. Von dieser Sorte
importirte Dscheddah im Berichtsjahre für 7500 L.

Einen lebhaften Importartikel bildet ferner Holz. Im Jahre 1890 wurden

Der indische Ocean.
Aber eine gewisse Klugheit ist immer noch geboten, namentlich ge-
genüber den Aeusserungen der Frömmigkeit, welchen der Fremde mit
aller Rücksicht und äusserlichen Achtung begegnen muss.

Seit der Besitznahme von Aden durch die Engländer und die
Occupation von Massaua durch die Italiener ist die commercielle
Bedeutung von Dscheddah im Abnehmen begriffen. Aden als Frei-
hafen im Gegensatze zu dem in den türkischen Seeplätzen herrschenden
8percentigen Werthzoll bildete bald eine fühlbare Concurrenz für den
Handel von Dscheddah. Dscheddah, ehemals der Mittelpunkt für den
Handel des Rothen Meeres mit Abessinien, Nubien, Aegypten, Indien,
Afrika und Europa erlitt auch einen bedeutenden Schaden infolge der
durch den Suezcanal bewirkten directen Verbindung dieser Länder mit
Europa. Bedeutung hat dieser Hafen nur noch durch den Umstand,
dass er der Landungsplatz für die Mekkapilger ist und dass von hier
aus auch die Versorgung der heiligen Stätte des Islams mit den ver-
schiedenen Bedarfsartikeln stattfindet.

Dscheddah, welches in seiner Blüthezeit einen Handelsverkehr im Werthe
von 1,600.000 ₤ aufwies, verzeichnet heute kaum mehr einen Waarenumsatz von
1,000.000 ₤. Davon entfallen circa 720.000 ₤ auf die Einfuhr und nur 280.000 ₤
auf die Ausfuhr. Nach den vorliegenden Berichten wurden im Jahre 1890 auch
diese Ziffern nicht mehr erreicht.

Die nun folgenden Ein- und Ausfuhrziffern erscheinen in Ermanglung einer
genauen officiellen Statistik das Ergebniss einer Schätzung, dürften jedoch von
der Wirklichkeit kaum wesentlich abweichen.

Fassen wir zunächst die Einfuhr Dscheddahs als den wichtigeren Theil
seines Aussenhandels, und zwar für das Jahr 1890, ins Auge. so finden wir
Manufactur- und Textilwaaren mit einem Werthe von 150.000 ₤ an der
Spitze. Davon kamen für 80.000 ₤ aus England und für 70.000 ₤ aus Indien. —
12.000 ₤ repräsentirte die Einfuhr von Teppichen aller Art, worin Dscheddah
einen sehr bedeutenden Handel betreibt, da Teppiche von den Mekka-Pilgern aus
Algerien, Aegypten und Indien gern gekauft werden.

In nachstehender Tabelle verzeichnen wir die Importziffern der wichtigsten
Nahrungs- und Genussmittel. Es erreichte im Berichtsjahre die Einfuhr von


[Spaltenumbruch]
Werth
Zucker .......... 27.000 ₤
Kaffee ........... 33.500 „
Weizen (Indien u. Aegypt.) 87.000 „
Gerste (Indien) ..... 24.500 „
Reis............ 20.000 „

[Spaltenumbruch]
Werth
Gewürzen und Droguen.. 15.000 ₤
Butter ........... 18.000 „
Thee............. 30.000 „
Bohnen ........... 3.000 „

Von Tabak gelangt eine specielle Sorte aus Persien und Mukalla zur
Einfuhr. Es ist ungeschnittener Tabak (Dembikih), der für das Nargileh-Rauchen
mit Vorliebe verwendet wird. Da dieser Tabak in der Türkei nicht gepflanzt wird,
ist seine Einfuhr nur gegen einen 75 %igen Zoll gestattet. Von dieser Sorte
importirte Dscheddah im Berichtsjahre für 7500 ₤.

Einen lebhaften Importartikel bildet ferner Holz. Im Jahre 1890 wurden

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[638/0654] Der indische Ocean. Aber eine gewisse Klugheit ist immer noch geboten, namentlich ge- genüber den Aeusserungen der Frömmigkeit, welchen der Fremde mit aller Rücksicht und äusserlichen Achtung begegnen muss. Seit der Besitznahme von Aden durch die Engländer und die Occupation von Massaua durch die Italiener ist die commercielle Bedeutung von Dscheddah im Abnehmen begriffen. Aden als Frei- hafen im Gegensatze zu dem in den türkischen Seeplätzen herrschenden 8percentigen Werthzoll bildete bald eine fühlbare Concurrenz für den Handel von Dscheddah. Dscheddah, ehemals der Mittelpunkt für den Handel des Rothen Meeres mit Abessinien, Nubien, Aegypten, Indien, Afrika und Europa erlitt auch einen bedeutenden Schaden infolge der durch den Suezcanal bewirkten directen Verbindung dieser Länder mit Europa. Bedeutung hat dieser Hafen nur noch durch den Umstand, dass er der Landungsplatz für die Mekkapilger ist und dass von hier aus auch die Versorgung der heiligen Stätte des Islams mit den ver- schiedenen Bedarfsartikeln stattfindet. Dscheddah, welches in seiner Blüthezeit einen Handelsverkehr im Werthe von 1,600.000 ₤ aufwies, verzeichnet heute kaum mehr einen Waarenumsatz von 1,000.000 ₤. Davon entfallen circa 720.000 ₤ auf die Einfuhr und nur 280.000 ₤ auf die Ausfuhr. Nach den vorliegenden Berichten wurden im Jahre 1890 auch diese Ziffern nicht mehr erreicht. Die nun folgenden Ein- und Ausfuhrziffern erscheinen in Ermanglung einer genauen officiellen Statistik das Ergebniss einer Schätzung, dürften jedoch von der Wirklichkeit kaum wesentlich abweichen. Fassen wir zunächst die Einfuhr Dscheddahs als den wichtigeren Theil seines Aussenhandels, und zwar für das Jahr 1890, ins Auge. so finden wir Manufactur- und Textilwaaren mit einem Werthe von 150.000 ₤ an der Spitze. Davon kamen für 80.000 ₤ aus England und für 70.000 ₤ aus Indien. — 12.000 ₤ repräsentirte die Einfuhr von Teppichen aller Art, worin Dscheddah einen sehr bedeutenden Handel betreibt, da Teppiche von den Mekka-Pilgern aus Algerien, Aegypten und Indien gern gekauft werden. In nachstehender Tabelle verzeichnen wir die Importziffern der wichtigsten Nahrungs- und Genussmittel. Es erreichte im Berichtsjahre die Einfuhr von Werth Zucker .......... 27.000 ₤ Kaffee ........... 33.500 „ Weizen (Indien u. Aegypt.) 87.000 „ Gerste (Indien) ..... 24.500 „ Reis............ 20.000 „ Werth Gewürzen und Droguen.. 15.000 ₤ Butter ........... 18.000 „ Thee............. 30.000 „ Bohnen ........... 3.000 „ Von Tabak gelangt eine specielle Sorte aus Persien und Mukalla zur Einfuhr. Es ist ungeschnittener Tabak (Dembikih), der für das Nargileh-Rauchen mit Vorliebe verwendet wird. Da dieser Tabak in der Türkei nicht gepflanzt wird, ist seine Einfuhr nur gegen einen 75 %igen Zoll gestattet. Von dieser Sorte importirte Dscheddah im Berichtsjahre für 7500 ₤. Einen lebhaften Importartikel bildet ferner Holz. Im Jahre 1890 wurden

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/654>, abgerufen am 22.11.2024.