Allem der Schutz des Palais und der übrigen Häuser des Sultans in und ausser der Stadt anvertraut ist.
Die Regierungsform ist in Sansibar eine vollkommen absolute. Es gibt eigentlich keine stehenden Behörden. Der Sultan greift selbst in Alles ein und überträgt nur vorübergehend Functionen an irgend einen Vertrauensmann.
An bemerkenswerthen Gebäuden fehlt es in Sansibar vollkommen. Die Moscheen sind zwar zahlreich, aber klein und unansehnlich. Am meisten fällt noch das Gebäude der französischen Mission mit der katholischen Kirche auf. Auch eine anglikanische, die "Central- African Mission", befindet sich hier, und es sind einige Hotels vorhanden.
Verlässt man die Stadt auf der Landenge, welche dieselbe mit der eigentlichen Insel verbindet, so findet man auf langsam an- steigendem Terrain zunächst einen meist von Madegassen bewohnten, recht primitiven Vorort und gelangt dann zur sogenannten Nasimoja, dem Hauptausflugspunkte der Leute von Sansibar, einer mit Alleen und hübschen Gärten ausgestatteten Fläche, die ihren Namen von einer Palme trägt, welche dort vereinzelt hoch emporragt. Von der Nasimoja hinweg führen dann die Wege zu den verschiedenen Fried- höfen; der Todtencultus spielt in Sansibar eine grosse Rolle.
Wandert man auf der Insel herum, so stösst man allenthalben auf die grossen Besitzungen sowohl des Sultans, als seiner reichen arabischen Unterthanen.
Die Bevölkerung von Sansibar ist eine sehr gemischte. Herrschend sind die Araber, aber ihre Anzahl ist nicht gross. Sie bilden die Aristokratie des Landes, ihnen gehört der meiste Grundbesitz, und die Insel, soweit sie nicht Domäne des Sultans ist, befindet sich ganz in ihren Händen. Freilich haben sich die Araber nicht rein erhalten, sondern vielfach mit den Suaheli, den eigentlichen Einwohnern des Landes, gekreuzt. Sie haben die Fäden des Verkehrs in der Hand und be- weisen hier wie anderwärts ihren commerciellen Geist.
Die Suaheli machen das Gros der Bevölkerung aus. Sie gehören der Negerfamilie an, weisen jedoch, durch den langen Wechsel- verkehr, viel Beimischung arabischen Blutes auf. Es sind starke, kräftige und intelligente Leute von einer zwischen schwarz und braun liegenden Hautfarbe. Sie gelten als gutmüthig, aber auch als sehr lügnerisch und im höchsten Grade auf Gewinn bedacht.
Neben den Suaheli finden sich Neger anderer Stämme und reineren Blutes aus den verschiedenen Landschaften Ostafrikas. Dann sind die Hindus, wie schon vorher erwähnt, ziemlich stark vertreten.
Der indische Ocean.
Allem der Schutz des Palais und der übrigen Häuser des Sultans in und ausser der Stadt anvertraut ist.
Die Regierungsform ist in Sansibar eine vollkommen absolute. Es gibt eigentlich keine stehenden Behörden. Der Sultan greift selbst in Alles ein und überträgt nur vorübergehend Functionen an irgend einen Vertrauensmann.
An bemerkenswerthen Gebäuden fehlt es in Sansibar vollkommen. Die Moscheen sind zwar zahlreich, aber klein und unansehnlich. Am meisten fällt noch das Gebäude der französischen Mission mit der katholischen Kirche auf. Auch eine anglikanische, die „Central- African Mission“, befindet sich hier, und es sind einige Hôtels vorhanden.
Verlässt man die Stadt auf der Landenge, welche dieselbe mit der eigentlichen Insel verbindet, so findet man auf langsam an- steigendem Terrain zunächst einen meist von Madegassen bewohnten, recht primitiven Vorort und gelangt dann zur sogenannten Nasimoja, dem Hauptausflugspunkte der Leute von Sansibar, einer mit Alleen und hübschen Gärten ausgestatteten Fläche, die ihren Namen von einer Palme trägt, welche dort vereinzelt hoch emporragt. Von der Nasimoja hinweg führen dann die Wege zu den verschiedenen Fried- höfen; der Todtencultus spielt in Sansibar eine grosse Rolle.
Wandert man auf der Insel herum, so stösst man allenthalben auf die grossen Besitzungen sowohl des Sultans, als seiner reichen arabischen Unterthanen.
Die Bevölkerung von Sansibar ist eine sehr gemischte. Herrschend sind die Araber, aber ihre Anzahl ist nicht gross. Sie bilden die Aristokratie des Landes, ihnen gehört der meiste Grundbesitz, und die Insel, soweit sie nicht Domäne des Sultans ist, befindet sich ganz in ihren Händen. Freilich haben sich die Araber nicht rein erhalten, sondern vielfach mit den Suaheli, den eigentlichen Einwohnern des Landes, gekreuzt. Sie haben die Fäden des Verkehrs in der Hand und be- weisen hier wie anderwärts ihren commerciellen Geist.
Die Suaheli machen das Gros der Bevölkerung aus. Sie gehören der Negerfamilie an, weisen jedoch, durch den langen Wechsel- verkehr, viel Beimischung arabischen Blutes auf. Es sind starke, kräftige und intelligente Leute von einer zwischen schwarz und braun liegenden Hautfarbe. Sie gelten als gutmüthig, aber auch als sehr lügnerisch und im höchsten Grade auf Gewinn bedacht.
Neben den Suaheli finden sich Neger anderer Stämme und reineren Blutes aus den verschiedenen Landschaften Ostafrikas. Dann sind die Hindus, wie schon vorher erwähnt, ziemlich stark vertreten.
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Der indische Ocean.
Allem der Schutz des Palais und der übrigen Häuser des Sultans in
und ausser der Stadt anvertraut ist.
Die Regierungsform ist in Sansibar eine vollkommen absolute. Es
gibt eigentlich keine stehenden Behörden. Der Sultan greift selbst in
Alles ein und überträgt nur vorübergehend Functionen an irgend
einen Vertrauensmann.
An bemerkenswerthen Gebäuden fehlt es in Sansibar vollkommen.
Die Moscheen sind zwar zahlreich, aber klein und unansehnlich. Am
meisten fällt noch das Gebäude der französischen Mission mit der
katholischen Kirche auf. Auch eine anglikanische, die „Central-
African Mission“, befindet sich hier, und es sind einige Hôtels vorhanden.
Verlässt man die Stadt auf der Landenge, welche dieselbe
mit der eigentlichen Insel verbindet, so findet man auf langsam an-
steigendem Terrain zunächst einen meist von Madegassen bewohnten,
recht primitiven Vorort und gelangt dann zur sogenannten Nasimoja,
dem Hauptausflugspunkte der Leute von Sansibar, einer mit Alleen
und hübschen Gärten ausgestatteten Fläche, die ihren Namen von
einer Palme trägt, welche dort vereinzelt hoch emporragt. Von der
Nasimoja hinweg führen dann die Wege zu den verschiedenen Fried-
höfen; der Todtencultus spielt in Sansibar eine grosse Rolle.
Wandert man auf der Insel herum, so stösst man allenthalben
auf die grossen Besitzungen sowohl des Sultans, als seiner reichen
arabischen Unterthanen.
Die Bevölkerung von Sansibar ist eine sehr gemischte. Herrschend
sind die Araber, aber ihre Anzahl ist nicht gross. Sie bilden die
Aristokratie des Landes, ihnen gehört der meiste Grundbesitz, und
die Insel, soweit sie nicht Domäne des Sultans ist, befindet sich ganz in
ihren Händen. Freilich haben sich die Araber nicht rein erhalten, sondern
vielfach mit den Suaheli, den eigentlichen Einwohnern des Landes,
gekreuzt. Sie haben die Fäden des Verkehrs in der Hand und be-
weisen hier wie anderwärts ihren commerciellen Geist.
Die Suaheli machen das Gros der Bevölkerung aus. Sie gehören
der Negerfamilie an, weisen jedoch, durch den langen Wechsel-
verkehr, viel Beimischung arabischen Blutes auf. Es sind starke,
kräftige und intelligente Leute von einer zwischen schwarz und braun
liegenden Hautfarbe. Sie gelten als gutmüthig, aber auch als sehr
lügnerisch und im höchsten Grade auf Gewinn bedacht.
Neben den Suaheli finden sich Neger anderer Stämme und
reineren Blutes aus den verschiedenen Landschaften Ostafrikas. Dann
sind die Hindus, wie schon vorher erwähnt, ziemlich stark vertreten.
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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 648. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/664>, abgerufen am 22.11.2024.
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