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Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892.

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Die atlantische Küste von Afrika.
der Insel Loanda bewohnen, wohin die Seebrise kühlere und reinere
Luft bringt. Mancherlei Krankheiten, namentlich typhöse Fieber,
kommen häufig, auch unter den Eingebornen, vor. Eine schwere
Plage des Ortes ist auch der aus Brasilien eingeschleppte Sandfloh,
ein Insect, welches in den sandigen und schmutzigen Strassen sich
ungeheuer vermehrt und sich mit Zähigkeit in der Haut der unteren
Extremitäten (besonders der in der Regel barfuss gehenden Neger)
festsetzt, wo sich dann Entzündungen und schmerzhafte Geschwüre
bilden.

Für S. Paolo waren einst, wie dessen grosse Anlage zeigt,
günstige Bedingungen vorhanden. Statt diese zu entwickeln, machte
man Loanda zum Deportationsplatze für schwere Verbrecher aus
Portugal ("Degradados").

Freilich, am Aequator und bei den unleugbaren Schwierigkeiten,
welche Klima und eine im vollen Urzustande befindliche Natur dar-
bieten, waren Erfolge noch schwerer zu erzielen als in Südafrika.

Die commercielle Bewegung in Angola schleppte sich in alt-
gewohnter Trägheit still weiter, und erst die Gründung des Congo-
staates und die Bemühungen der Deutschen und Engländer, für ihre
Staaten möglichst grosse Strecken Südafrikas zu erwerben, schreckte
die Portugiesen aus ihren Träumen auf. Sie suchten jetzt das Ver-
säumte nachzuholen, und in dem "Königreiche" Angola, wie die
Portugiesen ihre Besitzungen an der Westküste Südafrikas nennen,
kommen sie auch nicht zu spät, wie die rasche Zunahme des Ver-
kehres zeigt.

Die Handelsbewegung im Hafen S. Paolo hat in den letzten Jahren
einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Dies geht zunächst aus den Zoll-
einnahmen hervor, welche sich in vier Jahren mehr als verdoppelt haben. Die-
selben betrugen in Milreis (1 Milreis = 2·225 fl. ö. W. = 4·45 Reichsmark): 1886
217.744, 1887 349.173, 1888 358.027 und 1889 473.472. Das Jahr 1890 weist eine
weitere, sehr bedeutende Steigerung aus.

Der Werth der Einfuhr von S. Paolo belief sich im Jahre 1889 auf
1,950.441 Milreis, im ersten Halbjahre 1890 auf 1,189.000 Milreis, wovon kaum
ein Sechstel von fremden und der Rest von portugiesischen Schiffen importirt
wurde. Die Ausfuhr bezifferte sich 1889 auf 1,543.885 Milreis, im ersten Halb-
jahre 1890 allein schon auf 1,450.000 Milreis, wovon nur der zehnte Theil in
anderen als portugiesischen Schiffen ausgeführt wurde.

Der Grund mag wohl darin gelegen sein, dass Landesproducte, wenn sie auf
portugiesischen Fahrzeugen verschifft werden, einen Ausfuhrzoll von 3 %, sonst
aber von 5 % bezahlen.

Die Hauptrolle in der Einfuhr S. Paolos spielten im Berichtsjahre 1889
folgende Artikel:


Die atlantische Küste von Afrika.
der Insel Loanda bewohnen, wohin die Seebrise kühlere und reinere
Luft bringt. Mancherlei Krankheiten, namentlich typhöse Fieber,
kommen häufig, auch unter den Eingebornen, vor. Eine schwere
Plage des Ortes ist auch der aus Brasilien eingeschleppte Sandfloh,
ein Insect, welches in den sandigen und schmutzigen Strassen sich
ungeheuer vermehrt und sich mit Zähigkeit in der Haut der unteren
Extremitäten (besonders der in der Regel barfuss gehenden Neger)
festsetzt, wo sich dann Entzündungen und schmerzhafte Geschwüre
bilden.

Für S. Paolo waren einst, wie dessen grosse Anlage zeigt,
günstige Bedingungen vorhanden. Statt diese zu entwickeln, machte
man Loanda zum Deportationsplatze für schwere Verbrecher aus
Portugal („Degradados“).

Freilich, am Aequator und bei den unleugbaren Schwierigkeiten,
welche Klima und eine im vollen Urzustande befindliche Natur dar-
bieten, waren Erfolge noch schwerer zu erzielen als in Südafrika.

Die commercielle Bewegung in Angola schleppte sich in alt-
gewohnter Trägheit still weiter, und erst die Gründung des Congo-
staates und die Bemühungen der Deutschen und Engländer, für ihre
Staaten möglichst grosse Strecken Südafrikas zu erwerben, schreckte
die Portugiesen aus ihren Träumen auf. Sie suchten jetzt das Ver-
säumte nachzuholen, und in dem „Königreiche“ Angola, wie die
Portugiesen ihre Besitzungen an der Westküste Südafrikas nennen,
kommen sie auch nicht zu spät, wie die rasche Zunahme des Ver-
kehres zeigt.

Die Handelsbewegung im Hafen S. Paolo hat in den letzten Jahren
einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Dies geht zunächst aus den Zoll-
einnahmen hervor, welche sich in vier Jahren mehr als verdoppelt haben. Die-
selben betrugen in Milreis (1 Milreis = 2·225 fl. ö. W. = 4·45 Reichsmark): 1886
217.744, 1887 349.173, 1888 358.027 und 1889 473.472. Das Jahr 1890 weist eine
weitere, sehr bedeutende Steigerung aus.

Der Werth der Einfuhr von S. Paolo belief sich im Jahre 1889 auf
1,950.441 Milreis, im ersten Halbjahre 1890 auf 1,189.000 Milreis, wovon kaum
ein Sechstel von fremden und der Rest von portugiesischen Schiffen importirt
wurde. Die Ausfuhr bezifferte sich 1889 auf 1,543.885 Milreis, im ersten Halb-
jahre 1890 allein schon auf 1,450.000 Milreis, wovon nur der zehnte Theil in
anderen als portugiesischen Schiffen ausgeführt wurde.

Der Grund mag wohl darin gelegen sein, dass Landesproducte, wenn sie auf
portugiesischen Fahrzeugen verschifft werden, einen Ausfuhrzoll von 3 %, sonst
aber von 5 % bezahlen.

Die Hauptrolle in der Einfuhr S. Paolos spielten im Berichtsjahre 1889
folgende Artikel:


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[694/0710] Die atlantische Küste von Afrika. der Insel Loanda bewohnen, wohin die Seebrise kühlere und reinere Luft bringt. Mancherlei Krankheiten, namentlich typhöse Fieber, kommen häufig, auch unter den Eingebornen, vor. Eine schwere Plage des Ortes ist auch der aus Brasilien eingeschleppte Sandfloh, ein Insect, welches in den sandigen und schmutzigen Strassen sich ungeheuer vermehrt und sich mit Zähigkeit in der Haut der unteren Extremitäten (besonders der in der Regel barfuss gehenden Neger) festsetzt, wo sich dann Entzündungen und schmerzhafte Geschwüre bilden. Für S. Paolo waren einst, wie dessen grosse Anlage zeigt, günstige Bedingungen vorhanden. Statt diese zu entwickeln, machte man Loanda zum Deportationsplatze für schwere Verbrecher aus Portugal („Degradados“). Freilich, am Aequator und bei den unleugbaren Schwierigkeiten, welche Klima und eine im vollen Urzustande befindliche Natur dar- bieten, waren Erfolge noch schwerer zu erzielen als in Südafrika. Die commercielle Bewegung in Angola schleppte sich in alt- gewohnter Trägheit still weiter, und erst die Gründung des Congo- staates und die Bemühungen der Deutschen und Engländer, für ihre Staaten möglichst grosse Strecken Südafrikas zu erwerben, schreckte die Portugiesen aus ihren Träumen auf. Sie suchten jetzt das Ver- säumte nachzuholen, und in dem „Königreiche“ Angola, wie die Portugiesen ihre Besitzungen an der Westküste Südafrikas nennen, kommen sie auch nicht zu spät, wie die rasche Zunahme des Ver- kehres zeigt. Die Handelsbewegung im Hafen S. Paolo hat in den letzten Jahren einen beträchtlichen Aufschwung genommen. Dies geht zunächst aus den Zoll- einnahmen hervor, welche sich in vier Jahren mehr als verdoppelt haben. Die- selben betrugen in Milreis (1 Milreis = 2·225 fl. ö. W. = 4·45 Reichsmark): 1886 217.744, 1887 349.173, 1888 358.027 und 1889 473.472. Das Jahr 1890 weist eine weitere, sehr bedeutende Steigerung aus. Der Werth der Einfuhr von S. Paolo belief sich im Jahre 1889 auf 1,950.441 Milreis, im ersten Halbjahre 1890 auf 1,189.000 Milreis, wovon kaum ein Sechstel von fremden und der Rest von portugiesischen Schiffen importirt wurde. Die Ausfuhr bezifferte sich 1889 auf 1,543.885 Milreis, im ersten Halb- jahre 1890 allein schon auf 1,450.000 Milreis, wovon nur der zehnte Theil in anderen als portugiesischen Schiffen ausgeführt wurde. Der Grund mag wohl darin gelegen sein, dass Landesproducte, wenn sie auf portugiesischen Fahrzeugen verschifft werden, einen Ausfuhrzoll von 3 %, sonst aber von 5 % bezahlen. Die Hauptrolle in der Einfuhr S. Paolos spielten im Berichtsjahre 1889 folgende Artikel:

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Zitationshilfe: Lehnert, Josef von u. a.: Die Seehäfen des Weltverkehrs. Bd. 2. Wien, 1892, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lehnert_seehaefen02_1892/710>, abgerufen am 22.11.2024.